Im Experten-Check von Horizont Online fiel die neue gemeinsame Kampagne von Media-Markt und Saturn klar durch. Dazu hieß es letzten Freitag: „Wer in seinem Arbeitszeugnis bescheinigt bekommt, sich „sehr bemüht“ zu haben, sollte damit besser nicht hausieren gehen. Die für den HORIZONT Expertencheck befragten Marken- und Designexperten attestieren Media-Markt Saturn nicht einmal das. Der mit großem Tamtam angekündigte erste gemeinsame Werbeauftritt von Media-Markt und Saturn fällt bei den befragten Fachleuten mit Pauken und Trompeten durch.“
Kreation versus Strategie
Während sich bei der negativen Bewertung der Kreation die Experten ziemlich oder sogar sehr einig waren, sah dies beim Thema Strategie ganz anders aus. Dazu sollten wir uns die zitierten Expertenmeinungen einmal auszugsweise ansehen:
Colin Fernando, BrandTrust: „Nachdem es Media-Markt und Saturn die letzten Jahre verpasst haben, sich insbesondere im stationären Geschäft mutig zu positionieren und sich voneinander abzugrenzen, ist die gemeinsame Kommunikation der strategisch richtige Schritt – war aber ob der fehlenden Markenführung auch alternativlos. In der Konsequenz entsteht ein spannendes neues Spitzenleistungsbündel, das einen hohen Wert für die heutige IWIN Generation und eine Antwort auf mächtige Konkurrenz von Amazon darstellt.“
Christina Lischka, Serviceplan: „Mit der Fusion hätte man die Chance nutzen können, sich neu zu erfinden und damit einen neuen Impuls für das Unternehmen zu setzen.“
Lukas Cottrell, Peter Schmidt Group: „Was die Marken brauchen, ist also zuallererst eine schlüssige Strategie, wie sie Online-Kanäle schlagkräftig bespielen und Retail-Flächen zum Experience-Trumpf weiterentwickeln. Was jedoch völlig irrelevant ist, ist die künstliche Trennung in eine Marke für den Elektronikfachmarkt auf der grünen Wiese – Media-Markt – und das innerstädtische Angebot – Saturn. Denn diese Positionierung spielt online keine Rolle mehr. … Wenn ich mir die Kampagne anschaue, ist die Entscheidung langfristig auch schon gefallen, welche Marke in Zukunft bestehen bleibt: Der Abschied der Marke Saturn wirft seine Schatten voraus. … Dennoch vergebe ich zwei [von fünf möglichen] Sterne. Weil die Businessstrategie richtig ist – und marketingtechnisch wahrscheinlich nicht mehr drin war als eine Sparnummer.“
Jan Kruse, Ligalux: „Wenn Media-Markt Saturn seine Neupositionierung mit dem Begriff „Experience Electronics“ beschreibt und dafür seinen KundInnen und MitarbeiterInnen ein „Let’s go!“ entgegen schleudert, dann verspürt man keine Aufbruchsstimmung, erst recht nicht, wenn man den dazugehörigen Markenauftritt sieht. Leider hat man die Chance verpasst, mit einem modernen, digitalen und aktivierenden Design die Neupositionierung und damit die Transformation und Zukunft der Marke erlebbar zu machen.“
Björn Bremer, Ogilvy Germany Group: „Kampagnen für Unternehmen oder Marken, die zusammen in die Zukunft schreiten wollen, sind ja nicht neu, aber immer wieder eine große Herausforderung für Kreative. Warum? Was aus unternehmerischer oder vertriebstechnischer Sicht sinnvoll ist, muss noch lange keinen Mehrwert für die Menschen auf der Straße darstellen.“
Michael Brandtner, Ries Global: „Das strategische Ziel eines Mehr-Marken-Systems sollte sein, dass man mit zwei oder mehreren Marken in einem Markt eine bessere Zielgruppenansprache und Zielgruppenabdeckung erreicht als mit nur einer Marke. Genau das machte früher in der Vorinternet-Ära das Markensystem von Media-Markt und Saturn so perfekt und damit auch so stark. … Nur mit dieser Marken-Mischerei-Kampagne untergräbt man dies endgültig. … Heißt: Wenn das Ziel dieser Media-Markt-Saturn-Kampagne ist, dass man die Marke Saturn auf Sicht einstellen will, dann kann man das strategisch so vertreten. Wenn man beide Marken auch in Zukunft weiterführen will, ist das aus Markensicht der berühmte „Schuss ins eigene Knie“.
Das weiterhin ungelöste Problem Unternehmensstrategisch gesehen macht es wahrscheinlich wenig oder sogar keinen Unterschied, ob diese Misch-Masch-Markenstrategie und deren Umsetzung falsch oder richtig sind, denn das wahre Kernproblem von Media-Markt und Saturn in Summe bleibt weiterhin ungelöst. Das wahre Kernproblem ist, dass man seit mehr als einem Jahrzehnt an zwei stationären Marken „herumbastelt“, ohne eine Antwort auf die digitalen Herausforderungen gefunden zu haben. Diese Markenbastelei findet mit dieser Mischmasch-Kampagne eine aus Positioning-Sicht ziemlich unwürdige Fortsetzung. Spannend wird dabei nur, ob dies a) wirklich das Ende der Marke Saturn ist oder b) die Marken noch einmal in Zukunft getrennt beworben werden, bevor man dann doch wahrscheinlich Saturn aufgeben wird. Nur egal ob das erste oder zweite Szenario eintritt, das Kernproblem wird auch weiterhin ungelöst bleiben.