Der größte Feind im Stadtmarketing und die (meist ungenutzte) Macht der Fokussierung

„Rieder Hauptplatz: 200 Schritte, 150 Meter, 16 Leerstände“. Das war vor kurzem eine Headline in den Oberösterreichischen Nachrichten. Beim Lesen dieser musste ich an einen Vortrag denken, den ich im Mai 2012 in Ried halten durfte. Der damalige Titel lautete: „Erfolgsfaktor Marke: Wie Städte und Unternehmen die erste Wahl in den Köpfen der Kunden werden“.

Die zwei zentralen Einstiegsfragen

Diesen Vortrag startete ich mit zwei zentralen Einstiegsfragen, nämlich:

(1) Was ist heute die größte Herausforderung generell im Marketing?

(2) Was ist der größte Feind eines erfolgreichen Stadtmarketings?

Die erste Frage ist dabei – damals wie heute – relativ einfach zu beantworten. Es ist die über-überkommunizierte Gesellschaft. Wir leben in einer Welt des Überflusses, die sich natürlich auch in der Kommunikation, egal ob analog oder digital widerspiegelt. Immer mehr wird gesendet und immer mehr geht einfach sang- und klanglos in diesem Mediengewitter unter.

Schwieriger wird es bei der zweiten Frage. Wer oder was ist jetzt wirklich der größte Feind des erfolgreichen Stadtmarketings? Meine Antwort damals: „Das leere Geschäft nebenan.“ Dann folgte noch eine Frage, nämlich: Wer oder was ist der noch größere Feind im erfolgreichen Stadtmarketing? Meine Antwort: „Zwei leere Geschäfte nebenan.“

Erfolg zieht Erfolg an

In vielen Stadtmarketing-Meetings geht es leider immer wieder vor allem und zuerst um Eigeninteressen, speziell darum, ob auch die eigene Branche, das eigene Geschäft genügend Platz in der Marketingkampagne der Stadt bekommt. Erst danach kommt der gemeinsame Erfolg. Nur genau das ist ein schwerer Fehler. Warum? Denn genau dadurch bleiben oft wirklich starke Ideen auf der Strecke. Statt wirklich die eine starke Idee für die Stadt zu finden, einigt man sich letztendlich auf eine Idee, mit der jede und jeder leben kann.

Wofür etwa steht die Stadt Ried? Die offizielle Antwort: „Treffpunkt Ried“. Dazu heißt es etwa aktuell: „#willkommenzuhause in Ried: wo die Schwanthaler einst Kunst und Kultur ihrer Zeit prägten, wo Weltmarktführer ihren Ursprung haben, wo sich bunte Bürgerhäuser auf breiten Plätzen aneinander reihen, wo sich die Metropole des Innviertels ihren Namen als Einkaufs- und Messestadt verdient hat, wo es vieles zu entdecken gibt! Machen Sie sich am besten selbst ein Bild davon! – Herzlich willkommen!“ Aber ist das wirklich die stärkste Idee, um diese Stadt zu positionieren?

Von Plachutta lernen

Wofür steht Plachutta in Wien sehr erfolgreich? Sicher nicht nur ein Statement wie: „#willkommenzumessen bei Plachutta. Wo sich Wiener Kultur und gutes Essen in gepflegter Atmosphäre treffen, wo Geschäftsessen, Feierlichkeiten und Familientreffen auf guten Geschmack treffen. Das ist das Wiener Restaurant, wo es vieles zu genießen und entdecken gibt. Machen Sie sich am besten selbst ein Bild davon! – Herzlich willkommen!“

Die wahre Stärke von Plachutta ist nicht irgendein Marketing-Bla-Bla, sondern natürlich die Tafelspitz-Position in der Wahrnehmung der Kunden. Dieser Fokus auf ein Gericht macht die Marke Plachutta aus, obwohl natürlich die Speisekarte selbst sehr viel umfangreicher ist.

Was könnte dieser „Tafelspitz“ für Ried sein? Das war damals meine zentrale Frage in dem oben erwähnten Vortrag. Nur genau die eine Antwort auf diese Frage zu finden, ist sehr viel schwieriger als ein nettes Marketing-Statement zu formulieren, das irgendwie alle intern und extern anspricht, aber dementsprechend nie seine volle Kraft entwickeln kann.

Meine Antwort damals für Ried war klar. Ried sollte sich als „Die Modestadt Nr. 1 im Innviertel“ positionieren. So hat etwa auch in Bezug auf Frequenz das Modehaus Garhammer für Waldkirchen mehr getan als Waldkirchen für das Modehaus Garhammer. Nur genau so eine Idee mit einem engen Fokus hat in der Regel keine Chance, weil alle dagegen sind, die nichts mit Mode zu tun haben. Schade, denn entscheidend für eine Stadt ist die Frequenz und nicht, ob sich alle Geschäftsleute in der frequenzbringenden Idee wiederfinden.

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1 Response to Der größte Feind im Stadtmarketing und die (meist ungenutzte) Macht der Fokussierung

  1. Avatar von Prom Wallinger Prom Wallinger sagt:

    Ihr Satz zu ‚Garhammer‘ und ‚Walding‘ ist interessant.

    In unserer Region Saar-Lor-Lux gibt es etwas Vergleichbares.

    Zitat:

    „Das Fashion Outlet Center Zweibrücken hat mehr für die Stadt Zweibrücken getan…
    als Zweibrücken für das Fashion Outlet Center“

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