„Offenbar ist die im Markt mittlerweile einzige Monomarke ohne Sortimentserweiterungen für die Konsumenten ein Orientierungspunkt in der stetigen Angebotsvielfalt“, wird ein mafo.de-Manager in Werben & Verkaufen (w&v 49/2011) zitiert. Gemeint damit ist die Marke Radeberger, die im Biermarkenmonitor (Quelle: mafo.de in w&v 49/2011) von Platz 6 auf Platz 3 vorgestoßen ist.
Markenverwirrung statt Markenführung
In immer mehr Märkten fühlen sich die Kunden durch das Angebot überfordert. So stehen die Kunden immer öfter mit unterfüllter Brieftasche vor überfüllten Regalen und sind von der Vielfalt mehr verwirrt als geführt. Dies zeigt sich auch klar in den beiden folgenden Aussagen, die man (leider aus Markensicht) auch immer öfter hören muss: „Eigentlich ist alles gleich.“ bzw. „Die Marke X ist auch nicht mehr das, was sie früher einmal war.“
Nur statt dieses Chaos zu nutzen, verstärken es die meisten Unternehmen noch, indem sie noch mehr Produkte auf den Markt werfen. So gesehen ist Nokia bei Mobiltelefonen/Smartphones auch viel „kundenorientierter“ als etwa Apple. Mit bis zu 60 Modellen pro Jahr hat man sicher für jede Verwenderin, jeden Verwender und jede Verwendung das passende Teil. Bei Apple müssen sich die armen Kunden immer mit einem aktuellen Modell begnügen. Nur genau deshalb ist Apple oder besser das jeweils aktuelle iPhone für viele die sichere Entscheidung im Marken-Chaos der anderen Anbieter.
Das Marken-Chaos aktiv nutzen
Nur man kann noch einen Schritt weitergehen als Apple, indem man dieses Marken-Chaos nicht nur in der Produktpolitik sondern vor allem auch in der Kommunikationspolitik aktiv nutzt. Genau das sollte Radeberger heute zusätzlich tun! Dazu sollten wir einmal einen Prototyp-Fernsehspot durchdenken:
Schritt 1: Auf das Chaos hinweisen:
Mögliche Frage an die Zuseher: Wussten Sie das es alleine in Deutschland über 1270 Brauereien gibt? (Damit wird die Vielfalt noch einmal dramatisiert.)
Schritt 2: Radeberger als die sichere Entscheidung ins Rennen bringen.
Mögliche Aussage dazu: Aber es gibt, wie Kenner wissen, nur eine Original-Pilsbierbrauerei, nämlich … Radeberger. Das ist die deutsche Brauerei, die als erste nach Pilsener Art braute. (Damit würde man a) noch mehr zur sicheren Entscheidung werden und b) gleichzeitig auch die Qualitätseinschätzung erhöhen. So schätzen Menschen spontan Originale höher ein als Kopien.)
Schritt 3: Den Radeberger-Pilstrinker „adeln“.
Möglicher Claim dazu: „Radeberger: Das Pils der Pilskenner.“ Und wer will nicht Kenner sein?
Zuerst das Chaos, dann die Lösung
Dieses einfache Denkmuster bietet sich heute in vielen Märkten an. Es erfordert aber drei Grundvoraussetzungen:
Grundvoraussetzung 1: Man muss die Vielfalt einfach und interessant dramatisieren können.
Grundvoraussetzung 2: Man muss den Mut haben, das eigene Angebot auf eine Lösung zu reduzieren. Das kann sein, indem man wirklich nur ein Produkt anbietet oder indem man ein neues Produkt als Leadprodukt gegen alle anderen Produkte am Markt positioniert.
Grundvoraussetzung 3: Ein Produkt alleine ist natürlich zu wenig. Man braucht auch dazu eine eigenständige Markenidee, die den Rest des Feldes „alt“ aussehen lässt.
Wie gehen Sie mit dem Marken-Chaos am Markt, in den Köpfen der Kunden um? Fördern Sie es Jahr für Jahr mit noch mehr Produkten, die noch öfter über Aktionen verkauft werden müssen? Oder aber überlegen Sie bereits, wie man dieses Chaos aktiv für den eigenen Markenerfolg nutzen kann?
Sehr geehrter Herr Brandtner,
dies war doch wieder ein sehr interessanter Post. Gerade bei der Vielzahl an polypolen Märkten ist die Abgrenzung und das Besinnen auf Kernkompetenzen wichtig. Das Ganze sollte ebenfalls mit Unternehmensmarken hervorragend funktionieren. (Ebenfalls ist es „mittelstandsgeeignet“, was mich wieder glücklich macht.)