Die Pepsi-Lektion: Oder was eine Nr. 2 nie tun sollte

Anfang/Mitte der 1980er Jahre war Pepsi-Cola der Schrecken von Coca-Cola. So lag damals Pepsi in den US-Supermärkten umsatzmäßig sogar vor dem Original Coca-Cola. Heute sieht alles anders aus. So vermeldete Advertising Age am Freitag, den 18. März 2011, dass Pepsi-Cola im Jahr 2010 den zweiten Platz bei Softdrinks an Diet Coke verloren hat. Wie kann das sein? Das hat vier Gründe:

Grund 1: Zu viele Varianten

Wenn man heute einen starken Marktführer angreift, macht es keinen Sinn, die eigenen Mittel auf zu viele Produkte zu verteilen. Damit verzettelt man sich nicht nur, man verwirrt die Kunden und man verteilt selbst die Kunden auf zu viele Produkte. Nur genau das machte und macht Pepsi-Cola: So gibt es heute in den USA Pepsi-Cola, Diet Pepsi, Diet Pepsi Lime, Diet Pepsi Vanilla, Diet Pepsi Wild Cherry, Pepsi Max, Caffeine Free Pepsi, Pepsi Natural, Pepsi One, Pepsi Throwback, Caffeine Free Diet Pepsi und Pepsi Wild Cherry. (Daneben wurden viele Flops wie etwa Crystal Pepsi längst wieder eingestellt.) Wer seine Kunden auf so viele Produkte verteilt, darf sich nicht wundern, wenn das eigene Flagschiff verliert. Was für einen Marktführer gefährlich sein kann, ist in der Regel für einen Nicht-Marktführer tödlich. So verliert auch Coke Classic an Diet Coke und Coke Classic und Diet Coke an Coke Zero. (Mehr dazu später!)

Grund 2: Der Trend zu „Light“, „Diet“ und „Zero“

Verstärkt wird das Ganze noch dadurch, dass es einen klaren Trend in den USA bei Getränken und vor allem auch bei Softdrinks zu Light, Diet und Zero gibt. Und in diesem Bereich ist die Marke Coca-Cola mit Diet Coke und Coke Zero bedeutend stärker aufgestellt als die Marke Pepsi-Cola. Bei Bier etwa ist es bereits so, dass Bud Light mittlerweile das reguläre Budweiser auf den zweiten Platz verwiesen hat. Auch hier ist die ehemalige Nummer 2, nämlich Miller Beer mit unzähligen Sorten und Varianten der große Verlierer. (Dabei war Miller Lite einmal das meistverkaufte Light-Bier in den USA.)

Grund 3: Keine klare Positionierung und Werbelinie

Das „Markenchaos“ bei Pepsi-Cola wird noch dadurch verstärkt, dass man keine klare Positionierung mehr hat. So lautet der aktuelle Pepsi-Cola-Slogan „It’s the cola“. Moment einmal: Wenn Sie an „Das ist das Cola“ denken, denken Sie automatisch an Coca-Cola. Denn nur Coca-Cola ist das Cola. In den 1980er Jahren positionierte sich Pepsi als „Choice of a new generation“ perfekt als die Alternative zum „alten“ Cola, also zu Coca-Cola. Das ist die beste Strategie für eine Nummer 2, sich nämlich als die Alternative zu positionieren. Damit implizierte man, dass Coke für alte Menschen sei und Pepsi für die jüngere Generation.

Grund 4: Das neue Pepsi-Design

Zusätzlich verunsicherte Pepsi die Kunden noch mehr, weil man kürzlich das Logo und das Produktdesign massiv veränderte. Der Grund dafür ist die Pepsi-Chefin Indra Nooyi, die folgende Devise im Unternehmen ausgab: „Every five or seven years, you’ve got to change out the approach to the brand, because you need a new boost of energy to think about the next iteration.” Das ist keine gute Idee aus Markensicht, denn Marken leben von ihrer Konstanz. Marlboro ist seit den 1950er Jahren „Cowboy“ und „Marlboro-Country“. BMW steht seit über 40 Jahren für „(Aus) Freude am Fahren“. Red Bull ist seit 1987 der Original-Energydrink, der Flügel verleiht. Geox ist seit 1995 der Schuh, der atmet. Diese Kundenverunsicherung spiegelt sich auch in den Zahlen wider. So gewann Diet Coke nicht, weil man stärker wuchs als Pepsi-Cola, sondern weil man weniger verlor. Der Umsatz von Diet Coke fiel 2010 um 1 Prozent (Coke Zero lässt grüßen!), der Umsatz von Pepsi-Cola um 4,8 Prozent.

