Viele Unternehmer und Manager sind auf der Suche nach einfachen Erfolgsformeln, bei denen man A macht, damit B eintritt. Positioning ist anders. Positioning ist keine solche Formel, sondern viel mehr ein strukturierter Denkprozess, um die eigene Situation in der Wahrnehmung zu analysieren, dann daraus die richtige Strategie abzuleiten, und diese dann mit einer konkreten Idee zum Leben zu bringen.
Der Ausgangspunkt aller Überlegungen
Der Ausgangspunkt aller Überlegungen ist die Wahrnehmung durch die Kunden. Dabei gibt es vier grundlegende Ausgangspositionen. (1) Man wird als Marktführer im eigenen Markt wahrgenommen. (2) Man wird als starke Nr. 2 oder Nr. 3 wahrgenommen. (3) Man wird als ein weiterer Anbieter unter vielen wahrgenommen. (4) Man wird gar nicht wahrgenommen.
Daraus lassen sich dann vier grundlegende Strategien ableiten. (1) Als Marktführer sollte man sicherstellen, dass man a) als Marktführer wahrgenommen wird und b) für den Markt in Summe eintritt. (2) Als starker Herausforderer sollte man versuchen, das positive Gegenteil des Marktführers zu machen. (3) und (4): Als weiterer Anbieter bzw. als ein Anbieter, der gar nicht wahrgenommen wird, hat man zwei grundlegende Strategiemöglichkeiten: Erstens kann man versuchen, eine neue freie Kategorie zu finden oder zu erfinden, um diese dann gemeinsam mit der eigenen Marke in den Köpfen der Kunden zu positionieren. Zweitens man kann sich auf eine noch freie Nische fokussieren, um diese mit dem eigenen Markennamen zu besetzen.
Gefragt: Strategische Kreativität
Nur diese Normstrategien zu kennen und zu nutzen, ist trotzdem nur die halbe Miete. Letztendlich muss man eine konkrete Idee, am besten ein Wort in den Köpfen der Kunden besetzen. Angenommen Sie möchten Google herausfordern.
Ein Blick in die Köpfe der Kunden wird Ihnen dabei zeigen, dass es bei Suchmaschinen global Google und ein paar andere gibt. Aber es gibt – generell gesehen – keinen echten Herausforderer, der wirklich als echte Alternative gesehen wird. Microsoft konnte weder mit MSN Search noch mit Bing diese Position wirklich einnehmen. So gesehen ist die Normstrategie klar: Sie sollten das positive Gegenteil des Marktführers tun, um den zweiten Platz anzustreben, um also eine echte Alternative zu werden.
Nur jetzt müssen Sie diese Strategie mit einer konkreten Idee zum Leben erwecken. Meine Idee dazu oder besser eine Frage vorab: Was ist die wahre Stärke von Google? Es war und ist sicher, wie Google die Suchergebnisse nach Relevanz sortiert. Was wäre das positive Gegenteil dazu? Eine Suchmaschine, die die Ergebnisse etwa nach Aktualität sortiert. Genau hier könnte man ansetzen, um mit einer neuen Suchtechnologie nicht nur einen neuen Suchstandard zu setzen, sondern auch die Vormachtstellung von Google anzugreifen.
„….sich auf eine noch freie Nische fokussieren“ ist immer ein gutes Rezept. Ein Beispiel welches mir gefällt und noch ausbaufähig ist, ist etwa folgendes: Der Smartphonemarkt ist klar besetzt. Insbesondere Apple und Samsung beherrschen den Markt. Es gibt aber immer mehr Verbraucher, die sich über die Wegwerfmentalität „alle 2 Jahre ein neues Handy“, über die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung und über die kurze Lebensdauer „mit eingebauter Obsoleszenz“ und die damit einhergehende Umweltbelastung beklagen. Unter dem Motto „leistungsfähiger, langlebiger, reparierbar“ wird das Konzept nun mit dem Fairphone 2 erwachsener. Was halten Sie davon?
Ob ein Fairphone funktioniert, bezweifle ich. Genau hier liegt auch die große Herausforderung. Es gilt nicht nur, eine mentale Nische zu finden. Es gilt, eine mentale Nische zu finden, die dauerhaft funktioniert. Dabei gilt: Je näher eine mentale Nische am Bestehenden positioniert ist, desto besser. Es ist kein großer Unterschied zwischen einer Fertigpizza und einer Steinofen-Fertigpizza. Beide Konzepte liegen eng beieinander, aber trotzdem macht eine Steinofen-Fertigpizza mental einen großen Unterschied.