Die Linzer Johannes Kepler Universität, kurz JKU feiert aktuell ihr 50-jähriges Bestehen. Einer ihrer Gründungsprofessoren war der österreichische Marketingpapst Ernest Kulhavy, der zudem in Linz das erste Marketinginstitut im deutschsprachigen Raum etablierte. Dazu wurde er von den Oberösterreichischen Nachrichten gefragt, was für den Erfolg der JKU in Zukunft wichtig sei. Seine Antwort: „Nur eines: Gutes Marketing!“
Marketing ist nicht gleich Marketing
Viele mögen sich jetzt spontan denken, dass Marketing alleine wohl nicht ausreiche, um als Universität erfolgreich zu agieren. Nur damit versteht man Marketing nicht so, wie es uns Professor Kulhavy über Jahrzehnte lehrte. Denn für ihn war und ist Marketing mehr als nur eine Unternehmensfunktion. Für ihn war und ist es eine ganzheitliche Betrachtung aus Kundensicht, also eine Unternehmensphilosophie.
Nur das würde auch bedeuten, dass sich die JKU komplett aus Marketingsicht hinterfragen müsste, um sich dann darauf aufbauend strategisch auszurichten. Nur wenn man sich die Praxis heute ansieht, passiert dies in den wenigsten Fällen. Vielmehr wird die Marketingabteilung immer öfter zu einer „besseren Kommunikationsabteilung“ degradiert. Nicht anders kann man sich die aktuelle Werbelinie der JKU erklären, in der es rund um die Aussage „Platz für …“ um die Vielfalt statt um die klare Positionierung geht.
Die JKU aus Marketingsicht heute
Denn wenn man sich die JKU heute aus Marketingsicht oder besser aus Sicht der Wahrnehmung durch den Markt ansieht, ist schnell klar, worin das Marketingproblem Nr. 1 der JKU liegt. So heißt es etwa auf der Website der JKU: „Zukunftsorientierte Studiengänge, Spitzenleistungen in Forschung und Lehre, zahlreiche Kooperationen im In- und Ausland und ein einzigartiger Campus im Grünen prägen das Erscheinungsbild der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz. Als junge Universität (seit 1966) und größte wissenschaftliche Institution Oberösterreichs ist die JKU in kürzester Zeit zu einem Impulszentrum für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft geworden. 60 Studienrichtungen für über 19.000 Studierende garantieren eine moderne und praxisnahe Ausbildung mit hervorragenden Jobaussichten. Die Forschungsleistungen der Fakultäten und Institute sind weltweit anerkannt.“
Die JKU ist so eine Sozial- und Wirtschaftsuniversität. Sie ist eine Universität der Rechtswissenschaften. Sie ist eine technisch-naturwissenschaftliche Universität und seit kurzem auch eine medizinische Universität.
Regionale Marktführerschaft versus internationale Reputation
Damit kann sie sich zwar klar als größte oberösterreichische Universität positionieren, aber national und international wird sie immer von einzelnen Professoren und Instituten abhängig sein. Nur genau diese „Alles-für-alle“-Strategie ist mit Sicherheit nicht die beste, um sich im immer globaleren Wettbewerb klar auszurichten. Vielmehr besteht so die Gefahr, dass man schleichend in allen Bereichen an Kompetenz verliert. So gesehen wäre es vielleicht besser gewesen, auf die medizinische Fakultät zu verzichten, um den Mechatronikbereich als Leadprodukt vor allem auch in der Kommunikation auszubauen, also Fokussierung statt Diversifikation. Nur dazu müsste auch die JKU Marketing als grundlegende Philosophie und nicht als Werbung verstehen. Die Zukunft wird es zeigen.
Im Ausland (…als Auslandsösterreicher kann ich davon sprechen) wird die Uni Linz vor allem über drei Personen wertschätzend wahrgenommen:
1. Ernest Kulhavy – Marketing
2. Friedrich Schneider – Volkswirtschaft
3. Bruno Buchberger – Informatik (und dies, obwohl er längst in Hagenberg ist)
Es ist schon beeindruckend, wie einzelne Personen die Außenwahrnehmung einer Uni prägen, ja dominieren können.
Wie sehen Sie das, Herr Brandtner – und was bedeutet das für die nächsten 50 Jahre der JKU?
Im Endeffekt bedeutet dies aber, dass eine Uni wie die JKU „Branding by Zufall“ oder besser „Branding by Professor“ betreibt. Aus meiner Warte sollte die JKU zwei Positionen einnehmen: In OÖ als Marktführer. Das ist nicht so schwierig. Außerhalb von Oberösterreich sollte man sich aktiv auf einen Leadbereich fokussieren, um diesen massiv auszubauen. Das wäre etwa Mechatronik. Nur wahrscheinlich wird man dies nicht machen, weil alle Institute gleichwertig sein sollten. Nur damit ist man eigentlich zur Mittelmäßigkeit verurteilt, aus der dann immer wieder einzelne Professoren ausbrechen werden.