Wenn heute viele Marken- und Marketingentscheider an den Preis denken, denken diese oft automatisch an die „Geiz ist geil“-Mentalität, an Preisaktionen, Rabatte und den Super-Super-Sonderpreis. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. So stieg etwa bei nationalen Pilsmarken in Deutschland laut einer Studie von GfK/Serviceplan der Promotionanteil von 27 Prozent im Jahr 2003 auf unglaubliche 75 Prozent im Beobachtungszeitraum von Januar 2013 bis Oktober 2013.
Der Preis als Wertindikator
Übersehen wird dabei oft, dass der Preis für die Kunden nicht darstellt, wie viel etwas kostet, sondern auch, was es wert ist. Der Preis ist also auch ein Wert- bzw. Qualitätsindikator. Nehmen Sie etwa das aktuelle iPhone 6! Das iPhone 6/16GB kostet aktuell 699 Euro in Österreich. Davon sind 3 Euro Lohnkosten und 153 Euro Materialkosten laut den Oberösterreichischen Nachrichten. Könnte Apple das iPhone 6 billiger anbieten? Mit Sicherheit. Nur gleichzeitig würde man so auch die Premiumposition und die Marke untergraben.
So verkaufen sich heute viele Unternehmen mit ihren Marken weit unter ihrem möglichen Potenzial, weil man reflexartig auf eine „Besser und billiger“-Strategie setzt. Es erscheint auch vielen logisch, wenn man in einen Markt neu eintritt oder einen starken Marktführer herausfordert.
Die Logik des Managements
Genau das machte auch Fred Smith als er in den Markt für Luftfrachtzustellung in den 1970er Jahren einstieg. Damals war Emery Air Freight die Nr. 1 im amerikanischen Luftfrachtzustellungsmarkt. Als Marktführer bot Emery den Kunden eine breite Palette an Dienstleistungen an, von der Übernachtzustellung bis zu Zwei- und Dreitageszustellung.
Als Herausforderer setzte Federal Express auf „besser und billiger“. Man bot dieselben Leistungen wie der Marktführer zu einem günstigeren Preis an. Dafür hatte man sogar ein starkes Argument mit dem eigenen Logistikzentrum in Memphis. Klingt logisch: Wir haben ein eigenes Logistikzentrum, deshalb können wir dieselben Leistungen günstiger anbieten. Nur diese Logik funktionierte auf dem Markt nicht. Nach drei Jahren Tätigkeit hatten sich die Verluste auf 29 Millionen US-Dollar angehäuft.
Die Logik des Marketings
Dann veränderte Smith seine grundlegende Strategie massiv. Er fokussierte Federal Express auf Übernachtzustellung, also auf wirklich dringende Sendungen. Damit wurde die Marke in den Köpfen der Kunden spezieller. Auf einmal war Fedex kein weiterer Luftfrachtzusteller mehr, sondern der Spezialist für Übernachtzustellungen.
Aber er machte noch einen weiteren wesentlichen Schritt. Er passte auch den Preis an die speziellere Position in den Köpfen der Kunden an. Fedex wurde deutlich teurer. Damit unterstrich der Preis auch die angestrebte Qualitätsposition. So legte er den Grundstein für ein enorm erfolgreiches Unternehmen.
Die richtige Preispositionierung
Viele Unternehmen machen sich massiv Gedanken über ihre Positionierung am Markt. Nur das alleine genügt nicht. Man sollte dabei immer auch die richtige Preispositionierung mit bedenken. Vor einiger Zeit traf ich mich mit einem Unternehmer, der eine Produktinnovation im Premiumsegment eingeführt hatte.
Nur der Preis war nicht Premium. Vielmehr wollte er mit Premiumqualität zu Normalpreisen punkten.
Keine gute Idee, denn damit landete er auch vom Preis er genau in der Mitte des Marktes, für die einen wahrscheinlich zu billig, für die anderen wahrscheinlich zu teuer. Meine Empfehlung: Den Preis mindestens auf das Niveau der anderen Premiummarken anheben, wenn nicht sogar aufgrund der Innovationen noch teurer werden. Denn es gilt noch eines zu beachten. „Den Preis senken“ ist einfacher als „den Preis wieder anheben“.
Schönes Beispiel von Ihnen (Emery Air Freight vs. Federal Express)…danke dafür!
Beeindruckend, wie Fred Smith mit der Re-Fokussierung gleichzeitig einen höheren Preis durchsetzen konnte.
Wie sagt es Focus- und Positionierungs-Pionier Al Ries so schön: „Wonderful things happen when you narrow the focus!“