Utopische Empfehlungen oder die Niemetz Schwedenbomben-Lektion

In der aktuellen Schwedenbomben-Krise haben Experten schnell zwei Ursachen für diese Krise und damit auch zwei Empfehlungen aus dieser Krise parat. Ursache Nr. 1: eine unklare Positionierung; Ursache Nr. 2: zu wenig Geld fürs Marketing. Lösung Nr. 1: die Marke wieder klarer positionieren; Lösung Nr. 2: wieder aktiv Marketing und Werbung im Sinne der Marke betreiben.

Immer schwieriger und teurer

Natürlich klingen diese Empfehlungen gut und logisch. Sie haben nur einen Haken, der vor allem den zweiten Teil der Lösung betrifft. Denn das Marketing, um wirklich von den Kunden wahrgenommen zu werden, wird in dieser Medienwelt immer schwieriger und teurer. (Wer dachte vor dem „Facebook-Rettungsaufruf“ beim täglichen Einkauf noch an Niemetz Schwedenbomben bzw. wer nahm diese Marke wirklich, wenn sie nicht gerade vielleicht in Preisaktion war, am Point of Sale noch wahr?)

Nur diese Teuerung des Marketings alleine wäre nicht das Problem, wenn die Umsätze und Gewinne von Traditionsmarken wie etwa Niemetz Schwedenbomben im selben Ausmaß wachsen würden. Nur das tun sie in der Regel nicht. Die meisten österreichischen Traditionsmarken setzten nach dem Zweiten Weltkrieg so richtig zum Höhenflug an. Mit diesen Marken entstanden auch die großen Vorbilder der österreichischen Lebensmittelindustrie.

Warnschuss „Schwedenbombe“

Nur viele dieser Traditionsmarken haben ihren Zenit heute erreicht oder gar überschritten. Um dem gegenzusteuern, setzen die meisten seit Jahren auf ein Drei-fach-Programm: (1) Noch mehr Produkte und Varianten unter der Marke, um doch noch zu wachsen. Damit steigen in vielen Fällen aber die Kosten schneller als die Erträge. (2) Noch mehr Preisaktionen, um den Umsatz an zukurbeln und die Wünsche des Handels zu erfüllen. Damit sinkt der Deckungsbeitrag in vielen Fällen. (3) Noch mehr Werbung, die immer mehr und mehr kostet.

Nur irgendwann merken viele dieser Traditionsmarken, dass man sich die Werbung einfach nicht mehr leisten kann. So werden dann aus echten Werbekampagnen Alibiwerbekampagnen und dann stellt man die Werbung fast oder ganz ein. Die Marke lebt oder vegetiert dann am Point of Sale dahin. Sie wird dann auf die Platzierung am Point of Sale und auf Preisreduktionen reduziert.

So gesehen sollte man die aktuelle Niemetz Schwedenbomben-Krise sehr wohl als Warnschuss für viele, viele Traditionsmarken sehen. Denn in einer Welt der internationalen Markenartikelkonzerne könnten in Zukunft noch mehr Traditionsmarken das Schicksal von Schwedenbomben teilen.

Rechtzeitig gegensteuern

Ein Tipp dazu: Wann immer das Werbebudget für die eigene Marke nur mehr oder hauptsächlich zum jährlichen Einsparthema wird, sollte man sich wirklich ernsthaft Gedanken über die Zukunft der eigenen Marke machen, um frühzeitig strategisch und operativ die richtigen Gegenmaßnahmen einzuläuten, wenn es dafür nicht bereits zu spät ist. Vor allem aber sollte man sicherstellen, dass man visuell am Point of Sale als Marktführer in der eigenen Kategorie wahrgenommen wird. Da kann man viel von Milka und demnächst auch von Nivea lernen.

Erschien im Original am 8. Februar dieses Jahres unter dem Titel „Michael Brandtner zur Causa Niemetz“ auf Cash.at.

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4 Antworten zu Utopische Empfehlungen oder die Niemetz Schwedenbomben-Lektion

  1. Matthias Kappel schreibt:

    Da stellt sich ja dann wieder die Frage mit der Henne und dem Ei – aus der Distanz gesehen (und ohne auf die Positionierung einzugehen) würde ich generell vor allem ein Vertriebsthema sehen, das in meinen Augen noch vor dem Marketing anzugehen ist. Was macht Niemetz mit einem neuen Marketing, wenn die Distribution einfach nicht da ist .. und ich glaube nicht, das in Österreich (gescheige denn im Export) die Vertriebsmöglichkeiten zu 100% ausgeschöpft wurden. Außer Sie sehen den Vertrieb als das operative Element des Marktings .. dann wärs vorausgesetzt. Höre ich als „Vertriebler“ allerdings nicht gerne!
    LG und bis bald mal wieder!

    • michaelbrandtner schreibt:

      Hallo Herr Kappel,

      Niemetz ist aus meiner Warte (aus Markensicht) in einer Art „Negativspirale“, die sich gar nicht so leicht aufhalten lässt. Dazu gehören ganz massiv auch der Vertrieb und die Platzierung am Point of Sale.

      Schwache Positionierung, schwaches Marketing, schwacher Vertrieb, schwache Platzierung -> noch schwächere Positionierung, kein Marketing oder besser keine Werbung mehr, noch schwächerer Vertrieb, noch schlechtere Platzierung und so fort.

      Die Frage dabei ist: Wo setzt man wirklich an, um so eine Negativspirale zu beenden? Und wie bereit ist der Handel, um hier im Vertrieb, also vor allem am Point of Sale mitzuspielen?

      Meine Befürchtung ist, dass in Zukunft noch mehr Traditionsmarken dieses Schicksal teilen werden, speziell auch, weil es in den Regalen immer enger wird. Deshalb sollten Markenführung und Vertrieb noch viel besser zusammenarbeiten, speziell auch wenn es um das Thema „Markenpositionierung am Point of Sale“ geht. Hier wird aus meiner Warte immer noch sehr viel Potenzial sträflich liegengelassen. Viele Unternehmen verstehen immer noch nicht, dass der Point of Sale nicht nur Vertriebsfläche sondern auch Werbefläche darstellt, die man unbedingt nutzen sollte.

      Beste Grüße nach Salzburg

      Michael Brandtner

  2. Chris Landmann schreibt:

    Vielleicht sollten sich Unternehmen auch einfach damit abfinden, daß Marken leben und irgendwann sterben und statt kostspieliger, um Ende unrentabler Lebenserhaltungsmaßnahmen lieber in neue Marken (Kategorien) investieren.

    Gruß,

    Chris Landmann

  3. Christian Taucher schreibt:

    Zu Niemetz muss man schon sagen, dass das Unternehmen Ihre Marke in den letzten 20 (!) Jahren sträflich vernachlässigt hat. Da gab es keine Kommunikation, keine Werbung, keine Promotion, keine Innovation, nichts Wahrnehmbares. Irgendwann ist es dann halt aus.
    Die haben jeglichen Trend verschlafen (Schokolade, kleinere Einheiten, kleinere Produkte – siehe Celebrations, Umwelt, Fair Trade, Ernährung generell etc.)
    Die sog. Traditionsmarken sind irgendwie besonders gefährdet, sich irgendwann zu überleben, weil die Eigentümer keine Innovationen ( die natürlich zur Marke passen müssen) zulassen.

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