Letzte Woche verkündete Hillary Clinton, dass sie die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika werden möchte. Gleichzeitig präsentierte sie ihr neues Logo, ein blaues H mit einem roten Pfeil, der nach rechts zeigt. Mit Sicherheit war dieses Logo online und offline das meistdiskutierte Logo der letzten Woche, wobei das Urteil bis auf wenige Ausnahmen meist negativ ausfiel.
Das Logo isoliert betrachtet
So kritisierten die einen, dass es zu einfach wäre, während einige wenige es sogar für diese Einfachheit lobten. Nur aus Markensicht ist es gar nicht so einfach. Es besteht aus einem Buchstaben, nämlich H und einem Symbol, dem Pfeil und hat zudem zwei Farben, nämlich blau und rot.
Das ist bei weitem nicht so einfach und effektiv wie etwa das Rote Kreuz, der Mercedes-Stern, der Swoosh von Nike oder wie die goldenen Bögen von McDonald`s. Zudem wirkt es aufgrund des Pfeils und der kantigen Form extrem hart, was wenig zur neuen „weiblichen“ Botschaft von Hillary Clinton passt. So will sie sich in diesem Wahlkampf weniger hart und viel volksnäher als bisher präsentieren.
Das Logo im Kontext betrachtet
Aber viel wichtiger als das Aussehen eines Logos sollte die Botschaft des Logos sein. Damit kommen wir zur wirklich entscheidenden Frage: Was soll dieses Logo den Wähler und Wählerinnen in den USA erzählen, außer dass es das Logo von Hillary Clinton ist?
Genau hier sind wir beim entscheidenden Punkt: Ein Logo sollte immer zur Positionierung einer Marke passen. Wie aber lautet die Positionierung bzw. die verbale Botschaft von Hillary Clinton? Das steht anscheinend noch nicht so richtig fest. Nur genau das sollte nicht sein. Denn ein Logo sollte visuell im Sinne eines visuellen Hammers die Positionierung verstärken.
Obama versus Hillary
Als Obama vor 8 Jahren im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur gegen Hillary Clinton antrat, hatte er von Anfang an eine klare verbale Botschaft mit dem Wort „Change“. „Change we can believe in“ wurde offline und online zum Schlachtruf. Und die Masse antwortete: „Yes, we can.“ Das visuelle Symbol dazu war eine abgewandelte aufgehende Sonne, um diesen Wandel zu symbolisieren. Vor vier Jahren setzte Obama dann auf „Forward“ als Schlachtruf, aber behielt klugerweise sein visuelles Symbol bei.
Genau hier liegt, wie bereits erwähnt, das Problem von Hillary Clinton. Ihr fehlt dieses eine Schlagwort, mit dem sie sich für diesen Wahlkampf klar positioniert. Dabei hat sie es natürlich am schwersten von allen potenziellen Kandidaten, da Sie als Außenministerin ein sehr aktiver Teil der Ära Obama war. So gesehen hat sie drei grundlegende Positionierungsmöglichkeiten: (1) Sie könnte den Kurs von Obama fortsetzen. (2) Sie könnte an der Ära Bill Clinton anknüpfen. (3) Sie könnte versuchen, sich von Obama und Bill Clinton mit einer extrem eigenen Positionierung zu emanzipieren.
Zuerst der verbale Nagel, dann der visuelle Hammer
Nur genau diese verbale Positionierungsentscheidung hätte Hillary zuerst treffen sollen. Variante 1 kommt dabei wahrscheinlich nicht in Frage, da sich viele Amerikaner jetzt einen Wandel weg von Obama wünschen. Variante 2 hätte sicher Fans, aber ob es für die Mehrheit reichen würde, ist mehr als fraglich. Variante 3 wäre wahrscheinlich die beste Variante, wenn Hillary Clinton nicht Außenministerin unter Obama gewesen wäre.
Was aktuell noch erschwerend hinzu kommt, ist, dass sich Hillary Clinton – wahrscheinlich aufgrund von Imageanalysen und Beraterempfehlungen – als eine Art „Mutter der Nation“ positionieren möchte, also viel femininer und weiblicher als bisher, was klar im Gegensatz zu ihrem aktuellen Image und vor allem auch zu diesem harten Logo steht. Vielleicht wäre eine Positionierung in Richtung „A strong woman for a strong America“ besser gewesen, um dann ein visuelles Bild zu finden, das diese verbale Botschaft hämmert und mit Emotion und Glaubwürdigkeit füllt. Ganz klar im Sinne von unserem eBook „Visueller Hammer“: Zuerst der verbale Nagel, also die verbale Botschaft und erst dann der visuelle Hammer, also das Schlüsselbild.
Literaturtipp: Ries, Laura mit Michael Brandtner: Visueller Hammer, eBook, Kindle Edition 2013
Der neue Slogan von Hillary Clinton (“Everyday Americans need a champion. I want to be that champion”) ist – aus Positionierungssicht – eine Katastrophe!
Wie man es an den besten US-Unis lernen kann, ist der grundlegende Ansatz der Positionierung nicht, etwas Neues und völlig Anderes für eine Person (oder ein Unternehmen) zu erfinden, sondern mit dem zu arbeiten, was bereits im Gedächtnis gespeichert ist – und genau dort anzudocken. Das erste Automobil wurde in England “horseless carriage“, also “Kutsche ohne Pferd“ genannt, ein Name, der es der Bevölkerung ermöglichte, dieses Konzept gegenüber dem bisher gängigen Transportmittel zu verstehen.
Hillary Clinton dockt also an den Begriff “Everyday Americans“ an? So etwas zu versuchen und zu tun widerspricht allen Erkenntnissen der Markenwissenschaft. “She is about as far away from the experiences of everyday Americans as the Queen of England“, spöttelte Ihre Kollegin Laura dazu.
Ja, Herr Brandtner, Ihr Vorschlag “A strong woman for a strong America“ geht in eine viel bessere Richtung.