Die wahren Sieger

So gesehen war 2010 in den USA weder für Coca-Cola noch für Pepsi-Cola ein gutes Jahr. Der Gesamtcolakonsum fiel um 0,8 Prozent. Damit sind Colas in den USA seit ca. 10 Jahren rückläufig und das trotz oder besser wegen aller Produktinnovationen, die beide Konzerne bringen, um doch wieder auf Wachstumskurs zu kommen. Die Marke Coca-Cola verlor 0,5 Prozent, Diet Coke 1 Prozent und Coke Zero wuchs 17,5 Prozent. In Summe verlor Coca-Cola im Limonadenmarkt 0,5 Prozent (Die Kannibalisierung lässt grüßen.) PepsiCo verlor in Summe 2,6 Prozent. (Zahlenquelle: BMC Beverage Marketing Coprporation). Die wahren Sieger im Jahr 2010 waren Mountain Dew, Dr. Pepper und Sprite. Diese gewannen nicht nur Marktanteile, sondern konnten auch an Volumen zulegen. Coca-Cola gewann zwar Marktanteile, verlor aber an Volumen. Pepsi-Cola verlor Marktanteile und Volumen. Fazit: Pepsi hat nachhaltig als Nummer 2 seine Herausfordererposition aufgegeben. Das ist ein schwerer Fehler. Wenn Pepsi wieder punkten will, muss man wieder aktiv die Gegenrolle zu Coke einnehmen. Dazu gehört auch, dass man das Produktportfolio wieder refokussiert. Der Angriff auf breiter Front ist für eine Nummer 2 immer fatal. Hier wird es auch speziell darum gehen, wie man mit dem Trend zu Diet, Light and Zero umgeht.

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4 Antworten zu Die Pepsi-Lektion: Oder was eine Nr. 2 nie tun sollte

  1. Die Marke Pepsi hatte durch den Pepsitest in den 70ér/80ér Jahren mit dem „besten Colageschmack“ so sehr an Boden gewonnen, daß Coca-Cola versuchte, einen neuen Coke-Geschmack auf den Markt zu bringen, was zu ungeahnten Meutereien der Verbraucherschaft führte. Innerhalb kurzer Zeit war die Coke Classic mit altem Geschmack wieder da. Ein Markendesaster aus dem man zumindest gelernt hat.
    Als das vielleicht größte zukünftige Problem für die Markenstärke stellt sich bei Pepsi übrigens die Preispositionierung dar. Schon heute ist PepsiCo von den großen Discountern abhängig. Aktionspreise von teilweise unter 59 Cent für 1,5-Liter befinden sich schon fast auf Handelsmarkenniveau. Somit hat Pepsi das gleiche Problem wie viele starke Marken der letzten Jahrzehnte aus den Bereichen Kaffee, Fruchtgummi, Schokolade u.s.w. vor Augen: Auf Biegen und Brechen wird versucht, durch aggressive Preispolitik und inflationäre Neuheitenflut ohne innovativen Anspruch [kurzfristig] Menge zu machen – leider zu Lasten der Markenzukunft!

  2. Nikola Vanyi schreibt:

    Ein interessanter Artikel von Michael. Allerdings gebe ich zu bedenken – vor allem im Hinblick auf den von Michael empfohlenen Fokus auf wenige Varianten von Produkten – dass hierbei die zweite Distributionsstufe (der Handel) nicht berücksichtigt wurde. Ein variantenreiches Angebot von Produkten ist nicht nur eine Aufteilung der Kunden sondern auch eine Aufteilung des Risikos hinsichtlich Listungen bei den mittlerweile übermächtigen Handelspartnern. Ich denke, dass Variantenreichtum nicht immer falsch ist jedoch – und hier stimme ich Michael zu – innerhalb der Varianten die richtigen Foki der Vermarktung gesetzt werden müssen.

    • michaelbrandtner schreibt:

      Hallo Niko,

      Hängt aus meiner Warte stark von der Produktkategorie ab. Bei Tee zum Beispiel machen sicher viele Varianten Sinn, weil es auch viele Geschmacksrichtungen gibt. Dasselbe mag auch für Kaffee gelten, wobei Illy hier auch das Gegenteil beweist.

      Bei Colas ist aus meiner Warte – wie etwa auch bei Bier -, dass man sich selbst angreift.

      Liebe Grüße und Danke für Deinen Kommentar

      Michael

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