Was würde passieren, wenn Sie heute am Abend nach Hause kommen und zu Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin sagen: „Ich bin heute nicht fremdgegangen.“? Ganz egal ob das Gesagte zutrifft oder auch nicht zutrifft, Sie werden auf alle Fälle ein massives Problem haben. Warum? Weil Sie immer doppelt kommunizieren. Da ist auf der einen Seite die explizite Botschaft und auf der anderen Seite die implizite Botschaft. In diesem Fall lautet die explizite Botschaft des Senders: „Ich bin heute nicht fremdgegangen.“ Die implizite Botschaft auf Seiten des Empfängers lautet wahrscheinlich: „Warum sagt er oder sie das? Muss ich mir jetzt Sorgen machen?“
Das Kommunikationsdilemma von Coca-Cola
Viele Getränke, egal ob Colas, Fruchtlimonaden, Energydrinks oder Eistees enthalten jede Menge Zucker. Aber warum hat dann speziell Cola und nicht etwa Eistee so ein Zuckerproblem? So wissen viele, dass ein Liter Coca-Cola klar über 30 Zuckerwürfel enthält. Aber wie viele Zuckerwürfel findet man in einem Fanta, einem Red Bull, einem Eistee oder in einem Fruchtnektar?
Warum ist das so? Ich denke, dass der Hauptgrund dafür Coca-Cola Light ist. Denn Coca-Cola Light erzählt uns bei jedem Kontakt, dass es a) ohne Zucker ist (die explizite Botschaft) und dass b) herkömmliches Coca-Cola ziemlich viel Zucker enthält (die implizite Botschaft). Noch einmal verstärkt hat dies die Einführung von Coca-Cola Zero.
Aber nicht genug: Mit der Einführung von Coca-Cola Life wird sicher die Inhaltsdebatte „Zucker versus Süßstoff“ speziell bei Cola-Getränken und der Marke Coca-Cola noch einmal mehr entfacht. Es wird uns daran erinnern, dass a) ziemlich viel Zucker in Coca-Cola ist, und dass b) wahrscheinlich auch Süßstoff nicht das Allerbeste für unseren Körper ist. Nur damit steigt für Coca-Cola die Gefahr, dass sich generell immer mehr Menschen von „ungesunden“ Cola-Getränken in Summe abwenden.
Das Kommunikationsdilemma von McDonald’s
Ähnlich ergeht es auch McDonald’s. Wann immer diese Marke gesündere Produkte wie Salate oder Veggie Burger forciert, werden wir dadurch indirekt daran erinnert, dass Fastfood wahrscheinlich doch nicht besonders gesund ist. Man bietet so den Kunden nicht nur „gesündere“ Alternativen, man macht indirekt das eigene Kernangebot „schlecht“. So besteht auch hier die Gefahr, dass man die Kunden sukzessive von der eigenen Marke „weg erzieht“.
Was sollten dann aber Marken wie McDonald’s oder Coca-Cola tun? McDonald’s sollte sich viel stärker auf das eigene Kernangebot fokussieren, um gleichzeitig selbst neue gesündere Fastfoodkonzepte unter neuen Markennamen zu entwickeln. Viel schwieriger ist die Situation für die Marke Coca-Cola, denn die Chance eine zweite „zuckerfreie“ Marke zu bauen, hat man 1982 vertan, als man Diet Coke in den USA einführte, statt die eigene Marke Tab zu forcieren. (Tab, 1963 eingeführt, war damals das meistverkaufte leichte Cola in den USA.)
Immer auf beide Botschaften achten
Aber was ist die generelle Lektion daraus? Wann immer Sie ein neues Produkt unter einer bestehenden Marke lancieren, sollten Sie auf beide Botschaften achten. Denn wenn Sie das nicht tun, kann es passieren, dass Ihre Kunden immer ein wenig unglücklich mit ihrer Wahl sind. Nur das sollte nicht sein, da eigentlich die ausgewählten Produkte den Kunden in seiner Wahl beim und auch nach dem Konsum bestätigen sollten. Nur genau das passiert nicht, wenn man immer Zweitbotschaften mitkommuniziert, die für den Kunden einen negativen Beigeschmack haben können.
Wenn man normales Coca-Cola trinkt, hat man zwar den Originalgeschmack, dafür macht man sich wahrscheinlich immer öfter über das Zuviel an Zucker und auch Kalorien Gedanken. Wenn man nun Coke Light oder Coke Zero trinkt, hat man zwar kein Zucker- und Kalorienproblem, dafür schmeckt es aber nicht ganz so (gut) wie das Original. Wenn man dann demnächst auch noch Coca-Cola Life trinken kann, macht man sich dann vielleicht generell über Stevia, Zucker und Süßstoff Gedanken. Und dann wendet man sich u. U. so nach und nach von Cola-Getränken ab. Die Zukunft wird es zeigen.
Das ist gut. Das Beispiel sollte einige zum Nachdenken bringen, die schon bei der Positionierung ihres Unternehmens, ihrer Marke und ihrer Produkte immer versuchen, es allem Recht machen zu wollen. Klassiker sind die aktiven Bemühungen von Preisaggressiven, die immer auch noch Servicequalität dazu packen wollen. Umgekehrt ist ebenfalls unsinnig. Wenn z.B. die Allianz im Test plötzlich die günstigste Versicherung anbietet, sucht der Interessent gleich nach dem Haken. Ebenso gibt es Versprechen, die man besser nicht explizit gibt, da sie dann eher zum Gegenteil führen. Bestes Beispiel ist das Wort „Vertrauen“. Wer dies aktiv im Dialog nutzt, erweckt fast immer Zweifel diesbezüglich, die man zuvor gar nicht hatte.
Coca Cola steckt in der Tat einem Dilemma: Implizite Botschaft hin oder her. Zukünftig wird über etwa über die WHO, verschiedene Verbraucherverbände und über die Medien allgemein das zunehmende Zuckerproblem der Gesellschaft immer heftiger diskutiert Und dann werden immer gerne prominente Beispiele wie die Coke als böse Buben zitiert. Also kommt man bei Coca Cola immer mehr unter Zugzwang. Nichtstun und nur eine stark zuckerhaltige war und wäre sicherlich falsch. Eine spezielle Marke wie seinerzeit tab als die leichte Variante zu etablieren wäre die beste Lösung gewesen. Die Traute, in der heutigen Zeit z.B. eine neue Marke mit Stevia oder einem anderen Süssungskonzept einzuführen haben die Konzerne eh nur selten. Also bleibt es bei der Line Extension mit seinen wenigen Vor- und vielen Nachteilen.