In einem meiner letzten Blog-Beiträge ging es um das Duell Mark Zuckerburg versus Elon Musk in der Welt der Kurznachrichtendienste. Damals ging es hauptsächlich um die Frage, ob Threads ein ernsthafter Konkurrent von Twitter werden kann. Nur innerhalb weniger Wochen wurde aus dem Duell „Twitter versus Threads“ das neue Duell „X versus Threads“.
Die isolierte Markensicht
Rein aus Markensicht bewertet hat Elon Musk nicht nur mit der aktuellen Umbenennung von Twitter in X bereits bisher massive Markenwerte vernichtet. So war Twitter laut Brand Finance vor einem Jahr 5,7 Milliarden US-Dollar wert. Heuer war die Marke im Ranking der 50 wertvollsten Medienmarken der Welt nur mehr 3,9 Milliarden wert. Spannend wird es, wie nächstes Jahr X in diesem Ranking abschneiden wird.
Eines wird X mit Sicherheit nicht erreichen, nämlich, dass verbale Positionierung, visuelle Positionierung und Markenname jemals so perfekt wie bei Twitter zusammenspielen. So war man mit den „Tweets“ der weltweit führende Kurznachrichtendienst. Diese Tweets passt perfekten zum Markennamen Twitter und wurden noch einmal durch das blaue Vogel-Logo ideal verstärkt. Diese hatte auch zur Folge, dass „twittern“ als Verb in den Sprachgebrauch und in den Duden Einzug fand. All dies wirft Musk jetzt einfach über Bord. Dazu hieß es treffend auf Horizont.net: „Twitter-Chef Elon Musk schießt den Vogel ab“.
Als Begründung führt Musk an, dass aus dem Kurznachrichtendienst eine „App für alles“ werden sollte. Es erinnert ein wenig an die Portalträume von Yahoo!, als man keine Suchmaschine mehr sein wollte. Die damalige Folge: Google übernahm die Position der weltweit führenden Suchmaschine. Aus Yahoo! wurde ein Art „digitales Chaos“.
Die Marken- und Unternehmenssicht
Damit kommen wir zur Unternehmenssicht. Und hier stellt sich eine ganz andere Frage sowohl für Elon Musk mit X als auch für Mark Zuckerburg mit Threads, nämlich diese: Passen diese beiden Marken jeweils wirklich zum bereits bestehenden Mehr-Markensystem? Oder anders gefragt: Sind diese beiden Marken wirklich jeweils ein echter zukünftiger Wertschöpfungsfaktor für das jeweilige Markensystem?
Bisher waren beide Markensystem immer auf Zukunft ausgerichtet. Jetzt auf einmal beschäftigen sich beide mit einem aus Internetsicht „alten Markt“. Dabei ist eines klar: Beide können sich wahrscheinlich oder ziemlich sicher jeweils dieses „Markenhobby“ leisten. Nur sollten beide aufpassen, dass man durch die Beschäftigung mit der „Vergangenheit“ nicht den Blick auf die Zukunft verliert.
X, Threads und (k)ein Gewinner
Damit stellt sich aber auch die Frage, wer in diesem Markenduell in Zukunft wirklich gewinnen wird. Dazu gibt es vier mögliche Antworten:
(1) X: Noch immer hat X eine starke Twitter-Communitiy und vielleicht gelingt es Elon Musk, diese Nutzer und Nutzerinnen auch unter der Marke X zu halten und neue zu gewinnen. So gesehen würde man dann auf X twittern.
(2) Threads: Die gewonnene Anzahl an Nutzer und Nutzerinnen in kurzer Zeit mag beeindruckend klingen. Die entscheidende Frage ist aber, ob diese auch Thread dauerhaft aktiv nutzen.
(3) Keiner der beiden: Aktuell steht mit Sicherheit auch diese dritte Alternative im Raum, falls Musk weiterhin keinen klaren Kurs für X findet und sich Threads unter Umständen zu einer Ansammlung von „Nutzerleichen“ entwickelt. (So hatte etwa auch Google+ 2017 über 3 Milliarden registrierte Nutzer und Nutzerinnen. Nur Registrierung alleine ist zu wenig.)
(4) Jemand anderer: Niemand kann die Zukunft im Detail vorhersagen. Niemand konnte TikTok bei Sozialen Netzwerken vorhersagen. So gesehen könnte es in Zukunft auch einen ganz neuen Gewinner mit einer ganz neuen Idee und Marke geben.
Zusammenfassend gesehen wird es also spannend bleiben, wie sich nicht nur der Markt für Kurznachrichtendienste, sondern vor allem der Social-Media-Markt in Summe weiterentwickeln wird. Aber ein Fazit ist klar: Man sollte Marken in Markensystemen nie isoliert, sondern immer in Summe mit Blick auf die Zukunft betrachten und dementsprechend handeln.
PS dazu oder eine spannende Frage: Wie viel der 44 Milliarden US-Dollar, die Elon Musk für Twitter bezahlte, waren wohl für den Markennamen und das Markenlogo?
