Letzten Samstag, also am 26. April wurde der Chef einer europäischen Automobilmarke gefragt, wofür die Marke stehe. Seine Antwort: Die Marke „steht für Emotion unter Berücksichtigung der eigenen Geschichte, Technologie und Innovation, Bodenständigkeit, Seriosität, Qualität und ein bisschen Lebenslust.“ Dann versuchte er das Ganze noch so auf den Punkt zu bringen: „Wir wollen eine führende „Upper-Mainstream-Marke“ sein – also bewusst nicht Premium. Aber: Wir wollen auch nicht in Richtung Low-Cost gehen.“ Haben Sie die geringste Ahnung, welche Marke dies überhaupt sein könnte?
Begriffe aus der Welt der Werbung
Stellen Sie sich vor, sie würden am Stammtisch erzählen, dass Sie sich gerade beim Autokauf für eine „Upper-Mainstream-Marke“ entschieden haben. Ihr Bekannten- oder Freundeskreis würde wahrscheinlich maximal den Kopf schütteln. Nur gerade solche Begriffe kommen aus Markensicht leider immer wieder in Strategiemeetings enorm gut an, speziell wenn diese von renommierten Werbe- oder Designagenturen präsentiert werden.
Schön aufbereitet mögen diese Begriffe Manageraugen zum Leuchten bringen, auf dem Markt haben diese so gut wie keine Relevanz. So sprechen wir nicht. So denken wir nicht und so speichern wir auch mit Sicherheit keine Marke im Gedächtnis ab. Oder welche Marke haben Sie unter „Upper-Mainstream“ im Kopf abgespeichert? Wenn es nach Alain Favey, dem Chef von Peugeot im Stellantis Konzern gehen sollte, ist die oben beschriebene Marke natürlich Peugeot.
Konkret statt abstrakt
Eine Idee wie die erste nachgebende Zahnbürste mag vielleicht weniger genial als die erste Medi-Lifestyle-Zahnbürste klingen, nur dafür funktioniert so eine Idee in den Köpfen der Kunden. Eine Idee wie der erste Energydrink mag weniger genial klingen als der erste Premium-Lifestyle-Performance-Drink, nur dafür funktioniert so eine Idee in den Köpfen der Kunden.
Kunden denken nicht in abstrakten „Lifestyle- und Upper-Mainstream“-Begriffen, sondern in konkreten Kaufentscheidungen. Gleichzeitig sind diese Kaufentscheidungen wünschenswerte Positionen für Marken. Sie denken an nachgebende Zahnbürste. Sie denken an Dr. Best. Sie denken an Energydrink. Sie denken an Red Bull. Sie denken an Suche im Internet. Sie denken an Google. Sie denken aktuell an KI. Sie denken an ChatGPT. Sie denken an Videos im Internet. Sie denken an YouTube. Sie denken an Business-Netzwerk. Sie denken an LinkedIn.
Warnsignal statt Genialität
Wenn Ihnen Ihre Agentur bei strategischen Markenmeetings Begriffe wie Lifestyle-Premium oder Upper-Mainstream als Positionierung für Ihre Marke präsentiert, sollten Sie dies nicht als geniale Idee, sondern als echtes Warnsignal sehen. Denn dann hat entweder die Agentur Ihre Position und Positionierung nicht auf den Punkt gebracht, oder Sie haben wirklich ein echtes Positionierungsproblem.
