Worum geht es in den meisten Markenstrategie-Workshops? Es geht um die zentralen Markenwerte, es geht um das Thema (kommunikative) Markenpositionierung, es geht um Themen wie Markenrelevanz oder Markenpräferenz. Und am Ende des Tages oder am Ende des Projektes gibt es ein neues zentrales Markenstatement. Aber was ändert sich am Markt, vor allem in den Köpfen der Kunden?
Sich im Kreis drehen
In vielen Fällen (leider) wenig oder sogar gar nichts! Aber warum ist das so? Weil auf den zentralen Aspekt vergessen wird und dieser lautet: mentale Dominanz! Stellen Sie sich vor, Sie wären der oberste Markenverantwortliche von Bing! Sie könnten wahrscheinlich so oft sie wollen, am Markenstatement von Bing arbeiten. Es würde sich wenig ändern, denn Bing steht im mentalen Schatten von Google.
Damit sind wir bei einem extrem wichtigen Punkt: Die meisten Marken-Workshops bzw. auch Markenprojekte enden als reine Markenkosmetik, weil man sich die eine entscheidende Frage nicht stellt, nämlich die: „Mit welcher Idee wollen wir zuerst mental und dann tatsächlich welchen spezifisch ausgewählten Markt dauerhaft dominieren?“
Denn diese Frage geht in der Regel weit über das hinaus, was man bei einem herkömmlichen Marken-Workshop oder auch Markenprojekt überhaupt ansprechen oder in Frage stellen darf. So wird in der Regel das Thema Marke immer nur innerhalb der Unternehmensstrategie abgehandelt.
Marke wirklich ernst nehmen
Nur wenn man das Thema Marke wirklich ernst nimmt, kann man es nicht vom Thema Unternehmensstrategie trennen, denn in vielen Fällen erfordert eine starke Markenstrategie massive Änderungen in der Unternehmensstrategie. Das heißt: Man muss beides integriert sehen. Wer Marke nur auf Themen wie Markenwerte, kommunikative Markenpositionierung, Markenrelevanz und Markenpräferenz reduziert, darf sich nicht wundern, wenn die gewünschten Resultate langfristig ausbleiben.
Was Bing hätte tun können
Was aber könnte Bing zum Beispiel aus strategischer Markensicht tun, um aus dem mentalen Schatten von Google zu kommen? Zuerst einmal muss man die Position von Google als führende Suchmaschine in den Köpfen der Kunden akzeptieren. Dann müsste man überlegen, ob es nicht auch eine andere Art oder besser Kategorie von Suchmaschine geben könnte, um am Markt eine zweite Führungsposition zu etablieren.
Dazu sollte man sich die zweitgrößte Suchmaschine dieser Erde ansehen. Diese steht nicht im Schatten von Google, sondern besitzt ihre gänzlich eigene Führungsposition in den Köpfen der Kunden. Das ist YouTube und steht für „Video“. Google sucht Wörter. YouTube sucht Videos.
Aber zurück zu Bing! Wie könnte Bing eine neue Kategorie und damit eine neue Führungsposition in den Köpfen der Kunden starten? Google wurde unter anderem durch die Idee „PageRank“ groß. So hätte sich Bing als die „TimeRank“-Suchmaschine positionieren können. Dann hätten wir heute u. U. zwei verschiedene Arten von Suchmaschinen und zwei Marktführer. Und man würde je nach Bedarf einmal „googeln“ und dann „bingen“. Nur genau das würde auch die Marke und das Unternehmen Bing massiv verändern. Die Markenstrategie würde in diesem Falle die Unternehmensstrategie diktieren.
Was Opel dringendst tun sollte
Dies sollte man auch bei Opel bedenken. Wenn es Opel nicht bald gelingt, aus dem mentalen Schatten von VW zu kommen, werden alle Bemühungen, die Marke zu retten, scheitern. Nur wie es aussieht, wird genau das nicht passieren. So schrieb am 11. April dieses Jahres die Tageszeitung Der Standard über Opel und die aktuellen Investitionspläne von General Motors (GM): „Mit den angekündigten Investitionen in 23 neue Modelle und 13 neue Motoren will GM in Europa die Wende [für Opel] schaffen.“ Im Herbst 1998 schrieb dieselbe Tageszeitung über Opel: „26 neue Modelle sollen die Marke stärken.“
Damals schrieb ich darauf: „Purer Schwachsinn. Opel braucht nicht mehr Modelle, Opel braucht eine eindeutige Positionierung für die Zukunft und wahrscheinlich weniger, dafür effektivere Modelle.“ Denn was nützen all diese Modelle der Marke Opel im Schauraum, wenn die Menschen beim Autokauf zuerst an andere Marken denken? Antwort: Nichts! Opel braucht heute eine mentale Führungsposition, um diese dann auch in Marktanteile umzusetzen. (Mehr dazu auch in einem meiner nächsten Blog-Beiträge, der sich mit dem Thema Mehr-Marken-Systeme auseinandersetzen wird!)
Genau. Ich fühle mich wieder einmal total verstanden und auch angeregt, geradlinig weiter zu marschieren. Die VAV ist Marktführer im Geschäft mit den Versicherungsmaklern. Sie kennen unseren Anspruch: Dauerhaft günstig, totaler Kundenschutz für den Makler.
Danke sehr für Ihre gescheiten Artikel; sie bestärken mich und bringen uns weiter.
Norbert Griesmayr
Pingback: Hoppla, Dame greift doppelt an – Position und Dynamik im Schach und in der PR | LEWISPR DE