Vor zwei Wochen stellte ich an dieser Stelle Nokia und Microsoft auf den strategischen Markenprüfstand. Seitdem hat sich etwas Gravierendes verändert. So kaufte Google laut Medienberichten für 12,5 Milliarden US-Dollar die Mobiltelefonsparte von Motorola (Motorola Mobility). Als Hauptbeweggrund für diesen Kauf werden die Patente genannt, damit Google in Zukunft erfolgreich gegen Apple am Mobiltelefonmarkt bestehen kann. Was aus Patentsicht u. U. Sinn machen kann, ist aus Marken- und Unternehmensstrategiesicht eine gravierende Fehlentscheidung.
Das doppelte Problem von Google
Denn mit dem Kauf der Mobiltelefonsparte hat sich Google nicht nur jede Menge Patente eingekauft, man hat sich auch zwei wirklich gravierende Probleme eingekauft:
Problem Nr. 1: Die Mobiltelefonsparte von Motorola ist ein Sanierungskandidat, die klar im Schatten von iPhone, Samsung, BlackBerry, LG oder HTC steht. Der einstige Mobiltelefon-Pionier und -Weltmarktführer ist heute nur mehr ein weiterer Anbieter unter vielen. Der letzte wirklich große Erfolg war das Motorola Razr im Jahr 2005.
Problem Nr. 2: Man wird so zum direkten Konkurrenten der eigenen Androidkunden. Und ich bin mir sicher, dass weder Samsung, noch LG oder HTC glücklich darüber sind, dass ihnen jetzt Google bei Smartphones direkte Konkurrenz machen will und wird. Kein Abnehmer freut sich, wenn ein Lieferant auf eine Vorwärtsintegration setzt. Was aber wäre die Alternative für die Smartphone-Anbieter? Die Antwort ist klar: Microsoft!
Die große Chance für Microsoft
Mit dieser Übernahme hat sich für Microsoft im Markt für Smartphone-Betriebssysteme alles verändert. Nur auch Microsoft müsste dazu zwei wichtige Schritte setzen:
Schritt Nr. 1: Microsoft müsste die Allianz mit Nokia aufkündigen. Auch das ist etwas, was Samsung, LG oder HTC sicher als Hemmschuh sehen, um auf Microsoft zu setzen. Die Auflösung dieser Allianz wäre für beide Unternehmen, für Microsoft und Nokia von Vorteil. (Siehe dazu auch meinen Blog-Beitrag: Nokia und Microsoft: Zwei Verlierer ergeben noch lange keinen Sieger)
Schritt Nr. 2: Microsoft sollte eine neue Marke speziell für den mobilen Bereich lancieren. Der Fokus dieser neuen Marke könnte jetzt(!) vom Notebook über das Netbook/Tablett bis hin zum Smartphone gehen. Mögliches Einführungsthema: Microsoft lanciert superschnelles Betriebssystem speziell für mobile Anwendungen. Das unterscheidet jetzt meine Empfehlung von meinem letzten Blogbeitrag, als ich Microsoft und Nokia auf den Markenprüfstand stellte. Aber Google hat mit der Übernahme von Motorola die Karten neu zugunsten von Microsoft gemischt. Es ist jetzt die Frage, ob und wie Microsoft diese neue, veränderte Ausgangssituation nutzt.
Markenerfolg ist immer relativ
Dies zeigt aber wieder einmal auch klar, dass Marken- und Markterfolg immer relativ ist. Er hängt von der eigenen Markenstrategie und den Markenstrategien der Mitbewerber ab. Das aber macht Markenführung auch so schwierig. Man muss immer die eigene Strategie, die bestehenden Strategien der bestehenden Mitbewerber, die möglichen Reaktionsstrategien der bestehenden Mitbewerber berücksichtigen und auch immer auf neue Mitbewerber und deren Strategien achten.
Immer schlaue Gedanken, danke! Bin sehr gespannt, was sich da entwickelt bei Google.
Danke immer für die netten Anmerkungen!
Treffend beschrieben, die Relativitätstheorie für erfolgreiche Markenführung:
„Marken- und Markterfolg [ist] immer relativ.
Er hängt von der eigenen Markenstrategie
und den Markenstrategien der Mitbewerber ab.“
Die Idee gefällt mir auch. Wobei ich mich frage, wie es um das Image von Microsoft steht und ob eine „Submarke“ für mobile Anwendungen davon wirklich profitieren könnte.