1993 veröffentlichten die Marketingstrategen Al Ries und Jack Trout ihre 22 unumstößlichen Gebote des Marketings. Dabei machten sie in den ersten beiden Geboten auch einen „Ausflug“ in die Welt der Flugpioniere.
Das erste Gebot im Marketing: Seien Sie Erster
Gleich auf der ersten Seite des ersten Gebotes schrieben sie:
„(1) Wie hieß der erste Mensch, der im Alleinflug den Atlantik überquerte? Charles Lindbergh, richtig?
(2) Wie hieß der zweite Mensch, der über den Ozean flog? Gar nicht so einfach, stimmt’s?“
Der zweite Pilot, der den Soloflug von den USA nach Europa wagte, war ein gewisser Bert Hinkler. Er war, soweit wir wissen, ein besserer Pilot, legte die Strecke schneller zurück und verbrauchte zudem weniger Sprit. Trotzdem wird er für immer im mentalen Schatten von Lindbergh stehen.
Das zweite Gebot im Marketing: Machen Sie etwas Neues
Im zweiten Gebot stellten Al und Jack dann folgende Frage: „Wie heißt der dritte Mensch, der im Alleinflug den Atlantik überquerte?“ Und weiter: „Wenn Sie schon nicht wussten, dass Bert Hinkler als zweitem dieses Wagnis gelang, dann haben Sie wahrscheinlich nicht die geringste Chance ausgerechnet, auf den Namen der dritten Person zu kommen.“
Genau an diese Zeilen musste ich denken, als ich kürzlich das Folgende im ORF Teletext las: „Kappe von Pilotin Earhart versteigert: Eine Lederkappe, die die legendäre US-Pilotin Amelia Earhart 1928 bei einem Flug über den Atlantik trug, ist in den USA teuer versteigert worden. Das Sammlerstück erzielte bei einer Auktion im texanischen Dallas umgerechnet 736.673 Euro, wie das Auktionshaus Heritage Auctions mitteilte.“
Selbst zum Maßstab werden
Damit sind wir bei einem wichtigen Punkt. Earhart wurde nicht berühmt, weil sie die dritte Person war, die alleine über den Atlantik flog, sondern weil sie die erste Frau war. Daraus leiteten Al und Jack folgendes Schlüsselprinzip im Marketing ab: „Wenn Sie nicht die Nummer Eins in einer Produktkategorie sind, dann halten Sie Ausschau nach einer neuen Kategorie, in der Sie ein Pionierprodukt anbieten können.“ Obwohl diese Zeilen fast 30 Jahre alt sind, wird dieses Prinzip immer noch von vielen negiert. Stattdessen messen sich viele lieber mit dem Marktführer, um diesen dann mit einem besseren und meist billigeren Produkt zu schlagen. Nur damit macht man zwei Dinge: (1) Man erkennt den Marktführer als Maßstab an. (2) Man vergibt so die Chance selbst zum Maßstab zu werden. So gesehen sollten Sie sich vielleicht beim nächsten Strategiemeeting Amelia Earhart und eine mehr als 700.000 Euro teure Lederkappe ins Gedächtnis rufen.