Markenfokussierung und der Faktor Zeit oder wenn der Markenfokus auch zur Gefahr werden kann

„Ohne klar definierten Fokus ist es so gut wie unmöglich, eine dauerhaft starke Marke zu bauen“, lautet einer unserer Leitsätze. Fokussieren heißt dabei, bewusst zu verzichten. BMW opferte den „Fahrkomfort“ in den 1960er Jahren, um sich auf „Fahrfreude“ zu fokussieren. Zalando opferte bei Schuhen den traditionellen stationären Handel, um sich auf den Internetvertrieb zu fokussieren. Ryanair opferte das „Klassedenken“ bei Fluglinien, um sich auf den „Niedrigtarif“ zu fokussieren.

Fokussierung ist die Basis zur Positionierung. Wenn eine Marke keinen einzigartigen Fokus hat, lässt sich diese in der Regel auch nicht positionieren. Aber nicht jeder Fokus ist als Basis zu einer dauerhaften Markenpositionierung geeignet. Dazu sollten wir uns zwei Beispiele ansehen:

Beispiel 1: Brillenerzeuger

So um das Jahr 2000 startete der Brillenerzeuger Silhouette mit seinen randlosen Brillen voll durch. Sie waren damals nicht nur im Trend, auch die NASA war von diesen Brillen begeistert. Im Jahr 2004 wurden weltweit fast 4 Millionen Fassungen verkauft, wie letztes Jahr im Herbst die Oberösterreichischen Nachrichten berichteten. Seitdem geht es wieder abwärts. Das Problem: Brillen sind Moden unterworfen. Einmal geht es in Richtung „randlos“, dann geht es wieder in Richtung „mehr Fassung zeigen“. Der Fokus auf „randlose“ Brillen wird jetzt für Silhouette zum schwerwiegenden Nachteil.

Das heißt: Wenn man über den Fokus der eigenen Marke nachdenkt, sollte dieser keiner Mode unterworfen sein. Worauf aber hätte sich Silhouette dann fokussieren können? Wenn man den Namen Silhouette betrachtet, dann ist dieser Markenname sicher eher feminin als maskulin. Und Frauen wären sicher ein potentieller Fokus für eine Brillenmarke. Silhouette hätte die Zielgruppe Männer opfern können, um sich dafür als die „Frauenbrille“ zu positionieren.

Beispiel 2: Ein Steinplattenerzeuger

Vor wenigen Jahren war Strasser Steinbau massiv in der Krise. Heute ist man mit neuem Eigentümer und Geschäftsführer wieder auf der Straße des Erfolgs. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet der Bereich „Küchenplatten“. So schrieben im Frühjahr 2012 die Oberösterreichischen Nachrichten: „Die Ausrichtung auf hochwertige Küchenplatten hat Strasser Steinbau im Vorjahr einen weiteren Umsatzschub von acht Prozent auf 18,7 Millionen Euro gebracht.“ Und zitieren den Geschäftsführer Johannes Artmayr so: „Aus dem Konkurs-Entlein des Jahres 2004 wurde der stolze Marktführer-Schwan bei Küchenplatten in Mitteleuropa.“ So machen laut diesem Artikel die Küchenplatten bereits 60 Prozent des Umsatzes aus.

Das ist eine mehr als beachtliche Leistung und zeigt auch die Macht einer klaren Fokussierung und Positionierung. Aber auch hier stellt sich aus Markensicht jetzt eine entscheidende Frage: „Sind Küchenplatten aus Stein eine Mode oder ein langfristiger Trend?“ Oder anders gefragt: „Sind Steinküchenplatten wirklich ein effektiver Markenfokus für die Zukunft?“

Der Erfolgsfaktor „Zeit“

Damit sind wir auch bei einem ganz wichtigen Erfolgsfaktor, wenn es um die Beurteilung eines Fokus geht. Dieser sollte nämlich dauerhaft sein, wobei der Begriff „Dauerhaft“ natürlich branchenabhängig ist. Bei einem Nahrungsmittel kann ein Fokus wirklich so gut wie fast ewig halten. Bei einem Computer oder Smartphone kann ein Fokus sehr viel kürzer sein.

Das heißt aber auch, dass man sich sehr, sehr, sehr genau überlegen sollte, worauf man den Fokus der eigenen Marke legt. Es sollte immer eine Idee mit Zukunft in der eigenen Branche sein. In manchen Branchen sind diese Zukunftsideen sogar Ideen der Vergangenheit. Dies gilt in allen Bereichen, in denen „gemacht wie früher“ von den Kunden als hochwertiger und besser als „gemacht mit der letzten Technologie“ gesehen wird. Man denkt dabei spontan etwa an Lebensmittel, hochwertige Schuhe oder auch an Premiumuhren.

Fazit: Gerade wenn man einen Fokus für die eigene Marke sucht, sollte man immer auch besonders den Faktor „Zeit“ berücksichtigen. Speziell aber sollte man darauf achten, dass der Fokus keiner Modewelle unterliegt. Sonst ist der Markensuperstar von heute schnell das Markensorgenkind von morgen.

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Eine Antwort zu Markenfokussierung und der Faktor Zeit oder wenn der Markenfokus auch zur Gefahr werden kann

  1. C.L. schreibt:

    …und wie die Kategorien „Randlose Brille“ oder „Küchenplatten aus Stein“ vom Markt verschwinden, dehnen wir den bisher für diese Kategorie bekannten Markennamen bitte nicht auf eine andere Kategorie aus, sondern suchen uns einen neuen Fokus mit einer neuen Marke.

    Gruß,

    C.L.

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