Die Macht der Spezialisierung und zwei Rückblicke

Lenovo hat es geschafft. Laut dem Marktforscher Gartner ist man jetzt im PC-Markt vor dem früheren Langzeitmarktführer Hewlett-Packard die neue weltweite Nr. 1. So hatte Lenovo im zweiten Quartal 2013 in einem rückläufigen PC-Markt 16,7 Prozent Marktanteil, gefolgt von HP mit 16,3. Dann folgt Dell mit 11,8 vor Acer 8,3 und Asus 6,0 Prozent. Wie aber hat es Lenovo geschafft, Hewlett-Packard vom Thron zu stoßen? Dazu sollten wir einen Blick ins Jahr 2012 und einen Blick ins Jahr 2005 werfen.

Rückblick ins Jahr 2012

So schrieb ich am 12. März 2012 hier an dieser Stelle unter dem Titel „Die wichtigste Frage im Marketing“: „Oder vergleichen Sie Hewlett-Packard mit IBM! HP ist heute größer als IBM. Defacto ist HP heute das größte Computerunternehmen der Welt (Eine Art Karstadt der Computerwelt). Aber welchen Markt will HP dominieren? Und mit welcher Idee will HP welchen Markt dominieren? Darauf weiß man bei Hewlett-Packard anscheinend selbst keine Antwort, wie vor allem auch kürzlich der Zickzackkurs im PC-Geschäft zeigte. HP ist heute Hardware-, Software- und Serviceunternehmen. HP ist groß, aber vor allem richtungslos.

Ganz anders IBM! IBM war zwar auch Mitte/Ende der 1980 und Anfang der 1990 Jahre unfokussiert und unorientiert. (Damals war IBM wirklich die Sears oder Karstadt der Computerwelt.) Aber jetzt hat man eine klare Idee mit dem Fokus auf „Service“. IBM ist heute das weltweit führende IT-Service-Unternehmen. Natürlich ist IBM als Marke und auch an der Börse mehr wert als HP und natürlich auch viel profitabler. So muss HP heute befürchten, dass Lenovo Weltmarktführer bei PCs wird. (So hat zwar Lenovo selbst einen extrem schwachen Markennamen und eine extrem schwache Markenstrategie, aber da HP, Dell und Acer markenstrategisch zurzeit noch mehr schwächeln, kann man ruhig auf Lenovo wetten. Markenerfolg ist immer relativ. Immer!)“

Rückblick ins Jahr 2005

Nur die wahren Probleme von HP liegen tiefer. HP wäre mit großer Wahrscheinlichkeit heute noch absoluter Weltmarktführer bei PCs, wenn man nicht der Unternehmensmarke Hewlett-Packard alles untergeordnet hätte. So schrieb ich im Sommer 2005 für mein Buch „Brandtner on Branding“ über Hewlett-Packard: „Sie müssen in Strategiemeetings klar zwischen Unternehmen und Marke(n) unterscheiden. Viele strategische Fehlentscheidungen passieren, weil man Unternehmen und Marke(n) in einen Topf wirft. Das heißt aber auch: Markenführung ist absolute Top-Management-Aufgabe. Niemand außer dem CEO kann bei Kodak die Entscheidung treffen, dass man eine neue Marke nur für Digitalkameras einführt. Nur der CEO hätte bei Motorola entscheiden können, dass der Modellname Startac zum eigenständigen Markennamen wird.

Nur der CEO hätte bei Hewlett-Packard entscheiden können, dass eine „alles unter einer Marke“-Strategie nicht funktionieren kann. Nur bei HP ist man – auch dem Abgang von Carla Fiorina – immer noch der Meinung, dass es nicht an der Strategie sondern an der Umsetzung liegt. Dabei könnte Hewlett-Packard heute aus drei Weltmarktführern bestehen, nämlich bei Druckern unter HP, bei Notebooks unter Compaq und bei offenen Systemen unter einem neuen Namen. So hat man zwar jetzt die Printerdivision wieder von der PC-Division getrennt, aber den entscheidenden Schritt, nämlich auf eine Zwei-Marken-Strategie in diesem Bereich zu setzen, hat man – aus Markensicht – leider unterlassen. Dabei hätte man mit Compaq den idealen Namen bereits im Haus.“

Compaq könnte heute als Marke klar die Nr. 1 im PC- und Notebook-Markt sein. Dazu käme für HP noch der große Vorteil, dass man sich, wenn man das wirklich in Erwägung ziehen würde bzw. gezogen hätte, so viel leichter auch von der PC-Sparte hätte trennen können. Man hätte in diesem Fall wahrscheinlich auch sehr viel mehr Geld für diese Sparte bekommen, weil man so auch den führenden Markennamen hätte mitverkaufen können. Speziell auch dieser Vorteil eines Mehr-Marken-Systems wird viel zu oft viel zu wenig bedacht.

Zurück in die Zukunft

Aber was sollte Lenovo jetzt tun, um wirklich stabil Weltmarktführer im PC-Markt zu werden? Dazu sind zwei Punkte erforderlich: (1) Lenovo sollte kurzfristig vor allem in der PR klarstellen, dass man jetzt Weltmarktführer ist. (2) Man sollte als Weltmarktführer eine Produktoffensive mit einem, nur einem Leadprodukt starten. Dies sollte natürlich ein Business-Notebook unter der Submarke ThinkPad sein, die man damals beim Kauf der PC-Sparte von IBM miterwarb, denn der herkömmliche PC ist, wie es aussieht, ein Auslaufmodell. Das heißt: Lenovo sollte ThinkPad zur weltweiten Nr. 1 bei mobilen Business-PCs (Notebooks, Ultrabooks, Tablets) machen.

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