McDonald’s und der (un)logische Weg zum Wachstum

Unser Wirtschaftssystem wird von Wachstum bzw. von Wachstumszielen getrieben. So setzen sich viele oder besser die meisten Unternehmen Jahr für Jahr neue Wachstumsziele. Je nach Ausgangslage sind diese natürlich verschieden. Etablierte Unternehmen in etablierten Märkten planen dann oft 3, 5 oder auch 10 Prozent Wachstum. Bei Startup-Unternehmen geht es oft auch um die Verdoppelung oder gar die Verdreifachung des Jahresumsatzes.

Der logische Weg zum Wachstum

Wenn man einmal von Startup-Unternehmen in jungen, schnellwachsenden Märkten absieht, gilt in den meisten Unternehmen die „Mehr ist mehr“-Wachstumsformel: mehr neue Produkte, mehr neue Zielgruppen, mehr neue Vertriebswege, mehr neue Preisbereiche oder Preisaktionen, mehr neue Werbekampagnen oder auch Kommunikationskanäle.

Es klingt absolut logisch, dass mehr zu mehr führen muss. Interessant dabei ist, dass man bei vielen Unternehmen dabei drei „Mehr ist mehr“-Phasen unterscheiden kann:

Phase 1: Mehr ist mehr, um die bisherigen Wachstumsraten beibehalten zu können.

Phase 2: Mehr ist mehr, um nicht zu stagnieren.

Phase 3: Mehr ist mehr, um doch vielleicht wieder einmal zu wachsen.

Nehmen Sie etwa McDonald’s in etablierten Märkten wie in den USA oder auch in Deutschland. Aktuell dürfte die Marke endgültig in Phase 2 angekommen sein. So versucht man sich regelmäßig wieder neu zu erfinden. So hatten wir neue Produkte wie McCurrywurst oder die Bio-Burger. Dazu kamen die neue Vertriebsschiene McCafe, die Heimzustellung und der Restaurantservice in ausgewählten Filialen. Aktuell spricht McDonald’s sogar vom Restaurant der Zukunft.

So schrieb etwa das WirtschaftsBlatt am 6. Juli dieses Jahres: „McDonald’s steht unter Druck und erfindet sich neu. In Deutschland wurden bereits 72 Filialen nach dem innovativen Konzept gestaltet.“ Dazu erklärte McDonald’s Deutschland-Chef Holger Beeck gegenüber dem „Handelsblatt.“ „McDonald’s will stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden eingehen.“ So können sich die Kunden via Terminal oder App ihren eigenen Hamburger kreieren. „Mach deinen Mäc“ heißt das Programm in Deutschland, „My Burger“ in Österreich.

Der unlogische Weg zum Wachstum

Übersehen wird bei dieser Art des „Mehr ist mehr“-Wachstums, dass man a) damit immer weniger speziell aus Kundensicht wird, und b) dass man trotz aller Anstrengungen irgendwann einen Punkt erreicht, an dem die Marke nicht mehr wachsen kann. So haben irgendwann, wenn man sich zu oft neu erfunden hat, die Kunden den Eindruck, dass die Marke – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr so gut wie früher ist.

Was aber sollte McDonald’s dann tun? Genau das Gegenteil! McDonald’s als Marke sollte sich wieder auf die eigenen Stärken fokussieren, nämlich auf den Hamburger. Aber würde McDonald’s so wieder als Marke nachhaltig auf Wachstumskurs kommen? Natürlich nicht! Aber es würde die notwendigen Mittel, aber vor allem auch die notwendige Kreativität freisetzen, um als Unternehmen wieder massiv zu wachsen.

Das heißt: Die Marke McDonald’s sollte sich nicht mehr auf Wachstum um jeden Preis versteifen, sondern auf möglichst hohen Gewinn, um dann rund um die Marke McDonald’s ein globales Mehr-Marken-System in der Systemgastronomie aufzubauen. Frage dazu: Wie hätte das globale Wachstum bei McDonald’s in den letzten 20 Jahren aussehen können, wenn man etwa auch im Besitz der Marken Subway und Starbucks gewesen wäre? Dann hätte heute McDonald’s einen Unternehmensfokus auf Systemgastronomie mit drei fokussierten Marken, nämlich Hamburgern, Sandwiches und Kaffee und könnte dieses System laufend mit ausgewählten neuen Marken erweitern.

