Was ist das oberste Ziel eines Markenprogramms? Das oberste Ziel eines Markenprogramms ist es, ein Wort in den Köpfen der Kunden zu besitzen. Es geht also darum, sich eine spezifische Position in den Köpfen der Kunden zu erobern und diese dann zu besetzen.
Die Position besitzen
Wenn man sich heute viele erfolgreiche Marken ansieht, dann besitzen diese jeweils eine bestimmte Position in den Köpfen der Kunden. Hier einige Beispiele dazu:
Marke ….. Position
BMW ….. Fahrfreude
Geox ….. Atmet
Dyson ….. Beutellos
Dr. Best ….. Nachgebend
Google ….. Suche
Um aber eine solche Position zu finden, muss man zuerst einen Blick in die Köpfe der Kunden werfen. Man muss also feststellen, welche Positionen bereits besetzt sind, welche Positionen noch frei sind, bzw. wenn keine Positionen mehr frei sind, wie man eine eigene neue Position schaffen kann, die an den bestehenden Positionen andockt.
Die Marke fokussieren
Wenn man eine anstrebenswerte Position gefunden hat, dann muss man die Marke ganzheitlich darauf fokussieren.
Marke ….. Fokus
BMW ….. Fahrfreude
Geox ….. Atmet
Dyson ….. Beutellos
Dr. Best ….. Nachgebend
Google ….. Suche
In der Theorie sieht das auf den ersten Blick relativ einfach aus. Das Problem liegt wie immer in der praktischen Umsetzung. Dazu sollten wir uns einige aktuelle Beispiele ansehen.
Von Google lernen
Nehmen Sie etwa Google! Google besitzt zurzeit die „Suche“-Position in den Köpfen der Kunden. So weit, so gut! Wie aber lautet der Markenfokus von Google. Dieser lautet zurzeit, wie es aussieht „Voran in alle Richtungen“. Nur damit gefährdet Google u. U. seine dominante Suchmaschinen-Position in den Köpfen der Kunden.
Erinnern Sie sich an Yahoo! Auch Yahoo war einmal die Suchmaschine in den Köpfen der Kunden. Nur Yahoo! war mit dieser Position nicht zufrieden. Man wollte ein Portal werden. Diese „Portalidee“ wurde zum Markenfokus erklärt. Nur diese Portalidee war aus Kundensicht eine schwache im Vergleich zur Suchmaschinenidee, die man kampflos Google überließ. Heute steht Yahoo! für nichts mehr in den Köpfen der Kunden. Man verlor zuerst den Markenfokus und dann die Position in den Köpfen der Kunden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man jetzt mit Marissa Mayer den dritten CEO innerhalb eines Jahres bei Yahoo! bestellt hat.
Das heißt aber auch: Google sollte heute sehr froh darüber sein, dass bisher so gut wie alle Innovationen unter der Marke Google ein Flop waren. Denn so wurde bisher die Position „Suchmaschine“ in den Köpfen der Kunden noch nicht verwässert und beschädigt.
Von Nokia lernen
Oder nehmen Sie Nokia! Nokia steht in den Köpfen der Kunden für klassisches Mobiltelefon (und damit auch für „veraltet“). Das ist die derzeitige Position. Der Fokus von Nokia aber lautet zurzeit „Smartphone“. Damit hat Nokia ein doppeltes Problem: (1) Man will die Kunden zum Umlernen über die Marke Nokia zwingen. Das ist in der Regel eine schlechte Idee, weil Kunden nur sehr ungern ihre Meinung ändern. (2) Die Smartphone-Position ist in den Köpfen der Kunden nicht mehr frei. Diese ist von Apple mit dem iPhone und von Samsung mit dem Galaxy bereits doppelt besetzt.
Was kann man in so einer Situation tun? (1) Nokia sollte die Marke Nokia weiterhin auf Mobiltelefone konzentrieren. (2) Nokia muss eine neue Kategorie von Smartphone kreieren, um eine eigene Position bei Smartphones zu bekommen. Genau das machte 2007 Apple mit dem iPhone. Damals war BlackBerry das führende Smartphone. BlackBerry besaß damals die „Smartphone“-Position in den Köpfen der Kunden. Also schuf sich Apple mit dem ersten „Nur-Touchscreen-Smartphone eine neue eigene Position in den Köpfen der Kunden, die herkömmliche Smartphones „alt“ aussehen ließ. (3) Nokia sollte, so wie es Apple 2007 auch tat, für diese neue Kategorie eine neue Marke schaffen. So taufte Apple das neue Smartphone damals nicht Apple Phone oder AppiPhone sondern iPhone.
Aus Unternehmenssicht heißt dies: Das Unternehmen Nokia sollte erstens die Marke Nokia weiterhin auf herkömmliche Mobiltelefone fokussieren. Das Unternehmen Nokia sollte zweitens eine neue zweite Marke lancieren, die man auf eine neue Kategorie von Smartphone fokussiert, um so eine eigene neue Position in den Köpfen der Kunden aufzubauen, zu erobern und zu besitzen.
Von Samsung lernen
Wofür steht Samsung in den Köpfen der Kunden? Wahrscheinlich denken die meisten spontan an das Galaxy. Denn Samsung selbst hat keine wirklich starke Position als Marke in den Köpfen der Kunden. Was ist ein Samsung wirklich? Ich weiß es nicht. Wissen Sie es?
