Als ich in den 1970er Jahren ein Kind war, war eine neue Mercedes S-Klasse eine automobile Sensation. Es war mit Sicherheit das Jahres-Highlight in der Automobilebranche und zugleich auch der automobile Maßstab für den Wettbewerb, allen voran natürlich damals für BMW. (So erschien im Herbst 1972 mit der Baureihe 116 die erste offiziell von Mercedes-Benz bezeichnete S-Klasse, wobei aber bereits vorher die Spitzenmodelle von Mercedes die Bezeichnung S trugen.)
Ein Rückblick in der Jahr 2020
Dazu gleich eine oder besser die Frage: Ist Ihnen wirklich bewusst geworden, dass Mercedes letztes Jahr eine neue S-Klasse präsentierte? Oder erinnern Sie sich viel eher an Berichte über Tesla, den Audi e-tron, den VW ID.3 oder auch über den neuen Polestar?
Zudem waren die Medienberichte über die neue S-Klasse relativ brav. So hieß es auf Auto Motor und Sport: „Generation 11 kostet mindestens 93.438 Euro: Die neue, elfte Generation der S-Klasse ist da. Lesen Sie alles über die neue Luxuslimousine mit dem großen Bildschirm im Cockpit, Allradlenkung, Licht-Inszenierung und weiteren spektakulären Technik-Innovationen.“
AutoBild wiederum vermeldete: „Alles, was sie zu neuen Mercedes S-Klasse wissen müssen!“
Der Spiegel vermeldete: „Der Leitstern: Luxus, viel PS und obszöne Maße: Die Mercedes S-Klasse gilt vielen als komplett aus der Zeit gefallen. Zu Unrecht, findet unser Testfahrer. Der Wagen weise durchaus in die Zukunft, Kulturschock inklusive.“
Focus.de begrüßte die neue S-Klasse sogar mit einer Frage: „Kann Daimler es noch? Die Technik der neuen S-Klasse“.
Im Manager-Magazin lautete die Headline wiederum: „Alles auf S – diese Limousine soll Daimler aus der Krise fahren“.
Bei Mercedes selbst sieht man das Ganze natürlich anders. „Das beste Auto der Welt“, war das Statement von Daimler-Chef Ola Källenius.
Preis, Technik und ein Fragezeichen
Wenn man die Berichterstattung zusammenfasst, dann könnte man diese auf drei Aspekte reduzieren, nämlich den Einstiegspreis unter 100.000 Euro (in Deutschland), die vielen technischen Features und einen fragenden Blick in die Zukunft. So wurde auch extrem oft erwähnt, dass der EQS, also die vollelektrische Alternative zur S-Klasse aus dem Hause Mercedes wahrscheinlich erst Ende 2021 erscheinen werde.
Nur genau diese Art der Berichterstattung sollte nicht nur Mercedes, sondern der gesamten etablierten Automobilindustrie zu denken geben. Denn wenn das Leitmodell der Benzin- und Dieselära unter die „PR-Räder“ kommt, stehen die Zeiten klar auf Elektro und Umbruch. So gesehen sollte man immer das Ergebnis der eigenen PR-Aktivitäten verfolgen, um rechtzeitig auch Warnsignale zu erkennen. So wird es extrem spannend, wer die S-Klasse als automobiles Highlight ablösen wird. Dabei würde ich aktuell eher auf Tesla als den EQS tippen. So ist alleine der Name eine einzige Markenkatastrophe. (Wem bitte ist das eingefallen und wer bitte hat das abgesegnet?)