Elektroautos haben die Welt, vor allem die mediale Welt offline und online erobert. Egal ob in Automobilfachmedien, in den Tageszeitungen, im Fernsehen, im Internet, in den Wirtschaftsmedien oder auch in den Technologiemedien wird dieses Thema immer öfter und immer ausführlicher behandelt. Wenn man „Elektroauto“ bei Google eingibt, erhält man knapp über eine Million Treffer, bei „Hybridauto“ sind es nur knapp über 200.000. Elektroautos sind online und offline ein Riesenthema.
Die Zeit der Publicity
Nur wenn man sich die aktuellen Verkaufszahlen (Stand 2014) weltweit ansieht, dann sind Elektroautos immer noch eine Supersupernische. So wurden laut der Tageszeitung Der Standard letztes Jahr 74,9 Millionen PKWs weltweit verkauft. Rund 345.000 davon war reine E-Autos. Dabei war der Nissan Leaf mit 57.000 Stück global die Nr. 1, gefolgt vom Tesla Model S mit 28.000, dem BMW i3 mit 16.052, dem Renault Zoe mit 12.739 und dem VW e-up! mit 11.000 Stück.
Ein ähnliches Bild hat man aktuell bei den Essgewohnheiten. Wenn es nach dem Medienhype geht, müsste man glauben, dass sich schon ein großer Anteil der Bevölkerung vegetarisch oder vegan ernährt. Aber auch hier hinkt die Realität dem Medienbild klar hinterher. So hieß es am 12. Mai 2014 auf Welt.de: „Deutschland nimmt Abschied vom Fleisch“. Und weiter: „Die Zahl der überzeugten Vegetarier, die konsequent auf Fleisch und Fisch verzichten, nimmt stetig zu. Ihr Anteil an der Bevölkerung hat sich nach aktuellen Angaben des Bundesernährungsministeriums in kurzer Zeit verdoppelt – von einem Prozent im Jahr 2007 auf heute zwei Prozent.“ Auch wenn andere Zahlen bereits von bis zu 7 Millionen Vegetariern, davon etwa 800.000 Veganer sprechen, ist Deutschland immer noch ein Fleisch- und Wurstland, das sich noch lange nicht vom Fleisch verabschiedet hat.
Die zwei Phasen der PR
Aber warum ist das so? Die Antwort darauf ist einfach: Weil die Medien von Nachrichten, also von Neuigkeiten leben. Elektroautos sind neu und anders. Der Trend zum Vegetarier und Veganer ist neu und anders. Das trifft genauso auch auf Produktkategorien zu.
Nehmen Sie etwa den Computer- bzw. Mobiltelefonmarkt: In den 1980er Jahren war der PC im Mittelpunkt des Medieninteresses. In den 1990er Jahren waren Notebooks und Mobiltelefone das heiße Thema. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts waren es Suchmaschinen, Smartphones und Tablets. Aktuell sind es Smartwatches.
Natürlich überschneiden sich dieses Phasen, da jede Produktkategorie, wenn sie sich durchsetzt, zwei PR-Phasen hat. Phase 1: Die Produktkategorie ist neu und anders. Phase 2: Die Produktkategorie bzw. die Unternehmen in der Produktkategorie werden enorm erfolgreich. Genau über diese beiden Themen wollen Medien berichten.
Die Phasen optimal nutzen
Deshalb sollte man aus Markensicht bei der Einführung eines neuen Produktes in drei Phasen denken. Die ersten beiden Phasen sollten dabei aus PR-Sicht strategisch entwickelt werden. Nehmen Sie Tesla! Mit enormer PR, weil die Produktkategorie und die Marke neu sind, schaffte es Tesla als die Elektroautomarke schlechthin wahrgenommen zu werden. Dazu trug auch der Mitbewerb bei, weil alle anderen, wie auch die Top 5 zeigen, ihre bestehenden Marken dehnten, statt eine neue zu bauen. Ein neues Modell unter einer bestehenden Marke wird dauerhaft nie die Kraft wie eine neue Marke in einer neuen Kategorie entwickeln.
Tesla ist also aktuell in der ersten PR-Phase. Wenn Tesla enorm erfolgreich werden sollte, wird die Marke in die zweite PR-Phase wechseln. In dieser Phase wird es dann um die Erfolgsgeschichte von Tesla gehen. Wenn diese Phase dann nachlässt, weil schon jedes Medium darüber berichtet hat, wird Tesla in die Werbephase wechseln müssen, um den eigenen Erfolg und die eigene Marktposition abzusichern und weiter auszubauen.
Nur statt Markenprogramme in diesen drei Phasen aufzubauen, versuchen immer noch viele Unternehmen gleich mit Werbung zu starten. Keine gute Idee! So geben aus unserer Warte viele Unternehmen in den beiden PR-Phasen viel zu viel (und meist doch zu wenig) Geld für Werbung aus, statt das PR-Potenzial voll zu nutzen. Gleichzeitig geben viele Unternehmen in der Werbephase viel zu wenig Geld für Werbung aus, weil man dafür – meist kurz- und mittelfristig betrachtet – nicht die Notwendigkeit sieht. In welcher Phase ist Ihre Marke? Und gehen Sie damit phasengerecht um? Es ist Ihre Entscheidung!
Literaturtipp: Ries, Al und Laura Ries: The Fall of Advertising and The Rise of PR, HarperBusiness 2002
Mich würde deine Einschätzung zu Teslas Schritt in die Haustechnik (Stichwort „Powerwall“) interessieren. Ein PR Gag? Oder der Weg zu einem diversifizierten Konzern? Wieviele Wachstumsmärkte kann man gleichzeitig bedienen, ohne an (Management) Ressourcenmangel zu leiden? Was verträgt eine Marke dabei, ohne sie zu verwässern?
BMW ist nicht auf Autos fokussiert, sondern auf Fahrfreude. Audi ist nicht auf Autos fokussiert, sondern auf Technik. Mercedes steht für Prestige, Porsche für Sportwagen. VW in Europa für die breite Masse, Hyundai und Kia für günstig. Wenn sich der Markt für Elektronautos entwickelt, wird sich auch dieser segmentieren. Daher sollte Tesla schon heute den Fokus verengen und nicht erweitern.
Liebe Grüße
Michael
Du redest von Spezialisierung als Elektro-Automarke und Tesla steigt in einen völlig anderen Markt ein. So als würde BMW auf einmal Rasenmäher bauen, weil da auch ein Motor drin ist. Das ist genau das was ich meine, dass man so nicht fokussiert ist. Oder halt nur PR geil.
Tesla sollte einmal schauen, dass man im ausgewählten Segment bei Elektroautos Weltmarktführer wird. Das erfordert wahrscheinlich genügend Energie und Fokus. Wenn man Weltmarktführer ist, kann man u. U. überlegen, ob man auch in neue Märkte mit vielleicht einer neuen eigenen Marke geht. Google war nicht die erste Suchmaschine, aber alle anderen Suchmaschinen vorher haben sich verzettelt. Heißt: Tesla sollte erst einmal fokussiert Weltmarktführer werden.