Gefährliches Wunschkonzert oder der Multi-Channel-Spagat von Media-Markt

„Das Leben ist ein Wunschkonzert“, tönt es auf der österreichischen Web-Site von Media-Markt. Nur zurzeit dürfte das nicht auf Media-Markt selbst zutreffen. So vermeldete die Lebensmittelzeitung vom 20. April 2012, dass Media-Markt im Januar in Deutschland ein Umsatzminus von wenigstens 10 Prozent eingefahren hatte. Die Gründe dafür sollen laut Experten der Verzicht auf die Aktionswerbung und die neue Online-Strategie sein. Gerade diese neue Multi-Channel-Strategie könnte für Media-Markt zum dauerhaften Rohrkrepierer werden.

Noch vor 10 Jahren war der Handel generell von zwei zentralen Trends oder Entwicklungen geprägt. Trend Nr. 1: Die Großen fressen die Kleinen. Trend Nr. 2: Zwei Große bleiben übrig. Es war die Ära der sogenannten Category-Killers. So haben wir heute in vielen Kategorien zwei dominante Marktführer und den Rest des Feldes. Das galt vor allem auch für das Duo Media-Markt und Saturn. Nur seit ca. 15 Jahren tauchte ein neuer Vertriebsweg auf, der zuerst zaghaft, aber jetzt umso vehementer „Unruhe“ in dieses System bringt, nämlich das Internet. So punkteten beide Ketten bisher vor allem a) mit aggressiver Preiswerbung rund um Ideen wie „Ich bin doch nicht blöd“ bzw. „Geiz ist geil“ und b) mit der großen Auswahl.

Der doppelte Fluch des Internets

Nur genau aus diesem Grund ist das Internet ein doppelter Fluch für Media-Markt und natürlich auch für die Schwestermarke Saturn. Denn das sind exakt auch die Stärken des Online-Handels. So steht das Internet für grenzenlose Auswahl und grenzenlose Preistransparenz. Dazu kommen aber noch zwei erschwerende Faktoren: Faktor 1: Der Handel hat in den letzten Jahren die Kunden generell massiv zu Preiskäufern erzogen. Faktor 2: Man hat die Kunden auch massiv zum Selbstservice erzogen.

Verstärkt wird dies noch einmal dadurch, dass speziell Computer, deren Peripheriegeräte und natürlich die Unterhaltungselektronik generell perfekt Internethandels-tauglich sind. Nur bei Büchern, Musik und bei Filmen ist das Internet noch besser geeignet, da es hier letztendlich einmal rein nur mehr um Content gehen wird. (So musste auch Blockbuster 2010 in den USA Konkurs anmelden.)

Erfolgslogik mit Nebenwirkungen

Auf den ersten Blick war und ist es daher nur logisch, dass Media-Markt heute doppelt reagiert: (1) Man will neben den Filialen den Online-Handel forcieren, um den Kunden in Kombination das Beste aus beiden Welten zu bieten. (2) Man will die aktionsgetriebene Preiswerbung reduzieren. Nur genau das könnte langfristig gesehen doppelt die falsche Reaktion sein, weil man a) so den Vertriebsweg Internet selbst noch wichtiger macht, und weil man b) genau den Bereich vernachlässigt, bei dem man aus Kundensicht bisher gepunktet hat.

Speziell das Erstere ist etwa heute auch das Problem von Thalia. Je mehr der Buchhandel sich ins Internet bewegt, egal ob durch Amazon oder durch Thalia selbst, desto geringer wird die Flächenproduktivität von Thalia. So wird auch immer wieder spekuliert, ob sich der Mutterkonzern Douglas von seiner Tochter Thalia trennen will und wird.

Gefährliches Wunschkonzert

Aus dieser Perspektive betrachtet könnte diese „Wunschkonzert“- oder „Multi-Channel“-Strategie sogar die Probleme vom Media-Markt verschärfen. Media-Markt müsste heute alles tun, um für die eigene Fläche zu kämpfen. Denn wenn man selbst das Internet forciert, wird man wahrscheinlich die eigene Flächenproduktivität (auf Dauer massiv) senken. Aus Sicht des Metro-Konzerns sieht die Sache anders aus. Dieser muss unbedingt Redcoon ohne Rücksicht auf Media-Markt und Saturn forcieren, um auf alle Fälle einen potentiellen Sieger im Haus zu haben. Sonst könnte man u. U. nur mit zwei Verlierern dastehen. Dies sollten auch alle anderen bedenken, die eine Hybrid- bzw. Multi-Channel-Strategie als ihre große Zukunft sehen.

PS dazu: Von einer Multichannel-Strategie können daher kleine innovative Händler vielmehr profitieren als die großen bestehenden Flächenanbieter, denn diese senken bei Erfolg massiv ihre eigene Flächenproduktivität. Anders etwa Blue Tomato! Blue Tomato war früher einmal ein kleines Snowboard-Geschäft in Schladming. Dann ging man als erster Onlinehändler speziell für Snowboards auch online in den Verkauf. Heute ist Blue Tomato Europas Nr. 1 beim Onlinevertrieb von Snow- und Surfboards. Fazit: Gerade die „Flächenkaiser“ von heute könnten in vielen Handelsbereichen die großen Verlierer von morgen sein.

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