Internet-Branding: das Winner takes it all-Prinzip oder die gute und die schlechte Nachricht zum Marken- und Markterfolg

Eines der wichtigsten Prinzipen aus der Neuroökonomie lautet: The winner takes it all. Dazu erklärte der Neuropsychologe Christian Scheier 2015 in einem Interview: „Betrachtet man den Markt, so gibt es fast immer einen „The Winner takes it all“-Mechanismus. Es gibt sehr starke Marken, die oft mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte lang Erfolg haben. Es liegt daran, dass starke Marken unser Gehirn entlasten. Das zeigt die Neuroökonomie sehr deutlich. Unser Gehirn muss nicht überlegen, sondern kann intuitiv handeln und verbraucht so signifikant weniger Energie.“

Die schlechte Nachricht

In der analogen Welt gibt es in Deutschland etwa 20.000 Apotheken, von denen viele oder wahrscheinlich sogar sehr viele in ihrem Einzugsgebiet die Nr. 1 in der Wahrnehmung der Kunden sind. Im Internet brauchen wir wahrscheinlich langfristig gesehen nur einen oder vielleicht zwei Marktführer bei Online-Apotheken.

Das heißt: Während in der analogen Welt vielfach Vielfalt alleine aufgrund der geographischen Bedingungen gefördert wird, neigt das Internet noch sehr viel extremer zur Monopolisierung als das Outernet. So haben wir heute die führende Suchmaschine (Google), das führende soziale Netzwerk (Facebook) oder das führende Online-Auktionshaus Ebay.

Heißt aber auch: Im Internet trägt dieses The winner takes it all-Prinzip noch viel stärker zur Monopolisierung bei als in der analogen Welt. Früher hatten wir unzählige regionale Mode- und Textilgeschäfte. Dann kam die Zeit der Modeketten, Boutiquen und Diskonter wie C&A, P&C, Benetton, Esprit, Stefanel, H&M, Zara, New Yorker, Primark, NKD und viele, viele, viele mehr. Im Internet haben wie aus Markensicht Zalando und bei Übergrößen Navabi.

Die gute Nachricht

Gleichzeitig aber – und das ist aus Markensicht die gute Nachricht – eröffnet das Internet unendliche Möglichkeiten, sich zu spezialisieren und damit neue Kategorien am Markt und in der Wahrnehmung der Kunden zu kreieren. Anders ausgedrückt: Es gibt sehr viel mehr Möglichkeiten, dass man national, international oder global dieses The winner takes it all-Prinzip für die eigene Marke nutzt.

Man muss dazu „nur“ eine mentale Nische finden, die man dann dauerhaft besetzen kann. Nehmen Sie Blue Tomato! In den 1990er Jahren war Blue Tomato ein kleiner Snowboard-Laden in Schladming. Im Jahr 1999 ging man aktiv ins Internet. Heute ist Blue Tomato Europas führender Onlineshop für Snow- und Surfboards. Aber das zeigt noch eines: Während sich viele Sportgeschäfte im Internet extrem schwer tun, weil man online nur ein weiteres Online-Sportgeschäft unter vielen ist, wurde Blue Tomato durch die enge Produkt- und damit auch Zielgruppenfokussierung zur ersten Wahl.

Das Gegenteil von Amazon tun

Für viele ist Amazon aus Vermarktungssicht ein Vorbild. Jeff Bezos baute aus dem Nichts die weltweit führende Marke im Internethandel. Nur auch Amazon startete nicht als superbreiter Online-Anbieter, der so gut wie alles von A wie Alexa bis Z wie Zeitschriften anbot. Amazon startete als reiner Online-Buchhändler in den 1990er Jahre, um dann die Marke sukzessive auf andere neue Bereiche auszudehnen. Nur damit ist auch eines klar: Die Position „Internetgroßkaufhaus“ ist besetzt. Jede andere Marke, die heute im Internet wirklich dauerhaft erfolgreich sein möchte, sollte genau das Gegenteil tun, sich nämlich eine Nische suchen, die man a la Blue Tomato dauerhaft besetzen kann.

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