Marketing ist ein mentaler Kampf um die Kunden. Damit ist aber Bekanntheit verbunden mit der richtigen Positionierung ein, wenn nicht der zentrale Schlüsselfaktor zum Marken- und Markterfolg. Sie denken an Suche im Internet. Sie denken an Google. Sie denken an ein Smartphone. Sie denken an iPhone oder Samsung Galaxy. Sie denken an Elektroauto und Sie denken an Tesla.
Bekanntheit und der Blick in die Zukunft
Bekanntheit sorgt damit aber auch dafür, dass man in der Regel spontan besser als der weniger bekannte Mitbewerb eingeschätzt wird. Nur dies kann zu einer großen Gefahr werden, wenn man in Markt- oder Trendforschungen in neuen Märkten bekannte Marken aus alten Märkten unbekannten Anbietern aus neuen Märkten gegenüberstellt. Denn hier schlägt dann im Vorfeld in der Regel die bekannte Marke den unbekannten Anbieter.
Dazu sollten wir uns ein paar Fragemuster ansehen:
Würden Sie einem Smartphone-Betriebssystem einer bekannter Marke wie Microsoft mehr als einem neuen unbekannten Anbieter vertrauen? Sicher! Nur heute dominiert Android diesen Markt.
Würden Sie bei Diskontfluglinien einer bekannten Fluglinie wie Lufthansa, British Airways oder Air France/KLM mehr vertrauen als einem neuen unbekannten Anbieter? Sicher! Nur heute dominiert Ryanair diesen Markt.
Würden Sie bei Funktionsunterwäsche einer bekannten Sportmarke wie Nike, Adidas oder Puma mehr vertrauen als einem unbekannten Anbieter? Sicher! Nur heute dominiert Under Armour diesen Markt.
Würden Sie bei ActionCams einer bekannten Kameramarke wie Nikon oder Canon mehr vertrauen als einem unbekannten Anbieter? Sicher! Nur heute dominiert GoPro diesen Markt.
Würden Sie bei Online-Buchhandlungen einer bekannten Marke wie Thalia oder Hugendubel mehr vertrauen als einem unbekannten Anbieter? Sicher! Nur heute dominiert Amazon diesen Markt.
Würden Sie generell im Onlinehandel einer bekannten Versandhandelsmarke wie Otto oder Quelle mehr vertrauen als einem unbekannten Anbieter? Sicher! Nur heute dominieren Amazon und Alibaba diesen Markt.
Würden Sie bei Online-Suchdiensten einem bekannten Anbieter wie den Gelben Seiten oder Wer-liefert-was mehr vertrauen als einem unbekannten Anbieter? Sicher! Nur heute dominiert Google diesen Markt.
Würden Sie bei Fernbussen einem bekannten Anbieter wie der Deutschen Bahn oder dem ADAC mehr vertrauen als einem unbekannten Anbieter? Sicher! Nur heute dominiert Flixbus diesen Markt.
Würden Sie bei Elektroautos einem bekannten Automobilanbieter wie Mercedes-Benz, BMW oder VW mehr vertrauen als einem branchenfremden oder unbekannten Anbieter? Sicher!
Aktuelle Studie von McKinsey
So kommt auch eine aktuelle Studie von McKinsey (Pressemitteilung von McKinsey vom 4. Januar 2017) zu folgendem Ergebnis: „Die große Mehrheit der Kunden vertraut beim möglichen Kauf eines Elektroautos den etablierten Autoherstellern mehr als neuen Anbietern. 75 Prozent der deutschen Autokäufer halten traditionelle Autobauer für am vertrauenswürdigsten, nur knapp jeder Vierte nennt neue, auf E-Mobilität spezialisierte Hersteller. Lediglich zwei Prozent würden beim Kauf eines E-Autos IT-Konzernen vertrauen.“
Für die traditionellen Anbieter mag dieses Ergebnis Balsam für die Seele sein, denn es gibt den Entscheidern Sicherheit, dass neue potenzielle Konkurrenten wie Tesla und Co. letztendlich doch klar im Nachteil sind. Aber es könnte eine mehr als trügerische Sicherheit sein. Dazu sollten wir einen Blick ins Jahr 2007 werfen! Stellen Sie sich vor, diese Art der Fragestellung hätte man damals im Markt der Mobiltelefonie angewandt: „Würden Sie bei Smartphones einem bekannten Mobiltelefonanbieter wie Nokia oder BlackBerry mehr vertrauen als einem branchenfremden oder unbekannten Anbieter?“ Sicher! Oder doch nicht? Genau dies mag ein Grund gewesen sein, dass sowohl Nokia als auch BlackBerry Steve Jobs, Apple und das iPhone unterschätzten.
Denn genau diese Art der Marktforschung bzw. Fragestellung führt in der Regel dazu, dass die Markenverantwortlichen von bekannten Marken deren Potenzial in der Regel über- und das Potenzial von neuen Anbietern unterschätzen. So meinte auch einst der CEO von Barnes & Noble über die Aktivitäten von Amazon: „You’re doing a fantastic job, but we’re going to kill you when we launch.” Der Rest ist Geschichte.
Hat dies auf Peter Metzinger rebloggt und kommentierte:
Michael Brandtner legt mal wieder den Finger auf einen wunden Punkt konventionellen Marketings. Und er hat mal wieder Recht. Wer nur nach dem fragt, was er hören will, darf sich nachher nicht wundern, wenn die Sache schief geht. Deshalb geben wir der Zielgruppe wesentlich mehr Mitsprache als durch klassische Marktforschung.
Wer das Thema mit Michael Brandtner diskutieren möchte, bekommt am 31. März die Gelegenheit dazu, wenn er als Referent beim Campaigning Summit Switzerland 2017 auftritt. (www.Campaigningsummitswitzerland.Com)