Die Relativitätstheorie der Markenführung oder warum Markenerfolg immer relativ ist

„Von den Besten lernen“ ist eines der Grundprinzipien unserer Wirtschaft und auch der diversen Management- und Marketinglehren. So werden erfolgreiche Unternehmen und Marken analysiert, um dann darauf aufbauend Regeln, Strategien und Modelle zu entwickeln.

Die berühmte Ausnahme von der Regel

Dabei scheint aktuell, wie auch Jürgen Gietl in seiner Kolumne „Amazon: Marke als Ausdruck verdichteter Spitzenleistungen“ auf Absatzwirtschaft.de sehr schön aufzeigte, eine der großen Ausnahmen zu sein. Während viele Experten eine klare Fokussierung von Marken empfehlen, gewinnt Amazon mit der genau gegenteiligen Strategie. So startete Amazon als Online-Buchhändler und wird heute immer mehr zu einem allumfassenden Onlinehändler mit Unterhaltungskompetenz.

Natürlich wird man jetzt versuchen, aus dem Erfolg von Amazon neue Erfolgsregeln und Erfolgsstrategien abzuleiten. Nur dabei sollte man enorm vorsichtig sein. Denn der Erfolg einer Marke hängt nicht nur von der eigenen Strategie ab, sondern vor allem auch von den Strategien der Mitbewerber. Das ist ähnlich wie bei einem Strategiespiel. Sie können auch beim Schach mit einer mittelmäßigen Strategie klar gewinnen, wenn Ihr Gegenüber auf eine noch schlechtere Strategie setzt.

Das Großkaufhaus der 1960er Jahre

Dazu sollten wir einen Blick zurück in die 1960er Jahre werfen, also in das goldene Zeitalter der Großkaufhäuser, also der großen Warenhäuser. Damals dominierten Karstadt, Hertie und Co. die Handelslandschaft. Sie waren die Paläste, wohin die Kunden pilgerten. Heute kämpfen die meisten der noch verbliebenen Großkaufhäuser, wenn man von Premiummarken a la KaDeWe absieht, um ihr Überleben.

Dabei haben sich nicht die Großkaufhäuser verändert. Vielmehr sind neue spezialisierte Handelsformen entstanden, die jeweils fokussiert die Großkaufhäuser an vielen Fronten angegriffen haben. Mit diesen neuen nationalen Handelsformen, egal ob Supermärkte, Diskonter, Fachmärkte oder Boutiquen änderte sich auch das Konsumverhalten der Kunden.

Amazon als Großkaufhaus der Zukunft

Heute ist Amazon das Großkaufhaus im Internet, zu dem aktuell die Kunden online pilgern. Wie erfolgreich wird aber Amazon in 20, 30 oder 40 Jahren sein? Das hängt sicher einmal von den Strategien ab, die Amazon selbst wählt. Das hat man im Griff. Aber es wird auch davon abhängen, welche Mitbewerbsmarken mit welchen Mitbewerbsideen und Strategien entstehen werden. Dabei gilt sicher: Je breiter man die eigene Marke positioniert, desto mehr Angriffsfläche bietet man. So könnte es auch Amazon einmal bereuen, dass man die Marke in (zu) viele Bereiche bis hin zum Entertainment dehnte, statt frühzeitig, wie etwa mit Zappos begonnen, ein Mehr-Marken-System im Internet zu bauen. Denn eines gilt mit Sicherheit: Markenerfolg ist immer, wenn man von staatlich geschützten Monopolen absieht, relativ. Mögen die besseren Strategen gewinnen!

Erschien im Original auf Absatzwirtschaft.de am 6. Februar 2015

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2 Antworten zu Die Relativitätstheorie der Markenführung oder warum Markenerfolg immer relativ ist

  1. Christian Berentzen schreibt:

    Amazon hat eine herausragende Onlinekompetenz und sich somit das Vertrauen in den Köpfen der Verbraucher erarbeitet, für unterschiedliche Segmente der zurzeit beste Lieferant zu sein. Wenn jemand als Spezialist eine relevante Lösung anbietet hat er gute Chancen sich zu etablieren. Da gibt es am Onlinemarkt ja auch schon viele kleine Pflänzchen, die sich gut entwickeln. So gesehen ist Amazon in der Tat als Generalist das Kaufhaus der Gegenwart und muss gute Hausaufgaben machen, um nicht in 10, 20 Jahren ein ähnliches Schicksal zu erleiden. Aber das muss ja schließlich jeder.

  2. michaelbrandtner schreibt:

    Nur nicht jeder muss sich immer breiter positionieren, denn man muss sich ja nicht freiwillig in Gefahr begeben. Ähnliches passierte auch IBM in den 1980er und vor allem dann in den 1990er Jahren.

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