Positionierung versus Profit: Oder wie man strategische Entscheidungen (nicht) trifft

Am 29. Mai dieses Jahres lautete eine Überschrift auf www.horizont.net: „Praktiker-Repositionierung: Wie Max Bahr den Baumarktkonzern retten soll“. Im Artikel hieß es dann, dass der Baumarktkonzern die Marke Praktiker „verramschen“ werde, um gleichzeitig die derzeitige Zweitmarke Max Bahr national zu forcieren.

Entscheidungsfaktor „Gewinn“

Ein wesentlicher Grund für diese Entscheidung dürfte sein, dass die derzeit regionale Baumarktmarke Max Bahr schwarze Zahlen schreibt, während Praktiker laut Medienberichten tief in den roten Zahlen steckt. Dazu kommt sicher noch, dass die angedachte Repositionierung von Praktiker trotz der millionenschweren Werbeoffensive rund um das Testimonial Boris Becker gescheitert ist.

Das ist nicht untypisch, aber auch nicht ungefährlich. Dazu eine Frage: Was wäre Ihnen als Konzernchef lieber: a) eine unfokussierte Marke, die schwarze Zahlen schreibt oder b) eine fokussierte Marke, die rote Zahlen schreibt? Mir wäre Variante B bedeutend lieber. Denn eine fokussierte Marke, die rote Zahlen schreibt, kann man in der Regel sanieren. Eine unfokussierte Marke, die heute schwarze Zahlen schreibt, wird in der Regel mit Sicherheit ein Sanierungskandidat. Air Berlin wäre heute viel leichter zu sanieren, wenn man eine reine fokussierte Diskontfluglinie und keine unfokussierte Hybridfluglinie wäre.

Entscheidungsfaktor „Positionierung“

Damit kommen wir zurück zum Beispiel „Praktiker und Max Bahr“ und einer entscheidenden Frage: Wofür steht die Marke Max Bahr überhaupt? Zurzeit ist Max Bahr eine Marke, die vor allem in Norddeutschland vertreten ist und dort eine positive Markenhistorie besitzt. Wo aber liegt der Fokus, die Positionierung, der USP der Marke, wenn man diesen angestammten Heimatmarkt verlässt? Wenn der USP „die Verwurzelung in dieser angestammten Heimat ist“, dann wird die Marke national als schwache Me-too-Marke im Schatten von Hornbach und Obi enden.

Ganz anders Praktiker: Praktiker ist Deutschlands führende Baumarktdiskontmarke, die ihre „20-Prozent auf alles“-Positionierung aus Ertragsgründen aufgegeben hat, um sich mit Boris Becker neu auszurichten. Das ist fehlgeschlagen. Aber Praktiker hat einen Fokus, den man wiederbeleben kann. Hier geht es darum, dass man diesen mit Ertragskraft wiederbelebt.

Positionierung versus Gewinn

Aus kurz- und mittelfristiger Gewinnsicht mag die jetzige Entscheidung richtig sein. Aus Marken- und vor allem aus Positionierungssicht ist diese Entscheidung äußerst fragwürdig. Denn es ist einfacher eine Marke mit einem klaren Fokus wieder profitabel zu machen, als eine – wenn auch heute gewinnbringende – Marke ohne nationalen Fokus dauerhaft national ertragsstark zu halten. Denn wenn Max Bahr außerhalb des derzeitigen Stammgebietes nur als weitere Baumarktmarke wahrgenommen werden sollte, hat man noch größere Probleme als heute, denn dann hat man zwei Sanierungskandidaten statt nur einem.

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