Opel hat mit Tina Müller einen neuen Markenvorstand und schon hört und sieht man erste Veränderungen. So hat Opel neue Markenwerte, einen neuen, feineren Stil in der Werbung und im aktuellen Opel Insignia Spot mit dem Opel-Schlüssel zwischen Economy- und Business-Class auch eine neue Dosis Humor, bei der geschickt die Marke im Mittelpunkt steht. Aber wird das reichen, um Opel wieder nachhaltig auf Erfolgskurs zu bringen? Dazu sollten wir uns zwei Markengesetze ansehen, die auch miteinander in Konflikt geraten können.
Das Gesetz der Dualität
Wenn man Märkte langfristig beobachtet, neigen diese zur Dualität, also dazu, dass in der Mitte des Marktes zwei dominante Anbieter übrig bleiben. So haben wir heute Duos wie Coke und Pepsi, Visa und Mastercard, McDonald’s und Burger King, Persil und Ariel oder Spiegel und Focus.
So gesehen ist die Ausgangslage von Opel nicht so schlecht, da man sich als erste Alternative zu VW in Deutschland und auch Europa positionieren kann. So wurde früher dieses Duell VW gegen Opel auch in vielen Zeitschriften und Zeitungen zelebriert: Polo gegen Corsa, Golf gegen Kadett (heute Astra) und Passat gegen Vectra.
Nur um dieses Duell wieder massiv zu beleben, müsste Opel einen Markenwert zum generellen Markenfokus machen, der die Marke perfekt als Alternative zu VW positioniert. Nur wenn man sich die aktuellen Markenwerte (deutsche Ingenieurskunst, emotionales Design, digitale Vernetzung, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis) ansieht, dürfte keiner dazu wirklich perfekt geeignet sein.
Aber bevor man sich bei Opel überhaupt auf die Suche nach einem solchen Markenwert macht, sollte man vorher noch einen Blick auf ein weiteres Markengesetz werfen, nämlich auf das Gesetz der ewigen Divergenz.
Das Gesetz der ewigen Divergenz
Denn Märkte neigen nicht nur zur Dualität, sie neigen vor allem dazu, dass aus einer Kategorie heraus durch Divergenz (Abweichung) immer neue Kategorien entstehen. So hatten wir früher etwa nur den Stand-PC, den Desktop. Heute haben wir zusätzlich Notebooks, Netbooks, Ultrabooks und Tablets. Das ist Divergenz bei der Arbeit. Diese Tendenz zur Kategorievielfalt finden Sie in jedem Markt, angetrieben durch unsere Kreativität.
Dieselbe Entwicklung haben wir natürlich auch bei Automobilen, wobei hier speziell die Teilung in Premium, Mitte und Einstieg für Opel zum echten Problem werden könnte. So haben wir am oberen Ende des Marktes Marken wie BMW, Mercedes und Audi. Am unteren Ende des Marktes haben wir Marken wie Hyundai, Kia und Dacia. Und genau diese Entwicklung könnte dazu führen, dass die gesamte gute Mitte in Europa, nämlich Marken wie VW, Opel, Ford, Renault, Peugeot, Citroen, Fiat und auch Toyota, Honda und Mazda zunehmend unter Druck kommt.
Und wenn diese Entwicklung noch stärker werden wird, dann macht es für Opel wenig Sinn, sich als Alternative zu VW zu positionieren. Dann wäre es für Opel wahrscheinlich sehr viel sinnvoller, sich auf ein Marktsegment zu fokussieren, das man im General Motors Konzern weltweit dominieren darf. Die Devise dabei: Lieber die Nr. 1 global in einem genau definierten Segment als ein weiterer Anbieter in der Mitte in Europa.
Immer besser und besser und …
Wenn man Opel also aktuell betrachtet, macht die Marke in allen Bereichen enorme Fortschritte, egal ob von den zentralen Markenwerten, den Modellen bis hin zur aktuellen Werbelinie. Nur strategisch gesehen könnte dies alles viel zu wenig sein, weil man die eine Schlüsselfrage im Marketing immer noch nicht beantwortet hat. Und diese lautet schlicht und einfach: Mit welcher Idee wollen wir welchen spezifisch ausgewählten Markt dauerhaft dominieren? Das entscheidende Wort dabei ist natürlich das Wort „dominieren“.
Was mich noch stört sind die typischen Sprachblasen im Marketing: „Opel ist eine Marke im Aufwind und mit ihrem aktuellen und künftigen Produktportfolio viel attraktiver und innovativer als noch vor fünf Jahren.“
Wie kann man das wirklich behaupten und warum fragt da keiner nach? Vor 5 Jahre hatte Opel noch einen Marktanteil von 8,6% (YTD August) und in 2013 von 7,0% (YTD 2013) und das bei einer größeren Angebotsvielfalt (neue Autos in 2013: Adam, Mokka, Cascada). Dies spricht eben nicht dafür, dass die Strategie, alle Marktsegmente zu bedienen, erfolgreich ist. Aktuell geht das wohl eher in die andere Richtung und einen Aufwind sehe ich wirklich nicht, wenn man bedenkt, das der Marktanteil im August bei 6,5% lag.
Hallo Herr Günther,
Sie treffen den Nagel auf den Kopf!
Opel macht heute isoliert betrachtet, vieles richtig oder sogar sehr gut. Ob es aber in Summe der Marke wirklich hilft, ist dabei sehr fraglich. Denn der Marke fehlt bis heute der klare Fokus für die Zukunft.
Beste Grüße
Michael Brandtner