Wenn man heute an Veränderungen im Marketing denkt, denken sicher die meisten an die digitale Revolution, an das Internet, Social-Media, Multi-Channel, Online-Marketing, Content-Marketing oder an Marken wie Google, YouTube, Amazon, Facebook, Pinterest oder Twitter. So wichtig diese Entwicklungen und Marken sind, wird doch aus unserer Warte die wichtigste Veränderung dabei übersehen, nämlich die Globalisierung.
Strategisch versus operativ
Während viele dieser oben genannten Entwicklungen vor allem das operative Marketing betreffen, verändert die Globalisierung die strategischen Spielregeln des Marketings. Um besser zu verstehen, worum es dabei geht, sollten wir einen Blick zurück in die 1950er und 1960er Jahre des letzten Jahrhunderts werfen.
Damals schafften die Begriffe Marketing und später Branding den Durchbruch und wurden zu international anerkannten Managementkonzepten. Nur damals war Marketing meist national ausgerichtet. Selbst große internationale Konzerne setzten in vielen Fällen auf nationale Marken. Daran erinnern auch etwa heute noch Markenpaare aus dem Hause Procter & Gamble wie Mr. Clean und Mr. Proper bei Haushaltsreinigern, Tide und Ariel bei Waschmitteln oder Crest und Blend-a-med bei Zahnpasta. Und während man in Deutschland Eis von Langnese genießt, heißt dieselbe Marke in Österreich Eskimo.
Damals zielten Marken in der Regel auf die Mitte eines Marktes ab. Es ging – vereinfacht gesagt darum – mit Massenwerbung starke Marken für die Masse zu bauen. Dieses Denken brachte uns Marken wie Coca-Cola, McDonald’s, Nivea, Milka oder auch Persil. Und genau dieses Markendenken ist heute noch in vielen Unternehmen stark verankert. Nur es funktioniert nicht mehr so wie früher. Vielmehr geraten immer mehr Unternehmen in enorme Schwierigkeiten, die immer noch versuchen, so am Markt dauerhaft erfolgreich zu bestehen.
Globalisierung fördert den Rand
Der Grund dafür ist die bereits oben erwähnte zunehmende Globalisierung, denn diese fördert nicht die Marken in der Mitte des Marktes sondern Marken am Rande des Marktes. Mehr noch: Durch die zunehmende Globalisierung kommen immer mehr gute Marken in der Mitte unter massiven Druck, egal ob diese nur national, international oder selbst sogar global aufgestellt sind.
Nehmen Sie McDonald’s! Viele kritisieren heute McDonald’s dafür, dass die Marke nicht schnell genug auf Veränderungen reagiert habe, dass man also wichtige Trends bei den Essgewohnheiten und in der Ernährung übersehen habe. Das mag stimmen oder auch nicht. Nur das ist nicht das Hauptproblem von McDonald’s. Das Hauptproblem von McDonald’s ist, dass man eine Marke in der Mitte des Marktes ist, dass man anscheinend immer noch an das klassische Markendenken glaubt.
Nur McDonald’s ist strategisch gesehen, ganz egal was man macht, in einer Verliererposition. Man wird Marktanteile verlieren, wenn man der eigenen Urposition treu bleibt. Man wird Marktanteile verlieren, wenn man die eigene Urposition mit neuen Produkten erweitert und dadurch wahrscheinlich auch verwässert. Den Grund dafür findet man nicht innerhalb von McDonald’s. Den Grund dafür findet man am Rande des Marktes.
Oder nehmen Sie Nivea! Nivea ist seit Ende 2010 in einer Phase der Refokussierung auf den Kernwert „Pflege“. Vor 2010 versuchte man, den Markenkern von Pflege auf Schönheitspflege zu erweitern. Das Ziel dahinter: Mit neuen Kosmetikprodukten weiter zu wachsen. Nur als man merkte, dass dies nicht wie gewünscht funktionierte, begann das Management die Marke wieder, wie oben erwähnt, auf Pflege zu refokussieren. Nur was wird der nächste Schritt sein? Man wird die Marke wieder dehnen, um neue Märkte und neue Wachstumspotenziale zu erschließen.
Oder nehmen Sie Milka! Milka ist gerade in einer Phase, neue Märkte und neue Wachstumspotenziale zu erschließen. Typisches Beispiel dafür ist, dass Milka auch in den Markt für Kekse und Cookies einsteigt. Wahrscheinlich werden wir in einigen Jahren erleben, dass das Management die Marke Milka wieder auf ihren Kern „zarte Schokolade“ refokussieren wird, um dann wieder mit neuen Produkten die Marke zu dehnen.
Vergessen Sie das klassische Markendenken
McDonald’s, Nivea, Milka und viele, viele andere Traditionsmarken sind nicht nur mit klassischem Markendenken groß geworden, sie sind auch heute noch klassisch auf die Mitte des Marktes fokussiert. Nur genau darin liegt auch das Problem dieser drei genannten und vieler, vieler anderer Marken. Denn ganz egal, was man in dieser Mitte des Marktes tun wird, man wird – langfristig gesehen – verlieren. Was tun? Das Markendenken ändern, um selbst Märkte vom Rand her aufzurollen.
Dazu sollte man in drei Schritten vorgehen. (1) Die Kernmarke auf ihren Kernwert refokussieren. (2) Rund um den Kernwert, Schritt für Schritt neue Marken am Rand mit globalem Potenzial bauen. (3) Ein auf einen Kernwert fokussiertes Mehr-Marken-System entwickeln und pflegen. Nur genau das erfordert, dass man das Thema Marke radikal neu denkt.