Demnächst wird es neben der JKU, der Johannes-Kepler-Universität noch eine „weitere“ technische Universität auf dem JKU-Campus-Gelände mit dem Namen Institute of Digital Sciences Austria geben. Dazu heißt es auf der Website des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung: „Mit der Gründung des neuen interdisziplinären Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) in Linz wird ein weiterer Beitrag zur Sicherung der digitalen Wettbewerbsfähigkeit Österreichs geleistet, indem praxisorientierte und innovative Digitalisierungsexpertinnen und –experten ausgebildet werden, die dafür sorgen, dass der digitale Wandel zum Nutzen aller und nach demokratischen Werten gestaltet wird.“ So weit. So gut.
Das Schlüsselprinzip eines Herausforderers
Nur wenn man heute in Österreich an „die Universitätsstadt“ denkt, dann kommt einem sicher zuerst einmal Wien in den Sinn. So gesehen ist Linz in einer Art „Herausforderer-Position“. Nur aus dieser Sicht betrachtet, macht es wenig Sinn, dass man die eigenen Kräfte auf zwei Universitäten aufspaltet, die sich dann noch gegenseitig wahrscheinlich Konkurrenz machen.
So schrieben Al Ries und Jack Trout bereits 1986 in ihrem Marketingklassiker „MARKETING GENERALSTABSMÄSSIG“ (Marketing Warfare), dass das Schlüsselprinzip zum Erfolg für einen Herausforderer „Konzentration der Kräfte“ lautet. Nur dabei geht es nicht nur darum, dass man die eigenen Kräfte im Sinne der Ressourcennutzung fokussiert. Es geht vor allem darum, dass man durch diese Fokussierung selbst eine eigene Spitzenstellung in der Wahrnehmung erreicht.
Vom Fokus zur Position
Erschwerend aus Sicht des Universitätsstandorts Linz kommt noch hinzu, dass die JKU selbst keinen klaren Fokus und damit keine klare Position hat. So heißt es auf der Website in der Selbstdarstellung: „Jung, aber oho. Die JKU hat mit ihren knapp über 50 schon einiges erlebt – und einiges zu bieten: Einerseits ein exzellentes Studienangebot und andererseits einen Ort zum Glücklich sein. Auch deshalb, weil hier alle Institute ganz nah beieinander liegen. Das ist durchdacht und modern. Denn neben kurzen Wegen und Zeitersparnis fördert es vor allem eines: den Austausch. Studierende und Lehrende können nicht nur miteinander lernen, sondern auch miteinander leben – und gemeinsam eine gute Zeit haben.“ (Klingt irgendwie nach einer Uni in der Midlife-Crisis. Oder?)
Dabei hat die JKU immer wieder in vielen Teilbereichen wie etwa aktuell Mechatronik oder auch KI neue Standards gesetzt. Nur so gesehen würde es wahrscheinlich Sinn machen, die Kräfte beider Universitäten zu bündeln, um eine starke Position national und international zu entwickeln. Dabei sollte man immer auch das Umfeld im Auge haben. So ist Oberösterreich vor allem aus Sicht der Wirtschaft sehr technologisch und auch sehr international geprägt. Genau hier könnte ein Ansatz liegen, um die JKU etwa als die Universität für International Business Technology im deutschen Sprachraum zu etablieren und zu positionieren. Dazu würden nicht nur Digitalisierung, Mechatronik, Informatik und KI, sondern auch die Wirtschafts-, Sozial- und Naturwissenschaften oder auch Recht und sogar Pädagogik passen. Einzig den Medizinbereich müsste man wahrscheinlich extra sehen. (Nur der wäre sicher leichter extra darzustellen als der Digitalisierungsbereich, also als eine TU.)
Ein „hinterfragendes“ PS zur Digitalisierung: Hier besteht zudem die Gefahr, dass man bei der neuen TU einer Art „Modewort“ folgt oder sogar unterliegt, denn Digitalisierung selbst ist als Querschnittsmaterie nur Mittel zum Zweck und so wahrscheinlich kein eigene echte Materie. Man betreibt Digitalisierung in Bereichen wie Forschung, Produktion, Logistik oder auch Marketing, aber niemand digitalisiert die Digitalisierung.