Suggestive Marktführerschaft nutzen oder eine psychologische Schlüsselstrategie für clevere Herausforderer

In immer mehr Märkten verlieren die Kunden den Überblick. Zu viele Produkte und Dienstleistungen, zu viele Unternehmen und Marken, viel zu viel Marketinglärm, sprich Kommunikation in allen möglichen Formen und Kanälen. All dies führt in immer mehr Fällen dazu, dass die Kunden – wie erwähnt – nicht nur den Überblick verlieren, sondern auch immer öfter dieses Überangebot als „austauschbar“ wahrnehmen.

Ersatzkriterien suchen und finden

Nur genau dadurch verlieren Marken generell als Auswahlkriterium für die Kunden an Kraft. Wenn man die dargebotenen Marken als gleichwertig und austauschbar wahrnimmt, dann braucht unser Gehirn andere Entscheidungskriterien. Dazu sollten wir uns fünf typische Ersatzkriterien einmal ansehen:

(1) Rankings: Um den Überblick in überfüllten Märkten wieder zu finden, liebt unser Gehirn Rankings oder Hitparaden. Oft entstehen so auch in Branchen die „Großen Sechs“ oder die „Großen Vier“. Nehmen Sie etwa die Welt der großen Wirtschaftstreuhänder! Hier waren Mitte der 1990er Jahre die Big Six KPMG, Ernst & Young, Arthur Anderson, Coopers & Lybrand, Deloitte & Touche und Price Waterhouse nach weltweiten Umsätzen. Heute sind es die Big Four, nämlich PwC, Deloitte, EY und KPMG. In der Welt der Aufzüge sind global diese Big Four Otis, Kone, Schindler und TKE. In Deutschland spricht man von den Großen Sechs, nämlich die vier bereits Genannten plus S+ und OSMA.

(2) Leadprodukte: Wenn Unternehmen viele Produkte und Dienstleistungen unter einem Markennamen anbieten, dann kann ein Produkt mit einer wahrgenommenen Führungsposition den großen Unterschied ausmachen. So gesehen haben iPod, iPhone, iPad und iTunes für Apple mehr gemacht als umgekehrt. Das gilt natürlich auch für das Galaxy von Samsung. In Österreich nutzten die Erste Bank und Sparkassen diesen Ansatz mit der Marke George. So positionierte man das hauseigene Online-Banking unter dem Markennamen George als das modernste Banking Österreichs. (Der psychologisch wichtige Punkt dabei: Alleine durch die Namensgebung bekam dieses Banking eine mentale Sonderstellung.)

(3) Themenführerschaft: Manchmal genügt es auch, dass ein Unternehmen als der Themenführer in der Branche oder in einem bestimmten Bereich wahrgenommen wird. Deshalb ist es oft so wichtig, dass der Gründer oder CEO aktiv für das Unternehmen im Sinne der Branche spricht. Wahrgenommene Themenführerschaft kann so zu tatsächlicher Marktführerschaft führen. So konnte Liqui Moli in Deutschland massiv an Sichtbarkeit und an Marktanteilen gewinnen, als der frühere Geschäftsführer Ernst Prost aktiv für die Marke und den deutschen Standort in PR und Werbung eintrat. Viele Marken verkaufen sich heute mit Sicherheit unter ihrem Wert und Potenzial, weil man nicht den eigenen CEO und damit das volle Medienpotenzial nutzt.

(4) Visuelle Marktführerschaft: Im Januar dieses Jahres veröffentlichte Brand Finance wieder die wertvollsten Marken dieser Erde. Dabei stieg die Deutsche Telekom mit einem Wert von 73,3 Milliarden US-Dollar nicht nur in die Top 10 ein, sondern ist heute auch die wertvollste Telekommunikationsmarke dieser Erde. Ein wesentlicher Grund dafür ist mit Sicherheit die Farbe Magenta. So unterschätzen leider immer noch viele Manager und Markenverantwortliche die Macht der visuellen Marktführerschaft, egal ob im Internet, am Point of Sale oder auch auf der Straße. Wer visuell als größer und dominanter wahrgenommen wird, hat einen großen Vorteil in einer austauschbaren Welt.

(5) Der Preis: Das aus Markensicht gefährlichste Ausweichkriterium, das gerade jetzt wieder in Krisenzeiten topaktuell ist, ist natürlich der tiefe Preis. Aus Kundensicht wiederum ist es das mit Abstand einfachste Auswahlkriterium. Denn wenn man alles als gleich oder ähnlich wahrnimmt, nimmt man das Günstigere oder oft besser noch das Produkt, das gerade wieder einmal in Aktion ist.

Eine neue „suggestive“ Ordnung einführen

Wie sieht es in Ihrem Markt aus? Wie geordnet oder auch ungeordnet ist Ihr Markt aus Markensicht, also aus Sicht der Kundenwahrnehmung? Wie sehr greifen Kunden auf die fünf oben genannten Ersatzkriterien, vor allem auf den Preis zurück? Je ungeordneter und unübersichtlicher der Markt aus Kundensicht ist, desto eher sollten Sie selbst eine Strategie der suggestiven Marktführerschaft ins Auge fassen. Wie man es machen kann, zeigte perfekt eine amerikanische PR-Agentur um die Jahrtausendwende vor.

Damals war Edelman PR die fünftgrößte PR-Agentur in den USA. Das ist aus Positionierungssicht maximal die fünftbeste Position, die man haben kann. Aber bei Edelman erkannte man, dass man die größte Eigentümer-geführte PR-Agentur war. Die anderen vier Agenturen in den Top 5 waren Netzwerkagenturen. Mit dieser Idee „Eigentümer-geführt“ baute man sich eine eigene mentale Marktführerschaft als Basis auf.

Damit stieg man zuerst zur führenden PR-Agentur in den USA auf. Heute ist Edelman sogar die größte PR-Agentur der Welt. Was Edelman dabei – mental gesehen – sehr entgegenkam, war, dass sich niemand anderer als die größte PR-Agentur der Welt „outete“. Damit entstand der mentale Eindruck, dass es mehrere große PR-Agenturen, aber nur einen Marktführer, nämlich Edelman gab. Dazu kam, dass der CEO Richard Edelman auch aktiv die Sprecherrolle übernahm. Dies verstärkte noch einmal den Eindruck, dass Edelman die eine führende PR-Agentur ist.

Suggestive Marktführerschaft nutzen

Wichtig dabei ist, dass man es schafft, selbst einen Nr. 1-Anspruch zu formulieren. Dies kann man etwa wie Edelman machen, indem man sich über die Eigentumsverhältnisse positioniert. Dies kann man wie XXXLutz machen, indem man als Startpunkt einen Standort als Nr. 1 positioniert. Dies kann man etwa aber auch erreichen, indem man eine gewisse Kategorisierung oder Zutat schafft, in der man die Nr. 1 in der Branche ist. Aber eines ist klar: Das Konzept der suggestiven Marktführerschaft wird im Wettbewerb des 21. Jahrhunderts klar an Bedeutung gewinnen.

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