Logik versus Unlogik

Selbst wenn das Management von McDonald’s diesen Blog-Beitrag lesen wird, würde man wahrscheinlich nicht die eigene Wachstums- und damit auch Markenstrategie überdenken oder wenigstens in Frage stellen. Vielmehr wird man weiterhin auf den logischen Weg zu mehr Wachstum setzen und dieser lautet: Mehr neue Produkte, mehr neue Zielgruppen, mehr neue Dienstleistungen, mehr neue Vertriebswege, mehr neue Kommunikation. In der Theorie mag das sicher stimmig sein. In der Praxis sprechen zwei Faktoren dagegen: (1) Je breiter eine etablierte Marke wird, desto weniger speziell wird diese in der Wahrnehmung der Kunden. (2) Je breiter eine etablierte Marke wird, desto mehr spezialisierte Konkurrenz, vor allem auch in jüngeren Wachstumsmärkten gibt es.

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2 Antworten zu McDonald’s und der (un)logische Weg zum Wachstum

  1. Prom Wallinger schreibt:

    Gerald Mandlbauer, geschätzter Chefredakteur der OÖ Nachrichten, schrieb 1994 unter der Überschrift „Das Fastfood-Prinzip“ Folgendes über McDonald’s:

    „Das Angebot im Fastfood-Laden ist begrenzt. Ob Sie nun ein Fastfood-Restaurant in New York, Moskau oder Linz aufsuchen, der Cheeseburger wird immer gleich schmecken und ein gleiches Gewicht aufweisen. Auf Sonderwünsche wird im Fastfood-Restaurant nicht eingegangen. Ganz nach dem Prinzip von Henry Ford, dem Erfinder des Fließbandes.“

    Jetzt also „Mach Deinen Mäc!“ (in Deutschland) und „My Burger“ (in Österreich)!

    Interessant, was Philipp Wachholz von McDonald’s selbst dazu in der offiziellen Pressemitteilung vom 4.7.2016 sagt: „So können Gäste beispielsweise (…) den McChicken Classic mit Bacon (….) garnieren lassen.“ (Kommentar: Wer isst denn so etwas, Hühnchen mit Speck??? Aber das nur als Anmerkung am Rande)

    Ist das nicht ein kompletter Paradigmenwechsel? Eine komplette Abkehr vom Markenkern, der McDonald‘s groß gemacht hat? Und ist es nicht eine begrenzt einfallsreiche Kopie von Burger King’s „Have it your way“? Burger King spricht auf der offiziellen Webseite unter der Rubrik „made to order“ schon seit Jahren von „The sandwich (…) always (…) exactly how you like it“.

    Wie sehen Sie das, Herr Brandtner?

    • michaelbrandtner schreibt:

      „Have it your way“ jetzt aktuell nur „Your way“ war speziell in den 1970er Jahren ein starke Kampagne, um sich von McDonald’s zu differenzieren. Aber auch damals war ein Problem von Burger King, dass man so im Service langsamer war als McDonald’s. Bereits 1992 probierte Burger King in den USA einen Restaurantservice mit Bedienung, was natürlich nicht funktionierte. Jetzt probiert es McDonald’s.

      Beide Marken sind aktuell dabei, ihren Fokus zu verlieren. Nur beide Marken sollten mit Ihrem Fokus-Verlust verschieden umgehen. McDonald’s sollte die Marke McDonald’s wieder auf Hamburger fokussieren, um dann ein Mehr-Marken-System zu bauen. Burger King sollte sich auf flammengegrillte Hamburger fokussieren, um sich als starke Alternative zu McDonald’s zu positionieren. Heißt aber auch: beide Marken sollten aufhören, ständig operativ an der eigenen Marke herumzubasteln.

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