Vor 25 Jahren, als ich noch in Linz studierte, war Bene nicht nur der Marktführer bei Büromöbeln in Österreich, sondern auch eine echte Vorzeigemarke, die mit ihrer Design-Kompetenz punktete. Heute sieht die Welt der Büromöbelerzeuger in Österreich ganz anders aus.
3 Marktführer fast gleich auf
So hat heute der Büromöbelhersteller Hali laut dem Branchenradar der Unternehmensberatung Kreutzer, Fischer und Partner 16 Prozent Marktanteil, gefolgt von Bene mit 15 Prozent und Neudörfler mit 13 Prozent. Dazu schrieb die Tageszeitung WirtschaftsBlatt am 9. Juli 2015: „Bene habe seine Rolle als Platzhirsch verloren und keiner der anderen Hersteller habe diese übernommen.“
Aus Markensicht ist dies eine extrem spannende Ausgangssituation, in der es – strategisch gesehen – vor allem und zuerst um Themenführerschaft gehen wird. Denn der Marke, der es gelingt, bei Büromöbeln in Österreich als Themenführer gesehen zu werden, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit auch gelingen, dauerhaft Marktführer zu werden und damit auch den Abstand zu den beiden Verfolgern zu vergrößern. Um dieses Führungsvakuum zu füllen, setzt die neue Nummer 1 Hali auf das Thema Nachhaltigkeit und wird zudem laut diesem Artikel die Logofarbe von Rot auf Blau ändern.
Abstrakte Begriffe reichen nicht
Immer wieder flüchten sich Unternehmen, wenn es um die strategische Ausrichtung bzw. die strategische Positionierung geht, in abstrakte Managementbegriffe wie Innovation, Qualität, Kundenorientierung oder aktuell auch Nachhaltigkeit. Nur diese Begriffe erzeugen auf Kundenseite weder ein Bild in den Köpfen der Kunden, noch kann man sich mit diesen Begriffen nachhaltig differenzieren.
Viel besser wäre es gewesen, wenn Hali in dieser Situation ein konkretes Produkt oder ein konkretes Produktprogramm vorgestellt hätte, das eine ganz konkrete Eigenschaft in den Mittelpunkt gestellt hätte. Aber nicht irgendeine Eigenschaft, sondern eine Eigenschaft, die dann zur dauerhaften Positionierung für die gesamte Marke geworden wäre.
Das Gegenteil tun
Bene machte dies früher sehr erfolgreich mit Design. Und mit immer neuen Design-Büromöbelprogrammen baute man diese Position auch immer weiter aus. Was wäre dazu eine perfekte Gegenposition? Meine Antwort: ein besonders effektives und effizientes Büromöbelprogramm, um dann Hali in Summe als den Anbieter von besonders effizienten und effektiven Büromöbeln zu positionieren.
Dann hätte Hali auch ein dauerhaftes Thema, das man Jahr für Jahr mit neuen Produkten, mit Studien und mit Erfolgsbeispielen in der PR und in der Werbung wichtiger machen könnte. Das Thema Nachhaltigkeit ist dafür eindeutig zu schwach. Oder kennen Sie ein Unternehmen, das sich über Nachhaltigkeit nachhaltig positionieren konnte?
PS; Natürlich sind Themen wie Innovation, Qualität, Kundenorientierung und auch Nachhaltigkeit extrem wichtig für Unternehmen, aber aus Positionierungssicht sind sie ungeignet, um sich damit am Markt zu profilieren.
Als aufmerksamer Leser und Kenner des Buches „Brandntner on Branding“ ist diese Aussage nicht schlüssig. Wie Herr Brandtner an einigen Beispielen in seinem Werk anführt sind Versuche die Positionierung eines Unternehmens zu kopieren in der Regel immer fehlgeschlagen. Faktum ist, dass das Unternehmen Bene nach wie vor aktiv am Markt ist. Eine Kopie dieser Positionierung unter Hinweis der Erkenntnisse von Herrn Brandtner erscheint daher keine erfolgversprechende Strategie zu sein, vor allem, da ein anderer internationaler Anbieter mit entsprechender Marketingmacht bereits in ähnlicher Positionierung unterwegs ist und ein anderes österr. Unternehmen im Versuch die Positionierung von Bene zu kopieren gescheitert ist.
Die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeitsthemen im Unternehmensbereich zeigt sich in der EU Richtlinie „CSR“, die bis 2017 in nationales Recht umzusetzen ist. Selbstverständlich kann „Nachhaltigkeit“ nur eine übergeordnete Zielsetzung sein. Eingebettet darin müssen Innovationen im Produktbereich, Kundenfreundlichkeit, Qualität etc. sein – mittlerweile bereits eine Grundvoraussetzung für erfolgreiches Handeln. Eine oberflächliche Beurteilung einer Unternehmenspositionierung ohne Detailkenntnisse der einzelnen Maßnahmen erscheint uns unseriös.
hali
Positioning ist in der Theorie einfach. Der Marktführer sollte aktiv die mentale Themen- und Marktführerschaft suchen. Ein starker Herausforderer sollte das Gegenteil des Marktführers tun. Der Rest sollte entweder auf eine neue Kategorie setzen oder eine freie Nische in der Wahrnehmung besetzen.
Entscheidend dabei ist immer, wie der Kunde den Markt wahrnimmt, ob es also auch in der Wahrnehmung der Kunden eine klare Rangordnung gibt. Wenn man der Studie von Kreutzer, Fischer und Partner glauben darf, gibt es diese aktuell nicht. Damit hätten drei Marken den Anspruch auf eine mentale Marktführerschaft, nämlich Hali, Bene und Neudörfler.
Hali sucht diese nun aktiv (was ich sehr gut finde) mit dem Thema „Nachhaltigkeit“. Nur dieses Thema birgt aus meiner Warte die große Gefahr, dass es ähnlich wie Qualität zu einem Mindeststandard werden wird. So ist zwar in Umfragen dieses Thema immer massiv wichtig. Wenn es um konkrete Kaufentscheidungen geht, sieht die Welt (wenn man von Nischen absieht) meist anders aus.
Das heißt: Aus strategischer Sicht handelt Hali aktuell perfekt. Die Frage, die bleibt: Ist Nachhaltigkeit das beste Thema oder hätte es bessere Themen gegeben? Das wird die Zukunft zeigen.
PS: Natürlich wünsche ich Hali, dass das Thema Nachhaltigkeit funktioniert und vor allem, dass man es dauerhaft mit Leben füllen kann.
Michael Brandtner