Eine Marke ist immer das Ergebnis eines Prozesses. So kommt keine Marke als große Marke auf diese Welt. Nur wenn man eine starke Marke bauen möchte, sollte man aus Sicht der Kundenwahrnehmung zwei Phasen unterscheiden, nämlich die Neuigkeitsphase und die Bestätigungsphase.
Was unser Gehirn liebt
Auf der einen Seite sucht unser Gehirn ständig nach Bestätigung. So beurteilen wir die Welt in der Regel nach unseren Erfahrungen und Vorlieben, die wiederum natürlich stark von unserem Umfeld geprägt sind. Das ist auch der Grund, warum wir nach einem Autokauf die von uns gekaufte Marke auf der Straße intensiver wahrnehmen als vorher. Wenn Sie sich etwa einen 5er BMW kaufen, werden ihnen auf einmal alle 5er BMW stärker auffallen. Wenn Sie sich einen Volvo V90 kaufen, werden Ihnen auf einmal alle Volvo V90 auffallen. Wenn Sie sich einen Tesla kaufen, werden Ihnen auf einmal alle anderen Teslas noch einmal verstärkt auffallen.
Auf der anderen Seite hat unser Gehirn Interesse an Neuem. Im Idealfall ist diese Neue aus Markensicht so positioniert, dass es am Bestehenden, also an unserem Vorwissen in unserem Gehirn andocken kann. So gesehen war etwa die Idee „erste Steinofen-Fertigpizza“ von Ernst Wagner brillant. Auf der einen Seite war dies eine neue Idee, aber auf der anderen Seite baute diese perfekt auf unserem Erfahrungsschatz auf. So kannten wir bereits den Steinofen aus der Pizzeria.
Der Faktor Glaubwürdigkeit
Dazu kommt bei neuen Ideen aber noch ein wesentlicher Faktor, nämlich der Faktor Glaubwürdigkeit. Nehmen Sie die Marke Daewoo. Diese koreanische Automarke wurde Mitte der 1990er Jahre in Deutschland mit einem geschätzten Werbebudget von 50 Millionen DM (ca. 25 Millionen Euro) eingeführt. Jennifer Rush sang dabei in den Werbespots „Daewoo und Du“.
Trotz dieses hohen Werbebudgets wurden nur knapp tausend Autos verkauft. Der Grund: damals hatten die deutschen Autokäufer und Autokäuferinnen wenig Vertrauen zu koreanischen Autos. Sie waren neu und anders und irgendwie ungewohnt und daher weniger vertrauenswürdig. Heute mehr als 20 Jahre später hat sich dies massiv verändert. So ist heute die koreanische Automarke Hyundai das meistverkaufte asiatische Auto in Deutschland, vor den Japanern Toyota, Mazda, Nissan oder Honda. Daewoo wiederum als Automarke gibt es nicht mehr. Heute haben viele Vertrauen in koreanische Autos.
Der große Werbefehler
Das heißt: Wenn Sie heute eine neue Marke am Markt einführen möchten, sollten Sie daher zuerst auf PR setzen. PR ist auf der einen Seite ideal, um uns Menschen etwas Neues näherzubringen. Auf der anderen Seite ist PR zudem ideal, um uns dieses Neue glaubwürdig und zudem relativ kostengünstig zu vermitteln. Gleichzeitig passiert aber noch etwas, wenn Sie eine Marke mit PR einführen, nämlich: je erfolgreicher Ihre PR-Kampagne ist, desto mehr verliert die Marke an PR-Potenzial. Deshalb sollten Sie dann, wenn das PR-Potenzial aufgebraucht ist, die Marke massiv mit Werbung pflegen. Genau das war etwa das Kommunikationskonzept von Ryanair. Diese Marke wurde mit PR und Mundpropaganda groß. Heute macht man auch Fernsehwerbung. Dasselbe gilt auch für Marken wie Ebay, Amazon, Netflix und viele, viele andere.
Nur statt auf dieses Kommunikationsmuster „zuerst PR, dann Werbung“, zu setzen, „killen“ immer noch viele Unternehmen a la Daewoo ihr eigenes PR-Potenzial mit zu viel eigener Werbung. Das ist wahrscheinlich der mit Abstand größte Werbefehler, den man im Wettbewerb des 21. Jahrhunderts machen kann, denn speziell die sozialen Medien sind ideal für PR, PR und PR oder vielleicht besser und anders ausgedrückt für Storytelling.
Marken bauen und Marken pflegen
Entscheidend dabei: Der Neuigkeitswert der Marke muss zentraler Bestandteil der Story sein. Das heißt aber auch: Man sollte heute den Prozess des Markenaufbaus wie eine Art „Theaterstück“ inszenieren, angefangen von Ankündigungspolitik, über Einführungsberichte, Testberichte bis hin zu den Erfolgsmeldungen. Erst wenn das PR- bzw. Storytelling-Potenzial aufgebraucht ist, sollte man die so gebaute Position in der Wahrnehmung der Kunden massiv mit Werbung unterstreichen und weiter ausbauen. Fazit: In der Neuigkeitsphase sollten Sie auf PR setzen, um die neue Marke glaubwürdig zu etablieren. In der Bestätigungsphase sollten Sie die erreichte Position mit Werbung pflegen und verstärken. So einfach in der Theorie, oft so schwer in der Praxis.