Die letzten Jahre waren aus Markensicht von einem Begriff und damit einer Diskussion geprägt, nämlich dem Begriff Performance Marketing und der damit oft verbundenen Diskussion „Performance Marketing versus Brand Marketing“. Dabei punktete in den letzten Jahren das Performance Marketing bei vielen Entscheidern mit kurzfristig messbaren Resultate bei kalkulierbaren Investments. Dagegen wirkte das klassische Branding dann oft wie eine Art wenig greifbare Hintergrundphilosophie über langfristige Werte, Attribute und Nutzen.
Gleichzeitig dürfte sich aber auch das Performance-Marketing gemessen an den Erwartungen und Resultaten etwas abgenutzt haben. So schlägt das Pendel wieder mehr und mehr in Richtung Marke. Das brachte erst kürzlich der australische Marketingexperte Mark Ritson so auf den Punkt: „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nichts Dümmeres gesehen, als den massiven Shift in Richtung Performance.“
Nur bevor man jetzt weiter Öl in dieses Diskussionsfeuer schüttet, sollten wir uns drei Aspekte oder Punkte ansehen, die in der ganzen Kontroverse um „Performance versus Branding“ oft viel zu kurz kamen, nämlich die kumulative Wirkung, die Wertschöpfung und die Integration aller Maßnahmen:
Der übersehene Faktor kumulative Wirkung
Performance-Marketing führt oft dazu, dass in der Regel die jeweilige Einzelaktion isoliert betrachtet und damit letztendlich aus langfristiger Sicht überwertet wird. Anders ausgedrückt: Wer sich immer nur auf das kurzfristige Ergebnis fokussiert, verliert schnell den Blick für das Längerfristige.
So mag Performance-Marketing zwar kurzfristig die Abverkäufe steigern, macht aber wenig oder gar nichts für die langfristige Markenbildung und damit auch dauerhafte Kaufpräferenz. Das Gleiche gilt auch, wie bereits viele Studien gezeigt haben, für klassische Preisaktionen. Kurzfristig steigern diese natürlich oft die Umsätze, während sie langfristig Kunden zu immer untreueren Aktionskäufern erziehen.
Der übersehene Faktor Wertschöpfung
Dazu kommt erschwerend aus Markensicht: Wer zu sehr auf kurzfristige Performance setzt, vernachlässigt ganz klar das langfristige Branding-Potenzial nicht nur in Bezug auf Positionierung, Bekanntheit und langfristige Kaufpräferenz, sondern vor allem auch in Bezug auf Wertschätzung und Wertschöpfung.
So sind starke Marken viel mehr als nur bekannte Namen und Logos, sie sind zentrale Wertschätzungs- und Wertschöpfungsfaktoren. Das gilt für die digitale und die analoge Welt. Zudem zeigen Studien immer und immer wieder, dass Marken ein sogenanntes Preispremium besitzen. Simon-Kucher spricht in diesen Kontext auch von Pricing-Power, also der Kraft am Markt höhere Preise durchsetzen zu können. Das wird man mit Performance-Marketing nie erreichen, eher sogar das Gegenteil.
Diese oben genannte Wertschöpfungskraft bestätigt auch eine Studie von Biesalski & Company aus dem Jahr 2023: So haben starke B2C-Marken ein Preis-/Mengenpremium von 20,0 Prozent, starke B2B-Marken von 10,4 Prozent. Alleine diese Zahlen sprechen klar dafür, warum man sich in der Unternehmensführung nicht nur mit den kurzfristig messbaren Zahlen, sondern vor allem auch mit der Wahrnehmung, dem Gedächtnis und damit der Marke auseinander setzen sollte.
Der übersehene Faktor Integration
Aber der wahrscheinlich wichtigste Punkt, der in der ganzen Diskussion in der Regel gerne übersehen wurde, ist der Faktor Integration. Dazu sollten wir einen Blick in das Jahr 1998 werfen. Damals schrieben Al Ries und Laura Ries in ihrem Buch „Die 22 unumstößlichen Gebote des Branding“: „Die Abläufe im Marketing sind zu kompliziert, zu undurchsichtig und durch das Fachchinesisch der Experten zu unverständlich geworden. In den meisten Firmen werden die Marketingaktivitäten verschiedenen Funktionsbereichen überantwortet: Werbung, Produktentwicklung, Produktdesign, Verbraucherforschung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit, um nur einige wenige zu nennen. Die Koordination ist heutzutage eine eigenständige, wichtige Aufgabe im Unternehmen.“
Als Al und Laura diese Aussage tätigten, lebten wir noch hauptsächlich in der analogen Marken- und Marketingwelt. Heute, in der digitalen Ära ist die Marken- und Marketingwelt noch viel komplexer, komplizierte und undurchsichtiger. Gleichzeitig wird diese oben angesprochene Koordination aller analogen und digitalen Marketingaktivitäten noch sehr viel wichtiger und schwieriger. Damit stellt sich aber auch zwangsläufig die Frage, was der „Klebstoff“ sein sollte, der all diese Aktivitäten und Funktionen im Marketing zusammenhält.
Für Al und Laura war damals die klare Antwort darauf die Marke. Das gilt heute genauso. Das Ergebnis aller analogen und digitalen Marketingaktivitäten sollte eine starke Marke in der Wahrnehmung, im Gedächtnis und im Markt sein. Nur genau damit führt sich diese Performance versus Branding-Diskussion selbst ad absurdum.
Performance-Marketing als Teil des Brandings
Denn so gesehen ist Performance-Marketing eine Teilfunktion oder Teilaktivität, die ihren Beitrag zur Marke leisten kann, sollte und muss. Es geht also hier nicht um ein Entweder-oder, sondern um richtige Dosis Performance im Branding-Prozess. So gesehen lautet die Markenlektion 2025: „Vergessen Sie endgültig die Diskussion Performance versus Branding, sondern überlegen Sie lieber, welchen Beitrag Performance-Marketing in welcher Dosis im Kommunikations-Mix für Ihre Marke leisten sollte.“
