Amazon und die Welt der Allmachtfantasien

Amazon eröffnet probeweise mit Amazon Go einen kassenlosen Supermarkt und schon scheint die Handelswelt Kopf zu stehen. So lautete etwa eine Headline: „Pole Position: Wer stoppt Amazon? – Die letzte Bastion stationärer Handel fällt!“ Eine andere: „Amazon testet Supermarkt ohne Kassa: Frontalangriff auf Lebensmittelgeschäfte.“

IBM, Microsoft, Apple, Google und Amazon

Wenn man so vielen Medienreaktionen glauben darf, wird Amazon demnächst auch den stationären Handel revolutionieren und so die Handelswelt komplett beherrschen. Diese „Allmachtgedanken“ sind nichts Neues. Wenn man in die 1970er und 1980er Jahre zurückblickt, erschien es, dass IBM einmal die gesamte Computer- und Kommunikationsindustrie beherrschen werde.

In den 1990er Jahren wurde Microsoft zum Beherrscher der Computerwelt medial hochgespielt. Heute sind es Marken wie Apple, Google und Amazon, denen man zutraut, nicht nur ihr Kerngeschäft, sondern ganze Industrien zu dominieren.

Konvergenz- versus Divergenzdenken

Der Kerngedanke hinter diesen „Allmachtfantasien“ lautet immer Konvergenz, also dass es einem Unternehmen gelingt, ganze Märkte miteinander verschmelzen zu lassen. Wenn es Amazon gelingt, den Online-Handel perfekt mit dem stationären Handel zu verschmelzen, dann wäre Amazon endgültig der globale König des Handels.

Nur wenn man die Entwicklung von Märkten langfristig beobachtet, dann konvergieren diese nicht, viel mehr divergieren diese. Das heißt: Im Laufe der Zeit entstehen aus einem Markt heraus immer mehr Teilmärkte. So teilte Amazon die Welt in herkömmlichen Handel und in Online-Handel.

Zukunft statt Vergangenheit

Nur aus dieser Warte macht es wenig Sinn, dass sich Amazon mit der Vergangenheit, also dem stationären Handel beschäftigt. Vielmehr sollte sich Amazon mit der Zukunft beschäftigen, vor allem mit jener Zukunft, die unter Umständen einmal Druck auf Amazon ausüben könnte. Das wären auf der einen Seite neue spezialisierte Formen des Online-Handels oder des Online-Verkaufs. Auf der anderen Seite wären das neue Formen des Online-Handels, die ganz ohne Logistik im klassischen Sinn auskommen. Dazu könnte man im weitesten Sinne auch bereits Netflix oder Spotify zählen.

Nehmen Sie etwa die klassische Musik-CD. Diese wurde und wird weder von einem Comeback der Schallplatte oder noch von einem Comeback der Musikkassette bedroht, sondern viel mehr vom MP3-Format und noch mehr von Musik-Streaming-Modellen. Amazon hat die Welt des klassischen Handels mit dem eigenen Online-Modell für immer verändert. Jetzt sollte Amazon auf neue Internet-Modelle achten, die unter Umständen einmal das eigene Online-Modell für immer verändern könnten. Anders ausgedrückt: Amazon wird niemals die Welt des stationären und des Online-Handels in Summe dominieren, aber Amazon könnte selbst einmal in Bedrängnis kommen, wenn man die Zukunft übersieht.

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