Die größten Markenerfolge beruhen darauf, dass man die erste Marke in einer neuen Kategorie ist. So war Coca-Cola die erste Cola, Nivea die erste Creme auf Öl-Wasser-Basis oder Red Bull der erste Energydrink. Nur gerade wenn man etwas Neues erfindet, ist oft nicht so klar, wie man die Kategorie benennen sollte.
Österreichs erste AutomatenBistros
Nehmen Sie etwa BistroBox! BistroBox startete mit Pizzaautomaten. Jetzt beginnt man damit, ganze Automatenrestaurants zu eröffnen. Dazu findet man aktuell folgende Schlagzeilen im Internet bzw. in Tageszeitungen:
„Roboter-Bistro in Eferding eröffnet“
„Roboter-Bistro sperrt auf: Frische Pizza rund um die Uhr“
„Pizza vom Roboter schmeckt fast wie beim Italiener“
Die BistroBox selbst definiert sich auf der eigenen Website als „Österreichs erste AutomatenBistros“. In den Medien sieht es so aus, dass man als „Roboter-Bistro“ definiert wird. Natürlich könnte man sich auch als erste personallose Pizzeria in Österreich positionieren. Nur würde das wahrscheinlich wenig Sinn machen.
Wahrgenommene Qualität und Kundennutzen
Nur wenn man eine neue Kategorie erfindet oder findet, sollte man unbedingt zwei Faktoren mit im Auge behalten, nämlich die wahrgenommene Qualität und den Kundennutzen. Dabei sollte man vor allem darauf achten, was die neue Kategorie in den Köpfen der Kunden suggeriert.
Eine „Steinofen“-Fertigpizza suggeriert einen besseren Geschmack als eine Fertigpizza aus einem herkömmlichen Ofen. Eine „handgeschöpfte“ Schokolade suggeriert höhere Qualität als eine „Industrieschokolade“. Was aber suggeriert ein AutomatenBistro oder ein Roboter-Bistro?
Den Faktor Zeit nutzen
Als die Marke „Die Leichte Muh“ in das Segment „leichte Milch“ einstieg, positionierte man sich nicht als weitere leichte Milch, sondern als erste Frühstücksmilch. Wick Medinait positionierte sich nicht als Erkältungsmittel mit 3-fach-Wirkung, sondern als Erkältungssaft nur für die Nacht.
Wie könnte die BistroBox den Faktor Zeit nutzen? Meine Idee dazu: Indem man sich als die 24-Stunden-Pizzeria positioniert. Der Nutzen daraus, den man heute schon mitkommuniziert: Pizza rund um die Uhr. Noch besser wäre, wenn das rechtlich möglich ist: Ofenfrische Pizza rund um die Uhr.
Der verbale Marken-Dreiklang
Damit hätte man auch einen perfekten verbalen Marken-Dreiklang:
(1) Markenname: BistroBox
(2) Kategorie: Die 24-Stunden-Pizzeria
(3) Nutzen: Ofenfrische Pizza rund um die Uhr
Damit würde man die Automaten bzw. die Roboter nur mehr als notwendige Zutat darstellen, um den Kunden den Nutzen „ofenfrische Pizza rund um die Uhr“ servieren zu können. Denn bei einer Definition als Automaten- oder Roboter-Pizzeria besteht die große Gefahr, dass immer eine negative Geschmackserwartung bei den Kunden mitschwingt.
Ja, es ist ganz paradox: Die Gründer sprechen auf ihrer Homepage von „Automaten-Bistro“, die österreichischen Tageszeitungs-Journalisten sind aber so frech, das Ganze konsequent „Roboter-Bistro“ zu nennen.
Zu Ihren erwähnten Schlagzeilen habe ich noch gefunden: „Innovatives Roboter-Bistro eröffnet in Alkoven (Wirtschaftsblatt); „Erstes Roboter-Bistro der Welt eröffnet“ (OÖN).
Anekdote am Rande: Diese nervige Erfahrung der komplett anderen Medien-Wahrnehmung musste auch Ihre Consulting-Partnerin Laura Ries erleiden.
Auf meine hartnäckige Frage, warum denn kein Journalist die von Ries & Ries selbstgewählte Bezeichnung „Focusing Consultants“ verwende, antwortete sie mir:
„(….) One of our well-known and accepted ideas is that consumers and the media determine the name. Unfortunately, the marketplace uses a lot of different words for our category including marketing strategists, marketing consultants, branding strategists, branding consultants, experts, specialists, etc. (….)“
Was können Unternehmer und Selbständige daraus lernen? Wäre gespannt auf eine Antwort.
Da alle Medien von einem „Roboter-Bistro“ sprechen, könnte es auch sein, dass dies Teil einer Presseaussendung war, wobei aus meiner Warte beide Begriffe „Roboter- und Automaten-Bistro“ nicht wirklich eine positive Geschmacks- und damit auch Markenerwartung wecken.
Zum „Focusing-Consultant“ und wie man sich selbst definieren sollte: „Je konkreter man sich selbst definiert, desto besser.“ Vor allem sollte man bei der Entwicklung der Markenpositionierung immer die PR-Definition ganz stark mitberücksichtigen.
Wenn man sich konkret definiert, können zwei Dinge passieren: (1) Die Medien übernehmen die Definition. (2) Die Medien schenken einem eine breitere Definition: Obwohl sich Ries & Ries (wie auch ich) als „Focusing-Consultants“ definieren, werden wir von den Medien gerne als (führende) Markenexperten dargestellt. Es macht uns im Feld der Marken- und Markenstrategieberater spezieller.
Beste Grüße
Michael Brandtner