Letzten Freitag hielt ich einen Gastvortrag zum Thema „Markenpositionierung“ in der HAK in Ried. Bei der Vorbereitung zu diesem Vortrag beschäftigte ich mich auch mit dem Innviertel, um es als Beispiel in meinem Vortrag zu bringen. Dabei durchlief ich gedanklich drei Phasen:
Phase 1: Der mentale Kontext
Wenn man sich heute die Regionen in Oberösterreich ansieht, dann gibt es hier sicher einmal Linz als Landeshauptstadt und die vier Vierteln, nämlich das Hausruckviertel, das Innviertel, das Mühlviertel und das Traunviertel. Daneben gibt es noch, vor allem touristisch betrachtet, das Salzkammergut, den Böhmerwald und die Donau. Nicht übersehen sollte man auch Städte wie Enns, Steyr, Wels oder Bad Ischl. Daraus lässt sich vereinfacht (ohne Skigebiete) folgende Positioning-Darstellung ableiten:
Linz ….. Landeshauptstadt
Wels …. Messestadt
Enns …. Älteste Stadt
Steyr ….. Auto- bzw. Industriestadt
Bad Ischl …. Kaiserstadt
Mühlviertel ….. Hügelland
Salzkammergut …. Seen/Alpenvorland
Böhmerwald ….. Urlaubsdestination
Donau …. Radwanderweg
Interessant dabei ist, dass – abgesehen vom Mühlviertel – die drei anderen Viertel keine klare Position haben. Beim Traunviertel liegt das sicher darin bedingt, dass das Salzkammergut hier als Teil des Traunviertels sehr viel stärker positioniert ist. Inn- und Hausruckviertel sind aber aus Markensicht wenig greifbar.
Phase 2: Den Fokus verengen
Diese Kurzanalyse bedeutet für das Innviertel, dass man a) relativ frei positionierbar ist, weil man noch kein klares Profil hat, und b) dass man bereits besetzte Positionen meiden sollte. Der nächste Schritt ist, dass man den Fokus verengt. Wie man oben sieht, sind Städte oder auch Regionen eher über den Tourismus oder über den Wirtschaftsstandort positioniert.
Das wäre auch eine absolute Kernentscheidung für das Innviertel. Sollte man sich als Wirtschafts- oder Tourismusregion positionieren? Wo sollte der Fokus liegen? Da das Innviertel kein touristisches Bild, keine spezielle Landschaft besitzt, sollte man einmal in Richtung Wirtschaft denken. Dabei stößt man dann automatisch auf eine große Stärke des Innviertels, nämlich viele renommierte Unternehmen wie AMAG, FACC, Fill, Fischer, KTM, Scheuch, Team 7, Wintersteiger und viele, viele andere.
Nur macht es hier keinen Sinn, sich als breite Industrieregion zu positionieren, da dies wahrscheinlich vom Zentralraum rund um Linz und die Städte Enns, Steyr, Wels besser abgedeckt wird. Hier sollte man den Fokus noch einmal verengen. Und genau hier könnte auch der Name Innviertel selbst helfen, nämlich, wenn man in der Positionierung, dem Slogan auf Alliteration setzen würde. Meine Idee dazu, die ich am Freitag auch präsentierte:
Innviertel: Das Innovations-Viertel
Phase 3: Ein Programm entwickeln
Nur eine Positionierung alleine ist zu wenig. Man muss diese auch zum Programm machen. So könnte man auf der einen Seite basierend auf dieser Idee ein Kommunikationsprogramm entwickeln, um diese Position glaubwürdig zu etablieren. Gleichzeitig aber müsste man auch ein internes Umsetzungsprogramm entwickeln, um diese Position von der Betriebsansiedlungspolitik bis hin zur Bildungspolitik ganzheitlich voranzutreiben.
Das heißt: Diese Idee „Innovations-Viertel“ müsste viel mehr als nur eine Werbeidee sein. Sie müsste eine dauerhafte Vision für das Innviertel in Summe werden. Man müsste wirklich den Anspruch haben, dass man zuerst in Oberösterreich und dann in Österreich in Summe als die Innovationsregion Nr. 1 gesehen wird.
Doppelt fokussiert
Damit wäre das Innviertel auch doppelt fokussiert. Auf der einen Seite hätte man einen klaren Fokus in der Kommunikation. Auf der anderen Seite hätte man auch einen klaren Fokus für die zukünftigen Maßnahmen. Und genau darum geht es, wenn man eine starke Position am Markt, in der Wahrnehmung der Kunden aufbauen will.
Mir gefiel, in Ihrem Beitrag, der Satz:
„(…) dass man relativ frei positionierbar ist, weil man noch kein klares Profil hat“.
Mir gefiel auch der Satz des Aspacher Unternehmers Klemens Steidl (Stand 11/2015): „Das Investitionsvolumen des Innviertels ist einzigartig und derzeit das größte österreichweit.“
Gleichzeitig meinte er: „Wir erwarten uns mehr Wahrnehmung in der Landespolitik.“
Ein ziemlicher Widerspruch also!
Von einer „Wahrnehmung in der Bundespolitik“ wagte er sowieso nicht zu träumen.
Vor diesem Hintergrund sind Ihre Überlegungen ziemlich treffend.
PS: Die Verantwortlichen in Braunau, Ried und Schärding sind alle Profis. Ich denke, sie werden erkennen, was eine gute von einer sehr guten Positionierung unterscheidet.