Am 15. Dezember schrieb Bärbel Unckrich folgende Zeilen auf Horizont Online: „Wer dachte, das war’s schon mit den emotionalen Spots rund um Weihnachten, der hat die Rechnung ohne Jung von Matt gemacht: Die Agentur haut für seinen Kunden BMW knapp zehn Tage vor Heiligabend ein echtes Highlight raus, bei dem kaum ein Auge trocken bleibt.“
Die Story im Werbefilm und …
Der Werbefilm mit dem Titel „Father & Son. Freude Forever“ erzählt von einem 85-jährigen Vater, der sich schweren Herzens dazu entschließt, seinen Führerschein für immer abzugeben. Die damit verbundenen Emotionen berühren den Sohn, der seinen Vater daraufhin auf dem Firmenparkplatz ein letztes Mal an der Freude am Fahren in einem vollelektrischen BMW i4 teilhaben lässt. Dabei erinnern sich beide an frühere gemeinsame und individuelle Fahrerlebnisse mit der Marke BMW.
Natürlich funktioniert dieser Spot deshalb so gut, weil er zu einhundert Prozent auf die Marke BMW einzahlt. Dafür sind aus Markensicht drei Faktoren verantwortlich, die leider nicht immer in der Markenkommunikation berücksichtigt werden. Dazu sollten wir uns diese einmal näher ansehen.
… drei Erfolgsfaktoren
(1) Mentaler Kontext: Der Spot passt perfekt zu dem, was unser kollektives Gedächtnis über BMW in den letzten Jahrzehnten gelernt hat. So gesehen würde diese Art der Geschichte auch zu Marken wie Porsche, Mercedes-Benz oder Audi passen. Nur die jeweilige Inszenierung müsste natürlich anders sein. Bei Porsche wäre diese noch sportlicher und dynamischer, bei Mercedes mehr in Richtung Komfort und Souveränität und bei Audi natürlich mehr in Richtung Allrad, also Quattro.
(2) Positionierung: Natürlich hat Jung von Matt die Geschichte und die Bilder so gewählt, dass diese zudem perfekt zur Positionierung „Freude am Fahren“ von BMW passen. Damit wird diese Positionierung in unserem Gehirn nicht nur abgerufen, sondern auch wieder verstärkt. (Natürlich würde dieser Spot noch besser funktionieren, wenn es die Elektromobilität nicht geben würde. Denn obwohl man einen vollelektrischen BMW im Spot einsetzt, zahlt der Spot sehr viel mehr auf die gelernte Benzin- und Diesel-Vergangenheit als auf die elektrische Zukunft ein.)
(3) Dramatisierung: Gerne werden diese Art von Spots als extrem kreativ bezeichnet. Besser aus meiner Warte wäre, wenn man von Dramatisierung der Positionierung und damit des Markenkerns sprechen würde. Denn eigentlich ist die Kreativität bei dieser Art von Spot sehr eingeschränkt. Man muss nämlich sicherstellen, dass die Kreativität und die damit ausgelöste Emotion perfekt zu dem passt, was die Kunden bereits über die Marke wissen und was die Marke im kollektiven Gedächtnis verstärken möchte.
Dramatisierung statt nur Kreativität
Vielleicht sollte man so in Zukunft in der Werbung nicht mehr Kreativitätspreise sondern Markendramatisierungspreise vergeben. Das würde aber erfordern, dass man wirklich zuerst sicherstellt, dass die beworbene Marke eine starke Position im kollektiven Gedächtnis hat oder aufbauen will.
Nur wenn man sich heute die Markenkommunikation in Summe ansieht, hat man öfter den Eindruck, dass es nur um das kurzfristige Auffallen geht, und dass auf die für die Marke so wichtige kumulative Wirkung komplett vergessen wird. Gleichzeitig jammern immer mehr Markenverantwortliche und Markenexperten, dass die Marken an Kraft verlieren. Vielleicht sollte man hier nicht das Prinzip Marke generell, sondern vielmehr die Art und Weise, wie heute das Prinzip Marke gelebt wird, hinterfragen.
