Am 23. Oktober 2001 stellte Steve Jobs den iPod vor. Damals lag der Markenwert von Apple laut Interbrand gerade einmal bei 5,46 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich dazu waren die Marke Sony 15,1 und die Marke Samsung 6,37 Milliarden US-Dollar wert. 2016 liegt der Markenwert von Apple bei unglaublichen 178,12, der von Samsung bei 51,81 und der von Sony bei nur mehr 8,32 Milliarden US-Dollar.
Markenlektion 1: Weniger statt mehr
Was hätten die meisten Manager 2001 gemacht, um Apple wieder nachhaltig auf Wachstumskurs zu bringen? Sie hätten wahrscheinlich auf drei Offensiven gesetzt: (1) Eine Produktoffensive, um mit neuen Modellen das Wachstum anzukurbeln. (2) Eine Werbeoffensive, um den Markt mit mehr Werbedruck und einer neuen Kampagne zum Kauf zu bewegen. (3) Eine Preisoffensive, um wirklich sicher zu gehen, dass die Menschen einen echten Kaufanreiz haben. Nur dieser Weg ist nicht ungefährlich. In der Regel passiert er in drei Phasen. Phase 1: Es funktioniert und die Marke wächst. Phase 2: Man muss auf diese drei Offensiven setzen, um nicht zu schrumpfen. Phase 3: Trotz dieser drei Offensiven bleibt das Wachstum aus und die Marke schrumpft.
Steve Jobs ging einen anderen Weg, um den Turnaround von Apple einzuläuten. Er setzte 2001 alle Kraft auf ein Leadprodukt, auf den iPod, dem er dann 2003 mit iTunes zum endgültigen Durchbruch verhalf. Damit beendete Steve nicht nur das Nischendasein von Apple, er legte gleichzeitig auch die Basis für iPhone und iPad. Ähnliches gelang in sehr viel kleineren Maßstab Nimm 2 mit dem Leadprodukt Lachgummi oder auch Alpecin mit dem Leadprodukt Koffeinshampoo. Aber auch hier setzten beide Marken auf ein Produkt und nicht auf die nächste große allumfassende Marketingoffensive mit mehr Produkten, mehr Werbelinien und mehr Preisaktionen.
Markenlektion 2: Marke statt Modell
Aber Steve ging noch einen entscheidenden Schritt weiter. Er schuf mit dem iPod auch die Basis für eine neue Markenarchitektur. Er machte so aus Apple ein Mehr-Marken-Unternehmen mit Marken wie iPod, iPhone, iPad oder iTunes. Steve Jobs erkannte frühzeitig, dass breite Dachmarken vor allem in hochdynamischen Märkten schnell „überfordert“ sind.
Nehmen Sie die Einführung des iPads! Hier hätte Steve Jobs zwei Möglichkeiten gehabt. Er hätte es unter der Marke iPhone einführen können, etwa als iPhone XXL oder unter dem neuen Markennamen iPad. Nichts anderes machte Amazon, als man 2011 in den Tablet-Markt einstieg. Man nannte das Tablet Kindle Fire. Nur der Name Kindle stand und steht für E-Book-Reader und nicht für Tablet. Seit September 2014 heißt das Tablet bei Amazon nur mehr Fire. Nur das hätte man gleich bei der Einführung tun sollen. Wichtige neue Produkte in neuen Produktkategorien brauchen keinen Modellnamen, sondern einen eigenständigen Markennamen. So war es auch von Amazon sehr weise, den eigenen E-Book-Reader nicht Amazon Reader sondern Kindle zu nennen.
Apple versus Sony und das Markenarchitektur-Paradoxon
Damit sind wir bei einem wichtigen abschließenden Punkt, der mich immer wieder verblüfft! Steve Jobs war für viele nicht nur der iGod, er war der Marketing-Superstar und damit auch das Marketingvorbild schlechthin. Was dabei verwundert ist, dass die meisten Marketer, wenn es um das Thema Markenarchitektur geht, eher Sony als Apple zum Vorbild haben. Denn wohin man blickt, werden Marken gedehnt, gedehnt und noch einmal gedehnt. Selbst bei Apple dürfte man mittlerweile nicht mehr an das Markensystem von Steve Jobs glauben, denn sonst hätte man nie die Smartwatch als Apple Watch eingeführt. Steve hätte dafür sicher einen eigenständigen Namen und eine eigenständige Positionierung entwickelt.
Ich glaube die Markendehnung erscheint auf den ersten Blick sehr viel preisgünstiger. Nach dem Motto, für die Dachmarke geben wir eh schon Geld aus, also „schwimmt“ die Line Extension mit. Wohingegen einen neue Marke ein neues Budget bedeutet bzw. das wir jetzt aber richtig teuer.
Was man bei der Diskussion aber nie vergessen darf, es war gerade in der Verbindung mit iTunes ein wirklich innovatives Produkt. Bei einem schlechten Produkt hilft auch die neue Marke nicht 😉
Vielen Dank für den Kommentar!
Speziell das Thema Geld ist immer der Hauptgrund, der als Argument Nr. 1 verwendet wird, warum man die bestehende Marke dehnen sollte. Es koste einfach zu viel, eine neue Marke am Markt einzuführen. Übersehen wird dabei, dass neue Produktkategorien mit neuen Markennamen ein enormes PR-Potenzial haben. Wie viel Geld hat BMW in die klassische Werbung für den i8 gepumpt? Wie viel Geld hat Tesla für klassische Werbung bisher ausgegeben? Auch Ryanair setzt erst heuer in Deutschland auf klassische Werbung. Die Marke selbst wurde mit PR gebaut. Gilt auch für Amazon, Google, Facebook, EBay, Netflix, …, … , … .