Nur das ist keine ungefährliche Position. Vor 15 Jahren war Sony ein Markensuperstar dank Produkten wie HandyCam, CamCorder und Trinitron. Heute ist Sony in der Krise. Wofür steht Sony? Wissen Sie es? Ich weiß es nicht. Nur das könnte auch Samsung einmal passieren, falls das Galaxy nicht mehr so „in“ ist wie heute. Das Problem dahinter: Samsung als Marke hat keinen Fokus. Genau das könnte für Samsung einmal zu einem Riesenproblem werden.
Von Dr. Best lernen
Vor 1988 war Dr. Best eine weitere Zahnbürste unter vielen in den Köpfen der Kunden. Das ist nicht einmal die schlechteste Ausgangsposition, denn so ist die Marke relativ frei formbar. Im Unternehmen selbst gab es die Idee der nachgebenden Zahnbürste. Diese Position war in den Köpfen der Kunden frei.
Also fokussierte man 1988 die Marke auf diese Idee. Dr. Best wurde so die erste nachgebende Zahnbürste. Heute besitzt die Marke diese Position in den Köpfen der Kunden und ist die meistverkaufte Handzahnbürste überhaupt.
Die Fokussierung der Marke auf diese Idee „nachgebend“ war eine brillante Entscheidung. Man schuf so nicht nur eine neue Position in den Köpfen der Kunden, die man mit der eigenen Marke besetzte und ausbaute. Man repositionierte zusätzlich herkömmliche Zahnbürsten als „starr“ und somit gefährlich für Zahnfleisch und Zähne.
Von Opel lernen
Opel ist heute in den Köpfen der Kunden ein weiterer Automobilproduzent unter vielen. Um dies zu ändern, hat Opel in den letzten Jahren des Öfteren an der grundlegenden Positionierung und an der Werbelinie gearbeitet. Nur das hat nicht viel geändert. Das Problem: Die Marke Opel ist so, wie diese heute ist, unpositionierbar. Keine Werbeagentur der Welt wird für diese Marke heute eine tragfähige Positionierung finden. Denn zuerst braucht Opel einen Markenfokus, der die Marke nach innen und dann nach außen neu ausrichtet.
Um aber diesen Fokus zu finden, sollte man zuerst einen Blick in die Köpfe der Kunden werfen. Dort wird man, wie oben erwähnt, feststellen, dass man nur als weitere Automarke im Schatten von VW gesehen wird. Damit ist man strategisch gesehen in einer ähnlichen Ausgangsposition wie Dr. Best im Jahr 1988. Deshalb sollte Opel heute ähnlich agieren. Opel muss zuerst eine freie und unbesetzte Position finden oder schaffen, um dann darauf aufbauend den Fokus der Marke zu entwickeln. Dieser Fokus würde dann zur Richtschnur für alle Markenentscheidungen von der Produktpolitik bis hin zur Werbung.
Viel mehr als nur Werbung
Damit ist auch klar, dass Positioning richtig verstanden viel mehr als nur Werbung ist. Es ist das Herz der Markenstrategie. Es geht darum – basierend auf der Wahrnehmung der Kunden – den Fokus der Marke für die nächsten Jahre und Jahrzehnte zu definieren. So steht BMW seit über 40 Jahren für „Fahrfreude“. So steht Dr. Best seit 1988 für „nachgebend“ bei Zahnbürsten und Geox ist seit 1995 der Schuh, der atmet. Wie lautet der Fokus Ihrer Marke? Und ist dieser Fokus wirklich die stärkstmögliche Idee für Ihre Marke? Viele Marken verkaufen sich heute weit unter Wert, weil man entweder keinen klaren Fokus oder einen zu schwachen Fokus hat. In diesem Sinne: Fokus: Die Zukunft Ihrer Marke(n), Ihres Unternehmens hängt davon ab!
Hallo Herr Brandtner,
gibt es auch im Dienstleistungsbereich solche klar positionierten Marken, die eindeutige Positionen in den Köpfen der Kunden besetzen? Ich bin auf der Suche nach Beispielen und würde mich über eine Antwort sehr freuen!
Herzliche Grüße
Margit Wickhoff
Hallo Frau Wickhoff,
natülich gelten dieselben Regeln auch für Dienstleister.
Eines der besten Beispiele ist etwa Simon, Kucher & Partners. Diese Unternehmensberatung hat die Lücke „Pricing“ erkannt und sich darauf fokussiert. Dabei machte es nichts, dass bereits viele andere Unternehmensberater „Pricing“ als Dienstleistung anboten. Entscheidend war, dass die Position in den Köpfen der Kunden frei war. Keine andere Unternehmensberatung stand für Pricing. Die BCG wiederum steht für „der weltweite Pionier in der Strategieberatung“. , weil man früher darauf wirklich fokussiert war.
Curves in den USA eroberte sich als Franchisesystem durch eine eine klare Fokussierung die Position „Nur für Frauen“ bei Fitnessstudios. Remax steht für „Immobilienmakler“ weltweit. Das Wifi in Österreich besitzt die Position „führendes Berufsweiterbildungsinstitut“. VBC ist Österreichs führender Verkaufstrainer.
Das heißt: Auch ein Dienstleister muss eine freie Position in den Köpfen der Kunden finden, um diese dann fokussiert zu besetzen. Dabei sind gerade im Bereich Dienstleistung viele Position noch frei. In Österreich etwa gibt es unzählige Versicherungsmakler am Markt, aber es gibt eine führende Marke in Österreich in den Köpfen der Kunden. Das will die EFM Versicherungsmakler AG jetzt ändern, indem man mit Franchising gerade dabei ist die erste nationale Marke in diesem Bereich zu bauen.
Mit den besten Grüßen
Michael Brandtner