Bereits vor der aktuellen Coronakrise wurde Regionalität vielfach als „das neue Bio“ und damit als wichtiger Einkaufs- und Verhaltenstrend gesehen. Diese Entwicklung hat jetzt – speziell auch in den analogen und digitalen Medien – eine Art „Turboschub“ erhalten, der zudem von der Politik verstärkt wird. So haben etwa auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger kürzlich an die Bevölkerung appelliert, bei heimischen Online-Shops einzukaufen, um das Geschäft nicht den Großen wie Amazon zu überlassen. Nur vor lauter Regionalromantik sollte man nicht die Wichtigkeit und Notwendigkeit einer internationalen und globalen Wirtschaft „über Bord werfen“.
Der Fluch eines Teufelskreis
Denn das wirklich Gefährliche in der aktuellen Situation ist, dass Wirtschaft und Gesellschaft in einen gefährlichen Teufelskreis kommen, der wie ein Sog nach unten wirkt. Übereinfacht könnte man das so formulieren: Weniger Wirtschaftsleistung, weniger Konsum, mehr Arbeitslose, mehr Arbeitslose, weniger Konsum, weniger Wirtschaftsleistung. Parallel dazu würde natürlich das Steueraufkommen sinken, die Aufwendungen für Sozialleistungen steigen und so weiter und so weiter. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf unsere Finanzsystem und unsere Währung.
Gerade in so einem möglichen Teufelskreis hilft das, was gerade jetzt viele verdammen, nämlich ein Impuls von außen. So schrieb etwa auch Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission für die Welt am Sonntag: „Wir brauchen einen Marshall-Plan für Europa.“ Nur wenn man sich zurückerinnert, dann war dieser Marshallplan keine innereuropäische Lösung nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern ein Hilfsprogramm der USA.
Ausweg Globalisierung
Auch wenn das jetzt viele weder lesen noch hören wollen, ist wahrscheinlich der einzige Ausweg aus der Krise die Internationalisierung und Globalisierung. Das gilt speziell für ein kleines Land wie Österreich. Nicht umsonst sind die sogenannten Hidden-Champions, die international oder global tätig sind, ein absolutes Rückgrat für unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft. Dazu kommt, dass wir viele Unternehmen gar nicht hätten, wenn diese nur auf Österreich fokussiert wären.
Eine „Voest-Alpine“ alleine für China mag funktionieren, eine „Voest-Alpine“ alleine für die USA mag ebenfalls funktionieren, eine Voest-Alpine alleine für Österreich wäre nie im Leben überlebensfähig. Genau das gilt auch für Unternehmen wie Andritz, Amag, Commend, Engel, Fronius, Greiner, Lenzing, Miba, Palfinger, Rosenbauer, WFL, Wintersteiger und viele, viele mehr. Selbst ein KMU wie Kölbl European Tonewood in Aigen-Schlägl benötigt den internationalen Markt und könnte weder in Österreich noch in der EU alleine so erfolgreich sein.
Global verdienen, regional einkaufen
Natürlich kann und sollte man dann auch mit dem Geld, das man international verdient, regional einkaufen. Nur wenn man davon ausgehen würde, dass man nur mit dem regional verdienten Geld regional einkaufen könnte, muss man sich auch damit abfinden, in Armut zu enden. Das gilt umso mehr in Zeiten der Krisen. Als die USA den Marshallplan initiierten, waren diese damals die aufsteigende Volkswirtschaft dieser Erde, deren Dynamik sich auch auf Europa und viele Teile der Welt übertrug. Diese Rolle wird wahrscheinlich in Zukunft China einnehmen, da China selbst eine große Volkswirtschaft ist und ihren möglichen Zenit mit Sicherheit noch nicht erreicht hat. So gesehen könnte China, auch wenn das wieder viele weder gerne lesen noch hören möchten, ein wesentlicher Katalysator auf dem Weg zurück sein. Entscheidend wird dabei sein, dass wir mit Sicherheit neu über Globalisierung denken müssen, also aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Nur Regionalromantik alleine wird mit Sicherheit im Desaster enden.
Erschien im Original am 22. April 2020 auf http://www.die-wirtschaft.at