Die größte Herausforderung für Marken- und Unternehmensverantwortliche taucht immer dann auf, wenn neue Produkte oder Dienstleistungen am Horizont auftauchen, die das eigene Geschäftsmodell beeinflussen oder gar unter Druck setzen könnten. Denn genau dann kommt auch das Management unter Entscheidungsdruck. Dabei gibt es drei grundlegende Möglichkeiten: (1) Man negiert die neuen Produkte oder Dienstleistungen am Horizont (und redet diese klein). (2) Man versucht, diese neuen Produkte und Dienstleistungen in das bestehende Geschäftsmodell zu integrieren. (3) Man nutzt diese neuen Produkte und Dienstleistungen, um damit parallel zum alten Geschäftsmodell ein neues Geschäftsmodell mit einer neuen Marke zu bauen.
Die beliebte Managementlogik …
In vielen oder sogar in den meisten Fällen entscheidet sich das Management letztendlich für die zweite Strategie. Denn diese hat – vor allem isoliert betrachtet – drei große Vorteile: (1) Man nutzt so den Wert der bestehenden Marke, um neue Produkte oder Dienstleistungen einzuführen. (2) Man kann davon ausgehen, dass man so auch das volle Wachstumspotenzial für die eigene Marke nutzen kann. (3) Man haucht so der eigenen Marke neuen Schwung ein, um unter Umständen so auch zum Trendsetter und Vorreiter zu werden.
So gesehen klingt es perfekt logisch und plausibel, wenn Burger King jetzt, wie auch Horizont berichtet, zum „Vorreiter für vegetarischen Fast Food werden“ will. Dazu erklärte der Marketingchef von Burger King Klaus Schmäing: „Wir wollen unseren Gästen die Wahl geben und rechnen damit, dass das sehr gut läuft.“ Dazu bietet das Unternehmen in seinen 750 Filialen seit dieser Woche für alle Rindfleischburger und zu nahezu jedem anderen Fleischgericht auch ein vegetarisches Pendant an. Und genau hier könnte der fatale Fehler liegen.
… und die oft übersehene Kundenwahrnehmung
Denn während Unternehmen „Alles-für-alle-Strategien“ lieben, bevorzugen die Kunden meist ein spezifisches Produkt oder eine spezifische Dienstleistung. Als das Smartphone so richtig seinen Durchbruch schaffte, reagierte Nokia mit bis zu 60 Smartphone- und Mobiltelefonmodellen pro Jahr. Egal was der Kunde wollte, Nokia konnte es bieten. Das Problem war nur, dass die Kunden entweder ein iPhone von Apple oder ein Samsung Galaxy wollten.
Genau hier macht sich Burger King mit der neuen Strategie doppelt verwundbar. Denn statt sich mit unzähligen fleischlosen Varianten „anzubiedern“, hätte man a la Apple mit dem iPhone besser alle Kraft auf eine Variante fokussiert, um diese in der Wahrnehmung der Kunden klar und begehrenswert zu positionieren. Dabei hätte man aus der eigenen Geschichte lernen können. So hat der Whopper für Burger King mehr getan als alle anderen Burger-Varianten zusammen. Dasselbe gilt für den Big Mac von McDonald’s.
Was McDonald’s jetzt tun sollte
Damit sind wir aber bei einem weiteren wichtigen Punkt. Markenerfolg ist immer relativ. Er hängt von der eigenen Strategie und von den Strategien der Mitbewerber ab. Und genau hier bietet die neue Burger King-Strategie zwei große Chancen für McDonald’s:
(1) McDonald’s könnte so alle Kraft auf einen veganen Burger fokussieren, der wirklich zum veganen Lieblingsburger von vielen wird. Nur dazu sollte man sich einen besseren Namen als Big Vegan TS, Fresh Vegan TS oder auch Veganburger TS einfallen lassen. Hier sollte man sich entweder den Big Mac selbst oder Chicken McNuggets zum Vorbild nehmen.
(2) McDonald’s könnte eine Marke wie Swing Kitchen kaufen, um das vegane Segment perfekt mit einer zweiten Marke abzudecken und vor allem dann expansiv auszubauen. Damit würde man Burger King massiv in die Zange nehmen.
Dazu kommt noch ein wichtiger Punkt: Wenn ein Nicht-Marktführer zuerst auf eine Produktinnovation setzt, ist trotzdem die Chance groß, dass ein dominanter Marktführer, der verspätet darauf reagiert, Jahre später trotzdem als Innovator gesehen wird. So wurde Diet Pepsi bereits 1964 in den USA eingeführt, während Diet Coke dort erst 1982 eingeführt wurde. Trotzdem liegt Diet Coke klar vor Diet Pepsi in der Wahrnehmung und in den Marktanteilsstatistiken. Genau dasselbe passierte auch Miller Brewing mit Miller Lite gegen Bud Light von Budweiser. So gesehen mag man sich bei Burger King aktuell als Vorreiter sehen, aber die Gefahr ist groß, dass langfristig entweder McDonald’s oder eine vegane Burgerkette a la Swing Kitchen als der Vorreiter gesehen wird. Die Zukunft wird es zeigen.
Erschien im Original auf Horizont.net
Das vegane Leadprodukt von McDo wird wohl in Richtung „The Veggie“ gehen. In Deutschland und Österreich entsprechend „Der Veggie“. So wird in Fachjournalistenkreisen gemunkelt.
Würde auch zur Umgangssprache passen. Wir alle kennen den Ausdruck: „Gehen wir zum Mäcki.“
Umgangssprachlich wird es dann wohl heißen:
„Holen wir uns einen Veggie beim Mäcki“
PS: Interessant folgender Satz in Ihrem Beitrag:
„Denn während Unternehmen ‚Alles-für-alle-Strategien‘ lieben, bevorzugen die Kunden meist ein spezifisches Produkt oder eine spezifische Dienstleistung.“
Ein Beispiel aus der Praxis, negativer Art?
Wenn Strategie-Beratungsfirmen plötzlich Full-Service-Kommunikationsagenturen werden wollen! Dann wird es paradox.
Habe doch tatsächlich in einer alten HORIZONT-Ausgabe Folgendes gelesen:
„Die letzten Jahre haben gezeigt, dass sich immer mehr Kunden, für die wir strategisch arbeiten, eine Gesamtberatung durch (unsere Strategieberatung) wünschen. Als unabhängige Full-Service-Werbeagentur ist dies nun möglich.“