Gerade in Zeiten des analogen und digitalen Hyper-Wettbewerbs gewinnt die visuelle Positionierung massiv an Bedeutung. So geht es heute nicht nur um wahrgenommene verbale Marktführerschaft, sondern vor allem auch um wahrgenommene visuelle Marktführerschaft. Dabei schlägt in der Regel Einfachheit Komplexität. Aus dieser Warte betrachtet begibt sich die Deutsche Telekom mit dem aktuellen Redesign auf einen nicht ungefährlichen Weg.
Dazu hieß es kürzlich an dieser Stelle: „Das Resultat überrascht: Verstärkt treten andere Farbtöne mit Magenta in ein Zusammenspiel. Entstanden ist ein lebendiges, fluides Erscheinungsbild. „Liquid Brand Design“ nennt das Unternehmen selbst seinen neuen Auftritt. Alles fließt, alles ist flexibel – je nach Einsatzmedium.“ Nur genauso steigt auch die Gefahr, dass man den eigenen Markenauftritt massiv schwächt. Um besser zu verstehen, worum es geht, sollten wir uns einmal das visuelle Markenduell zwischen Burger King und McDonald‘s ansehen:
Burger King versus McDonald’s
McDonald’s als Marktführer besitzt nicht nur mehr Filialen als Burger King, diese Filialen sind zudem auch sichtbarer. Der wesentliche Grund dafür ist jeweils das Logo der Marken. Während die genial einfachen Goldenen Bögen weithin sichtbar sind, ist das abstrakte und kompliziertere Burger-Logo von Burger King im Vergleich dazu so gut wie unsichtbar. Dies merkt man ganz besonders auch auf Autobahnen, wo das Burger King-Logo an Rasthöfen gerne im Logo-Wirrwarr aus Tankstellen- und Raststätten-Logos einfach untergeht.
Oder nehmen Sie Nivea! Mit der Refokussierung des Markenkerns auf Pflege im Jahr 2011 schärfte man bei Nivea nicht nur die verbale Positionierung, man machte gleichzeitig auch die „Nivea-Dose“ zum Markenlogo und damit zum zentralen Designelement auf den Verpackungen. Durch diese visuelle Reduzierung wurde die Marke speziell am Point of Sale wieder sichtbarer. Man bietet so dem Auge der Kunden einen einfachen Weg sich die Marke zu fokussieren und zu erfassen.
Einfacher statt komplexer werden
So werden etwa auch Logos im Laufe der Zeit stärker, wenn man diese auf ihre wesentlichen Elemente reduziert. Erinnerte das Mercedes-Logo früher eher an ein fürstliches Wappen mit Stern-Charakter, ist es heute klar auf den Stern reduziert und somit für das Auge klarer und einfacher zu erfassen. Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum das Mercedes Logo wesentlich stärker als das Cadillac Logo ist. Das Cadillac Logo erinnert immer noch mehr an ein fürstliches Wappen aus dem Mittelalter als an ein klares Markenlogo. So wurde auch das Apple Logo stärker, indem man auf die Regenbogenfarben verzichtete.
Gerade eine starke Markenfarbe kann so den großen Unterschied in diesem Wettbewerbsumfeld ausmachen. Bei der Farbe Lila denken Sie sicher spontan an Milka, bei der Farbe Braun, wenn Sie einen Lieferwagen sehen, an UPS, bei der Farbe Gelb, wenn Sie ein Pannenfahrzeug sehen, automatisch an den ADAC. Und ohne die grünen Busse, wäre es Flixbus nie gelungen, in kurzer Zeit eine starke Marke zu bauen. So war es auch von der Deutschen Telekom ein brillanter visueller Schachzug auf die Farbe Magenta zu setzen. Umso weniger verständlich ist das aktuelle Redesign aus Markensicht.
Bunt ist keine Markenfarbe
Heißt: In vielen Bereichen des Lebens mag bunt schöner als nur eine Farbe sein. So stammt die Aussage „Bunt ist meine Lieblingsfarbe“ vom Architekten und Begründer des Bauhauses Walter Gropius. Aus Sicht der Architektur mag dieser Spruch (vielleicht) Sinn machen, aus Markensicht sicher nicht. Denn hier schlägt eine Farbe zwei, drei oder mehrere Farben. Dazu noch ein kurzer Ausflug in das Militärische. Genau hier setzt man bei Uniformen und Fahrzeugen auf Tarnmuster, um im Gelände unsichtbar zu werden. Man erschwert es dem Auge so, die Person oder das Fahrzeug visuell zu fokussieren und zu erfassen.
Nur in der Markenführung und im Marketing will man genau das Gegenteil erreichen. Genau diese Basiserkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie sollte oder hätte man auch jetzt bei der Deutschen Telekom bedenken sollen. Im Klartext: Man sollte die Marke mit der Farbe Magenta weiterhin klar fokussieren statt (wie angedacht) mit „nervösen Farbeffekten“ visuell defokussieren. Oder wie es Antoine de Saint Exupéry einmal so treffend auf den Punkt brachte: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann wenn man nichts mehr weglassen kann.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Erschien im Original auf Horizont.net