Markenrepositionierung: Mehr als nur Markenkosmetik

Immer noch wird die Repositionierung einer Marke mit einer neuen Werbelinie oder einem neuen Branding gleichgesetzt. Typisches Beispiel dafür ist aktuell etwa die Marke WW. Dazu ein kurzer Rückblick.

Zuerst Oprah Winfrey, dann WW

Im Jahr 2015 beteiligte sich Oprah Winfrey nicht nur an Weight Watchers, sie wurde auch gleichzeitig das wichtigste Testimonial. Dazu hieß es auf FAZ.net im Oktober 2017: „Das Achten auf die schlanke Linie zahlt sich für Oprah Winfrey aus. Seit die amerikanische Medienunternehmerin und Milliardärin die Instruktionen des Diät-Unternehmens Weight Watchers International befolgt, hat sie mehr als 18 Kilogramm abgenommen. So steht es auf der amerikanischen Internetseite von Weight Watchers, die mit „Oprahs Geschichte“ wirbt. Stark zugenommen hat dagegen Winfreys Vermögen, seit sie im Oktober 2015 für 43 Millionen Dollar einen Anteil von 10 Prozent an dem damals strauchelnden Unternehmen erworben und einen Sitz im Verwaltungsrat übernommen hat. Der Aktienkurs von Weight Watchers ist seither um rund 550 Prozent gestiegen.“

Im Herbst 2018 folgte dann das Rebranding von Weight Watchers in WW und die Einführung des neuen Claims „Wellness that Works“. Das Ziel oder die Logik dahinter ist klar: WW möchte sich so breiter für die Zukunft aufstellen, um vom boomenden Wellnessmarkt zu profitieren. Dazu schrieb ich an dieser Stelle im Oktober 2018: „Auf dem Papier mag dies – speziell dem Management – logisch erscheinen. So ist der boomende Wellnessmarkt sicher in Summe um vieles größer als der reine (in die Jahre gekommene) Abnehmmarkt. Nur genauso besteht die extrem große Gefahr, dass dort die Marke WW nur als ein weiterer Anbieter unter vielen wahrgenommen wird.  Zudem wird man den Nachteil haben, dass die Marke aus dem Abnehmmarkt kommt. Daran wird auch das WW nichts ändern.“

Letzte Woche (27. 2. 2019) hieß es dazu auf FAZ.net: „Die für ihre Diätprogramme bekannte Firma Weight Watchers International, die sich mittlerweile nur noch WW nennt, mit dem Talkshow-Star Oprah Winfrey als Galionsfigur hat Anleger mit ihrem jüngsten Geschäftsbericht unangenehm überrascht. Der Aktienkurs fiel am Dienstag nach Börsenschluss zeitweise um 30 Prozent, nachdem das Unternehmen einen schwachen Start ins laufende Jahr eingeräumt und einen trüben Ausblick abgegeben hatte. Für den Konzern ist dies etwas peinlich, da man sich gerade erst mit einer veränderten Markenstrategie einen neuen Anstrich verpasst hatte.“

Ein Leadprodukt oder die vertane Chance

Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, kündigte Vorstandschefin Mindy Grossmann an, dass TV-Star Oprah Winfrey im Zuge der kommenden Werbekampagne eine zentrale Rolle spielen werde. Nur genau das könnte zu wenig sein, da der Ophra-Werbeeffekt wahrscheinlich bereits mehr als genutzt wurde.

Markenrepositionierung sollte man immer als eine Art „Theaterstück“ mit einer klaren Dramaturgie sehen. Und niemand konnte dies besser als Steve Jobs. So leitete er die Repositionierung von Apple nicht mit einem neuen Branding oder einer neuen Werbekampagne, sondern 2001 mit dem iPod ein. Diesem folgten Marken wie iTunes, iPhone und iPad.

