Dreihans und Fungi Pad: Kreativ oder zu kreativ, mutig oder zu mutig

„Wer erfolgreich Regeln bricht, stellt neue Regeln auf.“ Genau das bedeutet im Marketing oder speziell in der Marken- und Unternehmensführung oft auch eine Gratwanderung zwischen „kreativ“ und „zu kreativ“ bzw. „mutig“ oder „zu mutig“. Spannend dabei ist, dass in der letzten Woche in meiner Heimat, dem Bezirk Rohrbach zwei Markenentscheidungen das Licht der Welt erblickten, die man aus Markensicht durchaus kontrovers diskutieren kann und sollte.

(1) Eine neue Lebensmittelkategorie

So präsentierte Neuburger diese Woche die komplett relaunchte Marke Hermann. Aus Hermann (Fleischlos) wurde dabei Hermann.bio. Diese Namensentscheidung ist durchaus nachvollziehbar, da bisher viele nicht einmal wussten, dass die Marke bio ist.

Spannend ist das neue Produkt, das als Lebensmittel nicht nur eine neue Alternative zu Fleisch ist, sondern zudem wie eine Art „iPhone“ oder „iPad“ oder „iPod“ dargestellt wird. Passend dazu das Wording mit „Kräutersaitling 2.0“ und vor allem mit „Fungi Pad“. Damit bricht man klar mit bewährten Regeln, wie man ein Lebensmittel voller Genuss darstellen sollte. So wird – speziell in den Sozialen Medien – diese Art des Wordings und der Darstellung kritisiert. Manche meinen es sehe wie ein iPad aus, andere sehen darin eine Art „Medizinprodukt“ und manche erinnert es an einen Iglo Fisch. (Und natürlich isst das Auge immer mit. So wird alleine durch das Sehen der Geschmack und die Geschmackserwartung unbewusst beeinflusst.)

(2) Ein neuer Name für drei fusionierte Bauunternehmen

Hehenberger, Resch und Kumpfmüller waren starke Namen für drei starke Bauunternehmen in der Region. Mit der Fusion zu einem noch stärkeren Unternehmen wurde auch klar, dass es einen neuen Namen geben wird. Klugerweise wählte man keine Abkürzung wie etwa HRK, HKR, RHK, RKH, KHR oder KRH.

Die naheliegende Lösung wäre wahrscheinlich gewesen, dass man einen Namen fallen lässt, um mit zwei kombinierten Namen weiter zu machen. So wären etwa Hehenberger-Resch oder Resch-Hehenberger nachvollziehbare Namen aus Markensicht gewesen. Natürlich hätte man auch nur auf einen Namen setzen können. Diese Art der Lösung scheitert oft an den Egos der Entscheider.

Spannend ist hier, dass man sich für Dreihans, also für die Mühlviertler Variante von „drei han‘s“ (Hochdeutsch: Drei sind es) entschieden hat. So hat man nicht nur alle bestehenden Markenwerte „vernichtet“, man hat auch auf einen Namen gesetzt, der unter Umständen kurzfristig weniger Größe, Zuverlässigkeit und Kompetenz mitschwingen lässt. Dazu kommt, dass der Name wahrscheinlich nur in Deutsch und nicht etwa in Tschechisch wirklich funktioniert wird. Interessant wird auch, wie der Markenname am Arbeitsmarkt und in der Mundpropaganda funktionieren wird. (So wird die Bedeutung eines Markennamens von vielen Entscheidern immer noch massiv unterschätzt.)

Erfolg, Wiederholung und Zeit

Entscheidend wird jetzt sein, wie schnell man beide Entscheidungen nachvollziehbar mit Erfolg aufladen kann. Denn eines ist klar: Nichts macht erfolgreicher als Erfolg. Dazu kommt, dass speziell verbale Ideen, Kategorien oder auch Namen durch Wiederholung besser werden. Google war mit Sicherheit ein Name, der kurzfristig mit extremer Skepsis gesehen wurde. Heute ist Google – auch dank des Erfolgs – einer der wertvollsten Markennamen der Welt.

Fazit aus Markensicht: Bei Hermann ist der Mut wahrscheinlich absolut notwendig, wenn man der Marke in dieser Art zum Erfolg verhelfen möchte. Ein großes Risiko aber bleibt, denn es ist nicht sicher, ob die Menschheit für diese Art von Produkt zu diesem Preis wirklich dauerhaft bewusst und unbewusst bereit ist. Bei Dreihans setzte und setzt man mit Sicherheit unnötig auf ein mögliches Restrisiko. Hier hätte es aus Markensicht wahrscheinlich sehr viel bessere Namen ganz ohne Risiko gegeben, die auch international funktioniert hätten. Zudem hätte man überlegen können oder müssen, wie man Markenwerte, die man über Jahrzehnte aufgebaut hat, auch in die Zukunft hätte mitnehmen können.

PS zu Fungi Pad: Eine Alternative wäre gewesen, dass man die Kategorie nicht Fungi Pad, sondern Fungi Filet getauft hätte, um sich dann als Vorreiter in einer neuen fleischlosen Genusswelt zu positionieren. Hier wäre natürlich dann die Frage gewesen, ob das nicht zu wenig kreativ und revolutionär gewesen wäre.

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2 Antworten zu Dreihans und Fungi Pad: Kreativ oder zu kreativ, mutig oder zu mutig

  1. Josef Madlmayr schreibt:

    Ich persönlich finde den Markennamen Dreihans deswegen nicht gelungen, weil erstens eine Art Lustigmachung mit „Dreihanseln“ im Raum steht. Zweitens für viele der Name „Dreihans“ nicht schlüssig ist. Diese Einschätzung teile ich mit einigen Bekannten.

  2. Prom Wallinger schreibt:

    Die Neuburgers sind in zwei Aspekten recht clever:
    (1) Sie bekamen FungiPad® als Wortmarke geschützt
    (2) Sie haben eine Grundidee gefunden, die sehr gut skalierbar ist.

    Stichwort Skalierung:
    Warum – bei entsprechender Marktchance und europäischer Ambition – nicht das Sortiment erweitern und auch ein ‚FungiPatty‘ auf den Markt bringen?

    Gourmet-Restaurants und gehobene Restaurantketten hätten dann für ihre Burger eine Alternative zu ihrem ‚Chicken Patty‘ (Hähnchen-Bratling) oder zu ihrem ‚Beef Patty‘.

    FungiPatty® also die ‚runde‘ Schwester zum FungiPad®…passt sogar sprachlich gut, sodass man die Verwandtschaft sofort sieht.

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