Gefährliche Verjüngungskur oder was man von der Stadlshow lernen kann

Immer wieder hört man folgendes Statement in Marketing- und Strategiemeetings: „Unsere Marke wird zu alt. Wir müssen diese radikal verjüngen, um auch neue, jüngere Zielgruppen anzusprechen.“

Direkt zwischen die Stühle

Nur dabei geht man das große Risiko ein, dass man letztendlich niemanden mehr anspricht. Heißt: Die Stammkunden werden durch die Verjüngungskur verwirrt und nicht mehr in ihrer Kaufentscheidung bestätigt. Die jüngeren Kunden kommen nicht in der erwartenden Geschwindigkeit oder bleiben ganz aus, weil es für sie bereits andere jüngere und damit attraktivere Angebote gibt.

Genau das dürfte auch bei der „Verjüngungskur“ des Musikantenstadls passiert sein. Statt dem langsamen Abwärtstrend bei den Zuseherzahlen gegenzusteuern, hat man diesen mit dem neuen Markennamen „Stadlshow“ und dem neuen Moderatorenduo Francine Jordi und Alexander Mazza sogar beschleunigt. So wird nach nur zwei neuen Stadlshows dieser Samstagabendprogrammpunkt (abgesehen von der Silvestersendung) eingestellt.

Sanft besser als radikal

Mit dem früheren Wechsel von Karl Moik auf Andy Borg im Jahr 2005 schaffte man es geschickt, den Musikantenstadl sanft zu repositionieren. Diesen Weg hätte man auch beim letzten Relaunch fortsetzen sollen, um gezielt, mit neuen Teilinhalten oder auch neuen Moderatoren jünger zu werden. Der jetzige Schritt, vor allem aber in Verbindung mit dem Namenswechsel von „Musikantenstadl“ auf „Stadlshow“ war viel zu radikal.

Damit sind wir bei einem wichtigen Punkt: Denn der schwierigste Markenjob von allen ist es, eine Traditionsmarke erfolgreich zu repositionieren. Wem es gelang, ist Nimm 2, indem man den Markenfokus „Vitamine und Naschen“ beibehielt, aber die „altmodischen Zuckerl“ um moderne Frucht- oder besser Lachgummis ergänzte.

Das heißt: Wenn man eine Traditionsmarke wieder jünger und vor allem relevanter positionieren möchte, sollte man immer sehr behutsam auf den bestehenden Markenwerten aufbauen. Oft macht es dabei sogar Sinn, wieder zu den Urwerten einer Marke zurückzukehren. (Dies könnte oder sollte man für den nächsten Silvesterstadl überlegen.) Wenn man aber wirklich den radikalen Wandel sucht, sollte man parallel zur Traditionsmarke eine neue zweite Marke mit einer neuen komplett eigenständigen Positionierung lancieren. So einfach in der Theorie. Oft so schwer in der Praxis.

Erschien gekürzt in Medianet vom 22. Januar 2016

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