Wenn wir heute an die Logos von Adidas, Audi, Apple, McDonald’s, Nike, Pink Ribbon oder dem Roten Kreuz denken, dann haben wir wahrscheinlich sofort ein klares Bild vor Augen. Nur diese Logos besitzen nicht nur ein Bild, sondern zudem auch eine Verbalisierung dazu. So hat Adidas die „Drei Streifen“, Apple den „angebissenen Apfel“, Audi die „Vier Ringe“, McDonald’s die „Goldenen Bögen“ und Nike den „Swoosh“. Bei Pink Ribbon und dem Roten Kreuz sind Name und Logobeschreibung identisch.
Das heißt aber auch, dass Bilder langfristig eine noch stärkere Kraft in unserem Gehirn, also in unserer Wahrnehmung und unserem Gedächtnis entfalten können, wenn diese verbalisiert oder auch mit einem Slogan versehen werden. Genau das trifft jetzt auch auf das Bild von Donald Trump gleich nach dem Schussattentat zu, das vom US-Fotograf Evan Vucci geschossen wurde. So brüllte Trump – umringt von Sicherheitsbeamten – mit erhobener Faust „Fight! Fight! Fight!“. Genau diese drei Worte werden nicht nur ganz stark mit diesem Bild verbunden, sondern werden Trump auch den gesamten weiteren Wahlkampf begleiten. Dies zeigte sich auch bereits bei seiner Rede auf dem Parteitag in Milwaukee letzte Woche.
Die fast ewige Autokrise
Um besser zu verstehen, welche Macht Bilder haben, die auch verbal betitelt Schlagzeilen machen, zeigt besonders ein Beispiel aus der Autoindustrie. Die meisten Krisensituationen von Automobilerzeugern hinterlassen keinen starken längerfristigen Eindruck in den Köpfen der Kunden. Da hat ein Erzeuger einmal Bremsprobleme, dann Elektronik- oder auch Reifenprobleme. Selbst wenn einmal ein Tesla in Flammen aufgehen sollte, wirkt dies nur sehr kurzfristig.
Nur eine Autokrise wird uns wohl, wenn nicht ewig, dann doch sehr lange im Gedächtnis bleiben, nämlich die der Mercedes A-Klasse, die 1997 beim „Elchtest“ umkippte. Das Wort „Elchtest“ löst hier sofort das entscheidende Bild mit der kippenden A-Klasse aus. So wird es wahrscheinlich auch keine zweite Autokrise geben, die immer wieder in den Medien Jubiläum feiert:
Welt.de (2007): „10 Jahre Elchtest-Debakel: Mercedes und der Elch: Die perfekte Blamage“.
Spiegel.de (2017): „20 Jahre Elchtest: Der Crash, der die Autogeschichte veränderte“
Stern.de (2017): „A-KLASSE: 20 Jahre Elchtest: Der Tag, an dem Mercedes aus der Spur kippte“
Bild.de (2017): „20 Jahre Elch-Test: Dieser Unfall hat unsere Straßen sicherer gemacht“
Focus.de (2022): „25 Jahre nach A-Klassen-Blamage steht Mercedes vor „neuem Elchtest“.
Wenn man dazu eine „massive“ Autokrise von Toyota im Jahr 2010 vergleicht, erkennt man sofort den Unterschied. Dazu sollten wir uns einige Headlines von damals noch einmal ins Gedächtnis rufen:
„Bei Toyota klemmen nicht nur die Gaspedale“ (Spiegel Online, 27. Januar 2010)
„Toyotas Desaster richtet Milliardenschaden an“ (FTD.de, 28. Januar 2010)
„Toyota: Defektes Gaspedal führt zu Desaster“ (DiePresse.com, 28. Januar 2010)
„Nichts ist unmöglich“ (STERN.de, 1. Februar 2010)
„Mit Vollgas in den Vertrauensverlust“ (Spiegel Online, 11. Februar 2010)
„Wie man blitzschnell eine Marke abwrackt“ (Spiegel Online, 13. Februar 2010)
Haben Sie das so „grausam“ in Erinnerung? Wahrscheinlich nicht! Wahrscheinlich können Sie sich gar nicht mehr daran erinnern. Das, was damals wie ein automobiler Weltuntergang kommuniziert wurde, erwies sich letztendlich für Toyota maximal als kleine und sehr kurzfristige Markendelle. So ist Toyota mit 64,5 Milliarden US-Dollar laut Interbrand immer noch vor Mercedes-Benz die wertvollste globale Automarke.
Vom Bild der Mauer …
Zurück zu Donald Trump. Er verstand schon immer die Macht von Bildern. Dazu sollten wir uns seinen Wahlkampf um die Präsidentschaftskandidatur für die Wahl 2016 noch einmal ansehen. So gab es bei den Republikanern damals neben Trump noch weitere 16 Kandidaten, die gerne für das Amt des US-Präsidenten kandidieren wollten.
Genau hier schaffte es Donald Trump frühzeitig, dass man eigentlich nicht zwischen 17, sondern nur zwischen zwei Alternativen auswählen kann, nämlich einen Kandidaten aus dem Partei-Establishment oder Donald Trump. Dazu hatte Trump nicht nur eine enorm starke verbale Botschaft mit „Make America Great Again“, sondern schnell auch ein verbalisiertes Schlüsselbild, das es nicht nur international in die Medien, sondern auch in das Kurz- und Langzeitgedächtnis der Menschen schaffte. Gemeint ist natürlich die Mauer an der Grenzen zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko.
… zum Bild mit der Faust
Mit der Faust und dem „Fight! Fight! Fight“ kommunizierte Trump nach dem Schussattentat zudem drei Punkte, nämlich Stärke, Vitalität und Kampfkraft, die punktgenau die wahrgenommenen Schwächen von Joe Biden trafen. Und wie gefährlich nur ein einziges Bild für einen Kandidaten werden kann, musste bereits 2021 der damalige CDU-Kandidat Armin Laschet schmerzvoll im deutschen Wahlkampf mit seinem „Laschet Lacher“ im Hochwassergebiet erfahren.
So gesehen hat dieses Bild vom Schussattentat sicher auch zum Rücktritt von Joe Biden als Präsidentschaftskandidat der Demokraten beigetragen. Wenn jetzt, wie es aktuell aussieht, die derzeitige Vizepräsidentin Kamala Harris diese Rolle übernehmen wird, stehen die Wahlkampfstrategen der Demokraten vor der großen Herausforderung nicht nur eine starke verbale Idee, sondern vor allem auch eine starke visuelle Idee zu finden, die sich hoffentlich verbalisieren lässt. (Im Idealfall sollte diese visuelle Idee ein Gegenbild zur männlichen Faust sein.)
Fazit: Im Idealfall besitzen Marken, egal ob Produkte, Dienstleistungen oder auch Personen eine starke verbale und visuelle Positionierung. Speziell die visuelle Positionierung kann dabei noch sehr viel stärker werden und wirken, wenn diese auch verbalisiert werden kann und wird. Gleichzeitig sollte man tunlichst darauf achten, dass Krisen verbal abstrakt bleiben und auf gar keinen Fall ein starkes verbalisierbares Bild werfen.
Erschien im Original auf Horizont.net
PS: Auf welche konkrete Idee Kamala Harris setzen könnte oder sollte, folgt demnächst an dieser Stelle.
