Als kreatives Feuerwerk angekündigt, entpuppt sich die neue Werbekampagne von Opel eher als kleines Werbeflämmchen. Bleibt anscheinend nur die Darstellung des Ladekabels als kreatives Highlight, wie es einer der beauftragten Werber gegenüber Horizont Online so erklärte: „Viele Automarken verstecken das Elektrokabel in ihrer Kommunikation. Mit unserer Kampagne für den Mokka machen wir jedoch das Gegenteil: Wir machen das Kabel mit zur Hauptfigur und zelebrieren es als Symbol der Elektromobilität. Und natürlich findet es den Mokka – eines der attraktivsten Elektroautos auf dem Markt – sofort extrem anziehend.“
Die klassische Kritik an der Werbung …
Wenn heute die Werbung von Marken kritisiert wird, dann geht das Ganze in der Regel klar in zwei Richtungen:
(1) Auf der einen Seite wird in vielen Fällen die mangelnde Kreativität bemängelt. Das gilt vor allem dann, wenn entweder eine Kampagne groß als kreativer Durchbruch angekündigt wurde, oder wenn die Kritik von anderen Kreativen kommt.
(2) Auf der anderen Seite werden Kampagnen oft aber auch für ihre überschießende Kreativität bemängelt, speziell wenn dadurch eine Art „Stilbruch“ in der Markenführung gesehen wird. Diese Form von Kritik kommt oft von Seiten der Markenberaterzunft.
Interessant dabei ist, dass die neue Werbung dabei so gut wie immer an der alten, also der voran gegangenen Werbelinie gemessen wird.
… und die vergessene Marke
Was dabei anscheinend wenig Rolle spielt, ist die Marke selbst. Nur dabei sollte diese, falls die Werbung nicht Selbstzweck für die Werbung ist, im Mittelpunkt stehen. Anders ausgedrückt: Die Positionierung der Marke – Werbekritik hin, Werbekritik her – sollte der Dreh- und Angelpunkt der Diskussion sein. Dazu sollte man dann zwei zentralen Fragen in den Raum stellen:
(1) Wofür steht die Marke?
(2) Verstärkt und dramatisiert die Werbung diese Markenposition(ierung)?
Damit sind wir bei einem wichtigen Punkt. Statt die Werbung oder die Werbelinie isoliert zu kritisieren, wäre es spannend zu wissen, wie das Positioning-Statement und vor allem auch Briefing dazu ausgesehen haben. Denn letztendlich entscheidet nicht die Werbeagentur welche Kampagne läuft, sondern immer nur der Auftraggeber. Gleichzeitig gibt auch der Auftraggeber immer die Richtung vor, einmal strikter, einmal mit mehr Freiraum.
Kabel statt Marke
So gesehen könnte dann das Kabel gemeinsam mit dem Wortspiel „macht an“ wirklich auf einmal die eine kreative Lösung gewesen sein, weil vielleicht die Marke Opel aktuell nicht mehr aus Markensicht hergibt. Nur dann hat Opel vorrangig auch kein Werbeproblem, sondern vor allem und zuerst ein Marken- und Positionierungsproblem. Nicht umsonst wurde die Marke dafür in den letzten Jahren und Jahrzehnten von diversen Experten immer und immer wieder kritisiert. (Und zu hoffen, dass die Werbung alleine dieses Markenproblem löst, ist schlicht und einfach naiv.)
Heißt: Wenn Tesla für „Elektroauto“ steht, BMW für „Fahrfreude“, Audi für „Technik“ oder Volvo für „Sicherheit“, dann stellt sich die Frage: Wofür steht die Marke Opel? Nur auch bei der Beantwortung dieser Frage sollte man vorsichtig sein. Denn auf dem Papier hat Opel sicher auch heute dafür eine mehr oder weniger kreative Antwort, wie man diese so gut wie immer hatte. Entscheidend ist letztendlich aber die Antwort aus Sicht der Kundenwahrnehmung. Und hier ist die Gefahr groß, dass Opel in Relation zum Mitbewerb maximal als eine weitere gute Automarke wahrgenommen wird. Das Kabel wird daran nicht viel ändern, aber wahrscheinlich auch keinen Schaden anrichten.
Erschien im Original auf Horizont.net