Gefährliche Beruhigungspillen oder warum Studien oft die Vergangenheit und nicht die Zukunft widerspiegeln

Am 30. Januar dieses Jahres stand in einer österreichischen Tageszeitung: „Finanzgeschäfte bleiben offline“. Darunter hieß es dann: „Studie: Österreicher suchen Infos im Internet, Abschluss in der Filiale“.

Die Welt in Ordnung

So gesehen dürften viele in der Finanz- und Versicherungswelt beruhigt aufgeatmet haben, bleibt doch – wie es aussieht – die alte Weltordnung bestehen. Aber ist das wirklich so? Nehmen Sie den Online-Buchhandel. Im Jahr 2000 betrug laut einer Marktstudie der Marktanteil des Online-Handels bei Büchern in Deutschland gerade einmal etwas mehr als 2 Prozent, 2010 waren es 14 Prozent, Tendenz steigend.

Dazu schrieb die Computerwoche im Jahr 2001: „Im Jahr 2000 erzielten die virtuellen Buchhandlungen einen Umsatz von 378 Millionen Mark – immerhin 2,3 Prozent der mit Büchern erzielten Gesamteinnahmen. Dem Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (Itas) in Karlsruhe zufolge wird der Online-Buchhandel in den kommenden Jahren weiter expandieren – allerdings weniger stark als bislang angenommen. … Den stationären Handel werden die Online-Anbieter nach Ansicht der Experten nicht verdrängen. Voraussetzung sei allerdings, dass die Buchhandlungen ihre Stärken – etwa persönliche Beratung, eine angenehme Verkaufsatmosphäre und Über-Nacht-Bestellung – weiter ausbauten. Sinnvoll seien auch Multichannel-Strategien wie die Buchbestellung im Netz und anschließende Abholung im Laden.“

So gesehen war die Welt für den stationären Buchhandel im Jahr 2001 in Ordnung, da auch Experten und Studien davon ausgingen, dass das im Großen und Ganzen so bleiben werde.

Dazulernen und Generationswechsel

Nur die Zeit bleibt nicht stehen. Denn einerseits lernen die Menschen dazu, gewinnen Vertrauen zu neuen Dingen und ändern dann – wider Erwarten – auch ihr Verhalten. Andererseits wächst immer eine neue Generation nach, die nicht Umlernen muss, weil sie bereits mit der neuen Entwicklung groß wurden. So gesehen sollte auch die Finanz- und Versicherungsbranche nicht davon ausgehen, dass die Österreicher auch in Zukunft im Internet Informationen suchen, um dann – wie gewohnt – beim Berater des Vertrauens abzuschließen. Gerade der Punkt, dass die Menschen bereits heute im Internet Informationen suchen, sollte die Branche als Warnschuss bzw. Frühwarnsignal sehen, um die eigenen Strategien aus diesem Blickwinkel zu überdenken und im Falle des Falles zu adaptieren. (Wie aber sollte man dann mit dem Internet bzw. mit dem Wandel generell aus Markensicht umgehen? Mehr dazu in meinem nächsten Blogbeitrag in einer Woche!)

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2 Antworten zu Gefährliche Beruhigungspillen oder warum Studien oft die Vergangenheit und nicht die Zukunft widerspiegeln

  1. Prom Wallinger schreibt:

    Was die Banken-Branche betrifft: Hier fällt gerade die deutsche HypoVereinsbank mit einer veränderten Marken-Strategie im Privatkundengeschäft auf. Sie positioniert sich als „Die erste Bank, die die Vorteile einer Filiale mit den Vorteilen einer Onlinebank verbindet.“ Entsprechende Radiospots – mit genau diesem Claim – wurden im Januar 2014 mit einer hohen Frequenz in ganz Deutschland geschaltet.

    Bis Ende 2016 wolle die Bank „massiv in mobile und internetbasierte Angebote sowie in die Attraktivität der Filialen investieren“, meinte Vorstandschef Theodor Weimer. „Wir vollziehen als erste Bank in Deutschland eine grundlegende Modernisierung des Privatkundengeschäfts“, ergänzte er.

    Klingt nach einer mustergültigen Anwendung der Al Ries-Positionierungs-Forderung „Being first in the mind“! Auf den ersten Blick scheint die deutsche HypoVereinsbank alles richtig zu machen, oder?!?

  2. michaelbrandtner schreibt:

    Al Ries würde meinen, dass sich die Hypo Vereinsbank in die Konvergenz-Falle begibt. Das Beste aus beiden Welten ist in der Regel weder Fisch noch Fleisch. Mehr dazu auch in meinem nächsten Blog-Beitrag am 3. März.

    Beste Grüße

    Michael Brandtner

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