Damit sind wir bei einem wichtigen Punkt: Im Idealfall hätte Weight Watchers die eigene Repositionierung mit einem speziellen Fitness-Programm einläuten sollen. Das heißt: Zuerst hätte man dieses spezielle Fitness- und Abnehmprogramm mit einem speziellen Produktnamen entwickeln müssen. Dann hätte man dieses mit PR vorgestellt. Im nächsten Schritt hätte man die oben erwähnten 18 Kilogramm und Oprah als Testimonial für dieses Programm nutzen können, um es noch stärker am Markt zu etablieren.

Das fehlende Tun

So scheitern viele Markenrepositionierungsprogramme, weil der Schwerpunkt viel zu sehr nur auf Kommunikation liegt, statt dass man wirklich in den Augen der Kunden etwas Neues tut. Wie man es macht, zeigen die Beispiele Alpecin und Nimm 2. Beide verjüngten sich nicht nur sehr erfolgreich, sondern gewannen auch neue Zielgruppen und Marktanteile dazu. Alpecin schaffte dies mit dem Koffeinshampoo, Nimm 2 mit dem Lachgummi. Genau dieses fokussierte Tun fehlt WW, denn es geht dabei nicht um die nächste Produktoffensive, sondern um ein Leadprodukt, das den Unterschied macht und als Basis für alle zukünftigen Aktivitäten dient.

PS: Und natürlich hätte man den Namen Weight Watchers nicht auf WW reduzieren dürfen.

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4 Antworten zu Markenrepositionierung: Mehr als nur Markenkosmetik

  1. Hermann schreibt:

    Ich sag nur: WW – Doubleyou, doubleyou! Toller CTA für den geneigten Kunden, der sich nach weniger Kilos sehnt. 😜

    LG HM

    >

    • Christoph Ullrich schreibt:

      Hermann, super erkannt!! Köstlich! Wär mir gar nicht aufgefallen – aber, dass jemand der abnehmen will nicht „doppelt so viel“ werden will ist wohl anzunehmen. Genial daneben der Name WW.

  2. Yannic schreibt:

    Sehr schöner Artikel.

    Zwei Gedanken zu dem Artikel:

    Ogilvy meinte mal in einer seiner Bücher mit „Stars“ kann man keine Kunden kaufen, weil der Star die Aufmerksamkeit vom Produkt selbst ablenkt. Die Kunden fühlten sich außerdem beim Werben mit berühmten Persönlichkeiten „gekauft“.
    Ergo: Werben mit berühmten Persönlichkeiten absatzfördernd oder eher vernichtend?

    Zu Apple:

    Viele behaupten ja Apples Erfolg beim zweiten Anlauf von Steve Jobs sei auf die 1998 erschienene „Think-Different“ Werbespot zurückzuführen. (Natürlich wird die konsequente Verschlankung der Produktlinie von Jobs nicht genannt ;))
    Was halten Sie als Positionierungsexperte derzeit von dem ganzen Mission Statements und WHY- Gehabe? (Simon Sinek)
    Für mich ist das nur BLA BLA BLA und ein langer & nerviger Trend.

    Vielen lieben Dank im Voraus

  3. michaelbrandtner schreibt:

    Natürlich kann man sehr erfolgreich Stars zur eigenen Positionierung nutzen. Manche denken jetzt vielleicht an Haribo (Gottschalk), Nespresso (Clooney) oder auch Accenture (Tiger Woods). Gleichzeitig zeigen auch die Beispiele Haribo und Accenture, dass es nicht ganz ungefährlich ist, mit Stars zu werden. Das ist eine strategische Entscheidung, die man jeweils nur im Einzelfall wirklich bewerten kann und sollte.

    Entscheidend für Apple war der iPod, denn er machte aus einem Nischenplayer eine Marke für den Mainstream. So gesehen hat der iPod für Apple mehr gemacht als Marketingkampagnen vorher oder nachher. So ist ein Leadprodukt oft der beste Weg, eine Marke zu repositionieren. Der iPod von Alpecin war das Koffeinshampoo. Der iPod von Nimm 2 waren die Lachgummis.

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