Was irgendwann im Zeitalter der Cowboys als einfaches Brandzeichen begann, wird heute im 21. Jahrhundert zum Wettbewerbsfaktor Nr. 1. So hängt der Erfolg von Unternehmen, die Zukunft von Arbeitsplätzen und das Wohl der Anteilseigner mehr denn je davon ab, ob es gelingt, starke Marken für die Zukunft zu bauen. So schrieb das U.S.-Wirtschaftsmagazin Fortune: „In the 21st century, branding ultimately will be the only unique differentiator between companies. Brand equity is now a key asset.“
Zurück zu den Wurzeln
Was aber heißt Branding? Dazu sollten wir einen Blick in den Wilden Westen des 19 Jahrhunderts werfen: So kommt der Begriff Branding vom Einbrennen des Brandzeichens. Diese Art des Brandings hatte dabei zwei wesentliche Aufgaben:
- Eine visuelle Differenzierungsfunktion: Für uns Menschen sehen sich alle Kühe ziemlich ähnlich. So war es schwer, die Rinder von dem einen Rancher von den Rindern anderer Rancher zu unterscheiden. Dieses Problem wurde mit den Brandzeichen gelöst. Kühe wurden damit visuell unterscheidbar.
- Eine namentliche Zuordnungsfunktion: Gleichzeitig kam es damit auch zu einer klaren Zuordnung. Wenn man die Zeichen kannte, wusste man automatisch auch, wem diese Rinder gehörten.
Das waren die beiden Basisfunktionen. Mit der Zeit passierte aber noch etwas. Das Brandzeichen und damit auch der Name des Ranchers wurden mit bestimmten Werten aufgeladen. „Hey, das ist eine Kuh von Big Jake. Das sind die besten Kühe diesseits des Rio Grandes.“ Oder aber: „Das ist eine Kuh von Old Slim. Wenn Du beim dem kaufst, solltest Du doppelt vorsichtig sein, denn der hat schon einige Käufer übers Ohr gehauen.“
Von Dodge City nach Fuschl
Dieser Aspekt der inhaltlichen Aufladung ist der wirklich entscheidende Aspekt beim Branding. Heute sehen sich fast alle Produkte oder Dienstleistung in einer Branche ziemlich. Nehmen Sie etwa den Markt für Energy-Drinks, als dieser 1995 so richtig heiß wurde. Damals gab es alleine in Österreich Red Bull und über 175 Kopien.
Alle diese Kopien sahen wie Marken aus. Sie hatten einen Namen wie Power Horse, Dark Dog, Shark oder Flying Horse. Sie hatten auch jeweils ein Logo, eine Dose und einen Inhalt, der dem von Red Bull in der Regel sehr ähnlich war. Wo aber war der große Unterschied? Dieser spielte sich in den Köpfen der Kunden ab. Dort war Red Bull als das Echte und Wahre abgespeichert, während alle anderen „Marken“ maximal als nette Kopien gesehen wurden.
So scheitern viele Markenprogramme, weil viele Entscheider beim Thema Branding immer noch nur an schöne Namen, schöne Logos und schöne Werbung denken. Aber das alles ist nur Kosmetik, wenn die inhaltliche Positionierung fehlt. So hilft auch der beste Hammer nichts, wenn der Nagel fehlt. Der Nagel bei einem Markenprogramm ist die Positionierung. Der Hammer ist das Markenprogramm, das dann diesen Nagel in die Köpfe der Kunden treibt.
Zuerst der Nagel, dann der Hammer
Nehmen Sie etwa BMW: In den 60er Jahren war BMW ein weiterer deutscher Automobilerzeuger unter vielen, der vom Kabinenroller bis hin zur V-8-Limousine so gut wie alles anbot, und der so gut wie Pleite war. Das Problem: Die Menschen kannten zwar die Marke, wussten aber nicht, warum man unbedingt einen BMW kaufen sollte.
Dieses Problem löste der damalige Vorstand Paul Hahnemann mit der Fokussierung auf die Idee „Fahrfreude“. Das war der Nagel. Seit damals ist alles, was BMW macht, auf Fahrfreude konzentriert, von der Produktentwicklung über das Design, die Modellpalette bis hin zu Werbung und Verkaufsförderung. Das ist der Hammer, der Jahr für Jahr klarstellt, dass BMW das Echte und Wahre beim Thema Fahrfreude ist. Heute wissen viele Menschen auf dieser Erde, warum es ausgerechnet ein BMW sein muss.
Das heißt: Wenn Sie heute eine starke Marke für die Zukunft bauen wollen, müssen Sie zuerst die zentrale Idee, den Nagel festlegen. Darauf aufbauend sollten Sie dann das Markenprogramm, den Hammer entwickeln, der diese Idee über Jahre oder besser Jahrzehnte in die Köpfe der Kunden treibt.
PS 1: Dieser Beitrag erschien im Original vor 15 Jahren im VAV Forum 11/2008.
PS 2: Ich würde diesen Beitrag heute wieder genauso schreiben wie damals. Nur würde ich heute BMW zusätzlich empfehlen, zusätzlich eine echte Elektroautomarke zu bauen.
