Porsche und das Denken in Geschäftsmodellen

„Porsche will mehr Verbrenner bauen“, „Strategiewechsel: Warum Porsche wieder mehr auf Verbrenner setzt“, „Sportwagenhersteller in der Krise: Porsche macht Rolle rückwärts beim Verbrenner-Aus“ und „Strategieschwenk zum Verbrenner: Porsche fällt nach E-Rückzieher auf Allzeittief“. Das waren nur einige Schlagzeilen, die der Automobilerzeuger Porsche letzte Woche machte.

Was unser Denken prägt

Für Hardcore-Verbrenner-Fans waren diese Schlagzeilen natürlich Balsam auf die Seele. Für Vertreter der E-Mobilität ist dieser Schwenk natürlich ein echter Rückschritt in die Vergangenheit. Eines ist aber auf alle Fälle klar: Porsche wirkt nicht nur verunsichert, sondern verunsichert so auch die Kunden, die eigenen Händler, die eigene Belegschaft und natürlich auch den Aktienmarkt.

Um das Ganze einmal in Summe besser zu verstehen, sollten wir einmal einen Blick auf unser Gehirn werfen. Wir oder besser unser Gehirn kennen nicht nur Gegenwart, sondern auch Vergangenheit und Zukunft. Dabei wird unser Denken und Handeln ganz stark auch von dieser Vergangenheit geprägt. Sie ist die Basis für unser Handeln und Denken in der Gegenwart und natürlich auch mit die Basis für unsere Zukunftsplanungen und Zukunftsvorstellungen.

Geschäftsmodell als Denkrahmen

Damit ist ein über Jahrzehnte funktionierendes Geschäftsmodell sehr viel mehr als nur ein „Geschäftsmodell im engeren Sinne“, sondern mental gesehen auch ein funktionierender Denkrahmen. Manager und Managerinnen denken damit auch in Geschäftsmodellen.

So ist auch klar, dass das Denken der großen europäischen Automobilmarken vom Verbrenner-Geschäftsmodell geprägt ist. Dieses Geschäfts- und Denkmodell schuf einige der wertvollsten Marken der Welt. So gehören laut Interbrand Marken wie Mercedes-Benz (Platz 8), BMW (Platz 10), Porsche (Platz 43), Audi (Platz 45), VW (Platz 49), Ferrari (Platz 62) und Range Rover (Platz 96) zu den 100 wertvollsten globalen Marken.

Was aber passiert, wenn ein neues Geschäftsmodell ein altes Geschäftsmodell attackiert und in Frage stellt? Dann wird natürlich auch das bestehende Denkmodell attackiert und in Frage gestellt. Nur das ist etwas, was unser Gehirn ganz und gar nicht mag.

Zwei nicht ungefährliche Reaktionen

Genau aus diesem Grund kommt es dann oft zu zwei (aus Markensicht) nicht ungefährlichen Reaktionen:

Reaktion 1: Man negiert das neue Geschäftsmodell bzw.  redet es klein. Denn dadurch muss man sich dann nicht mehr wirklich damit beschäftigen. So zeigte sich etwa der damalige VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch 2014 am Genfer Autosalon wenig begeistert von Tesla. Sein damaliger Kommentar laut WirtschaftsWoche: „Wir brauchen keine brennenden Autos“.

Reaktion 2: Wenn man das neue Geschäftsmodell aus Erfolgsgründen nicht mehr negieren und kleinreden kann, dann versucht man es unter einer Bedingung zu akzeptieren. Und genau das ist eine sehr gefährliche Bedingung, die dann meist so lautet: „Dieses neue Geschäftsmodell ist wirklich interessant, aber es muss sich in unser bestehendes Geschäftsmodell integrieren lassen.“

Das bedeutet aber auch, dass es sich in das bestehende Denkmodell integrieren lassen muss. Nur genauso wird man etwa Elektromobilität immer aus der Verbrenner-Sichtweise denken.

Dazu schrieb die WirtschaftsWoche 2014 das Folgende: „Die Amerikaner konzipieren ihre Autos immer vom Elektroantrieb ausgehend. VW hingegen integriert strombetriebene Motoren in die bestehende Fahrzeugpalette. Und das nach Konzernangaben deutlich erfolgreicher als Tesla. VW habe das breiteste Angebot an Elektrofahrzeugen, so Vorstandschef Martin Winterkorn.“

Zwei statt einem Geschäfts- und Denkmodell

Eine mögliche Lösung für diese Herausforderung ist, dass man in zwei Geschäftsmodellen denkt und handelt. Das hätte auch der VW-Konzern frühzeitig tun können. Dazu gibt es letztendlich sogar mehrere Möglichkeiten:

(1) Das alte Geschäftsmodell bleibt mit seinen Marken wie es ist. Parallel dazu baut man ein neues Geschäftsmodell mit neuen Marken.

(2) Das alte Geschäftsmodell bleibt mit seinen Marken wie es ist. Parallel dazu kauft man das neue Geschäftsmodell mit einer oder mehreren neuen Marken zu.

(3) Man erweitert das alte Geschäftsmodell mit dem neuen Geschäftsmodell. Parallel dazu baut man aber zusätzlich ein neues Geschäftsmodell mit neuen Marken.

(4) Man erweitert das alte Geschäftsmodell mit dem neuen Geschäftsmodell. Parallel dazu kauft man zudem das neue Geschäftsmodell mit einer oder mehreren neuen Marken zu.

Nur genau diese Wege gehen die wenigsten großen Unternehmen, weil man a) das Potenzial der großen bestehenden Marken überschätzt und b) das Potenzial von neuen Marken unterschätzt.

Zurück zu Porsche

Noch im März 2024 konnte man folgende Zeilen über Porsche lesen: „Porsche forciert Umbau auf Elektroantrieb: Porsche setzt bei seiner künftigen Modellpalette wie kaum ein Sportwagenhersteller auf den Elektroantrieb. 2027 sollen sechs von sieben Baureihen mit Strom fahren. Ende des Jahrzehnts will man gar 80 Prozent aller Neuwagen als E-Auto ausliefern.“ Damals klang dies nach einer klaren und mutigen Zukunftsstrategie.

Dagegen klingen die aktuellen Schlagzeilen über Porsche eher nach totaler Verunsicherung. Aber genau hier liegt das Kernproblem: Strategie bedeutet, dass man eine Idee von der Zukunft hat, um dann das Unternehmen konsequent daraufhin auszurichten. Strategie heißt aber mit Sicherheit nicht, dass man alle 9 bis 12 Monate die Richtung grundlegend wechselt. Vielleicht sollte man bei Porsche nicht nur das eigene Geschäftsmodell, sondern vor allem auch das eigene Denkmodell in Frage stellen.

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