Können Sie sich noch erinnern? Es ist ein Jahr her und hat in Summe 844.900 Euro für Inserate, Agenturkosten, Fotografen und Grafiker gekostet (Quelle: derStandard.at vom 12. August 2010). Hat es jetzt geklingelt? Die Rede ist natürlich von der „Rauchen ist uncool“-Kampagne von Gesundheitsminister Alois Stöger.
„Zu viel für Werbung“
So meinte Grünen-Chefin Eva Glawischnig damals laut Standard zu dieser Werbekampagne: „Wir fordern ein Einstellen solcher Kampagnen, die keinerlei Informationswert oder Wirkung haben. Sie dienen höchstens als Werbemittel für den jeweiligen Minister. Und das darf nicht mit Ressortgeldern bezahlt werden.“
Aus dieser Warte betrachtet, hat das Gesundheitsministerium für diese Kampagne zu viel Geld ausgegeben. Man kann das Ganze aber, wenn man es einmal gänzlich umsetzungsneutral betrachtet, auch aus einer ganz anderen Warte beurteilen.
„Zu wenig für Werbung“
Wir leben heute in der ersten wirklich über-kommunizierten Gesellschaft, in der es viel zu viel „Marketing-Lärm“ gibt. Und hier ist die Gefahr extrem groß, dass man mit einem Gesamtwerbebudget von 844.900 Euro klar unter der Wahrnehmungsgrenze, also unter dem berühmten „Loise Nevel“ bleibt, ganz egal wie die Kampagne gestaltet ist.
Das ist auch für viele Unternehmen ein Riesenproblem, nämlich dass man aus Budgetgründen zu wenig Geld für Werbung ausgibt. Nur die Formel „zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben“ ist eine schlechte Werbeformel. Denn wenn eine Kampagne nicht über den Noise Level hinauskommt, ist das ausgegebene Geld sinnlos verschwendet worden.
Politik versus Unternehmen
Wenn ein Unternehmen so etwas macht, dann bezahlt das Unternehmen selbst die Rechnung dafür, egal ob man zu viel oder zu wenig Geld ausgegeben hat. Wenn ein Ministerium so etwas macht, bezahlt der Steuerzahler die Rechnung dafür. Gerade deshalb sollten Ministerien umso sorgsamer mit „ihrem“ Werbegeld umgehen. Das gilt speziell auch, wenn man Gefahr läuft, dass man – aus welchen Gründen auch immer – zu wenig Geld für Werbung ausgibt.
Gerade in der Werbung ist das eingesetzte Budget mitentscheidend. Dabei ist es, wenn es um die Wirkung geht, oft besser zu viel als zu wenig auszugeben. Die schlimmste Kombination aber ist es, eine schwache Kampagne mit einem schwachen Werbebudget zu versehen. Das geht nämlich aus Werbesicht in Richtung „vorsätzliche Werbegeldverschwendung“.
Erschien im Original auf derStandard.at (17. Juni 2011, 09:57 Uhr).
Vielen Dank für ihren informativen Beitrag, dem ich inhaltlich voll zustimme. Mich beschäftigt eine weiterführende Frage. Welches ist aus ihrer Sicht die wirkungsvollste Alternative zur klassischen Werbekampagne für KMUs? Das Budget reicht vielerorts bei weitem nicht aus um über die angesprochene Wahrnehmungsschwelle zu kommen. Bleibt „nur“ noch das Telefon?
Hallo Herr Fritz,
das hängt wieder vom Klienten ab, wobei aus meiner Warte PR eine extrem starke Alternative ist. Nur darf man dabei dann nicht, einfach die Mittel Richtung PR verlagern, man muss die gesamte Markenstrategie aus PR-Sicht entwickeln. Das ist nicht einfach, denn das erfordert vor allem und zuerst eine PR-taugliche-Positionierung.
Beste Grüße
Michael Brandtner
Hallo Herr Fritz,
das hängt vom KMU und dem Geschäft ab, in dem er tätig ist. Aber es gibt genügend Alternativen zur klassischen Werbung. Interessant ist dabei sogar, dass viele heute große Marken ganz ohne Werbung bekannt wurden. Neuburger oder Wagner Pizza machten es vorrangig mit Verkostungen und PR, Zotter vor allem mit PR. Aber auch Ryanair wurde ohne Werbung groß.
Hier kann man extrem viel von findigen Unternehmern lernen, denen es (aus dem Nichts heraus) gelang, große Marken zu bauen. Ich betreue seit 2008 einen Bäcker, der gerade dabei ist österreichweit im Supermarkt eine Marke zu bauen. Hauptkommunikationsinstrumente: Verkostungen, Flugblatt, PR und Naturalsponsoring.
Beste Grüße
Michael Brandtner